Ein Klassenzimmer in der Bildungseinrichtung Buckow bei Eberswalde. Es ist Showtime: 20 junge schwarze Männer amüsieren sich köstlich über das, was ihnen Martin Schubert und Andreas Öhlschläger und ihre vier Kommilitoninnen und Kommilitonen gerade vorspielen. Ein Picknick im Wald, bei dem viele Müll in der Landschaft liegen bleibt, ein verliebtes Pärchen, das Geschenke austauscht und ebenfalls viel Verpackungsmüll hinterlässt, und schließlich feiernde Nachtschwärmer, die ihre Flaschen und Chips tüten nach Gebrauch liegenlassen. Zum Schluss der Szene bleibt: eine großer Berg Müll - und die Aufgabe für die Flüchtlinge, diesen Müll in die verschiedenen Mülleimer zu sortieren.
So kann Integration auch aussehen: Die sechs Studierenden der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde haben mit ganz einfache Mitteln und ohne viel komplizierte Sprache einen Integrationskurs organisiert. In Zusammenarbeit mit dem Träger der Flüchtlingsunterkunft und ihrer Hochschule: Denn der Kurs ist eine Projektarbeit, im Rahmen ihres Masterstudienganges Umweltbildung und Regionale Entwicklung. Ein Projekt, auf das die Studierenden aus ganz praktischen Gründen gekommen sind, erinnert sich Anna Steger:
"Unsere Grundidee war eigentlich, dass wir mit Flüchtlingen Umweltbildung machen wollen und dann haben wir eine Weile überlegt, in wie weit wir Umweltbildung mit denen machen können. Dann sind wir auf diesen Orientierungskurs gestoßen, der für die Einrichtung sehr wichtig ist, weil es eben schon Schwierigkeiten gab."
"Es hat hohen lebenspraktischen Wert"
Diese "Probleme" erklärt Michael Toelke, pädagogischer Leiter der Bildungseinrichtung in Buckow: Rund 40 junge Männer aus Schwarzafrika sind bei ihm untergebracht. Und das klappt im Alltag nicht immer reibungslos:
"Das Fenster auf zu haben und voll zu heizen oder eine halbe Stunde unter der Dusche zu stehen oder die Wäsche nicht in der Waschmaschine zu waschen, sondern im Zimmer unter warmem Wasser. Um solche super einfachen Dinge geht es, aber die können dann zum Problem werden. Ich glaube, wir haben zu stark die Vorstellung, dass die Menschen die zu uns kommen, seien doch irgendwie so ähnlich wie wir. Deswegen sind alle Träger hier sehr stark angehalten, solche Themen anzusprechen. Auch weil es später wichtig ist für die Leute, wenn sie mal eine eigene Wohnung haben. Also es hat hohen lebenspraktischen Wert."
Von solchen Problemen hatten die Studierenden erfahren und konnten einhaken: Sie konzipierten einen ganz besonderen Integrationskurs. Denn: Man kann sich als Flüchtling in Deutschland ganz schnell ganz unbeliebt machen, wenn man bestimmte Umweltschutzaspekte im Alltag ignoriert oder nicht kennt: Energie, Müll, Ernährung - das sind Themen in Deutschland und die sind für viele Flüchtlinge neu. Auch für den 19-jährige Muhammad aus Somalia:
"Der Kurs macht uns Spaß, weil ich habe ganz viel über Umweltschutz in Deutschland gelernt."
Die Tipps kommen an
Vor allem das Thema Klima und Ernährung hat ihm gefallen: Erst durch den Kurs hat er sich Gedanken darüber gemacht, wie unterschiedlich Landwirtschaft in seiner Heimat und in Deutschland funktioniert. Und was das für den Alltag bedeutet. Der Student Andreas Öhlschläger nickt dem jungen Mann zu und lächelt:
"Wir gehen ja so davon aus, haben alles verfügbar. Aber die Flüchtlinge wissen eben nicht, dass eine Avocado bei uns nicht wächst. Das ist einmal so eine grundsätzliche Sache, zu erklären was bei uns wächst und woher es kommt. Und dann haben wir versucht, ihnen auch so eine Brücke zu bauen über den Preis: Wenn ich regional und saisonal einkaufe, dann kann ich Geld sparen und das ist etwas, was die Flüchtlinge sehr wohl interessiert."
Und diese kleinen Tipps kommen auch bei den sich so cool gebenden jungen Männern an. Die Studenten haben sich viel Mühe gegeben, die einzelnen Inhalte ganz einfach, mit vielen Bildern, Rollenspielen und Mitmachaufgaben aufzulockern. Denn das ist genauso wichtig, sagt Martin Schubert. Auch bei einer so ungewöhnlichen Zielgruppe wie Flüchtlingen aus Schwarzafrika:
"Das war von Anfang an auch einen Punkt, dass wir gesagt haben: Es muss lustig sein, es muss witzig sein. Die haben ja einen sehr tristen Alltag und es sind alles auch nur Menschen. Wenn man da mit Humor kommt - das zieht immer."
Nach sechs Stunden Kurs sind alle zufrieden: Die Flüchtlinge, weil es ihnen Spaß gemacht hat und die Studierenden, weil ihre Kursidee so gut funktioniert hat. Und Michael Toelke von der Flüchtlingsunterkunft: Er kann sich gut vorstellen, dass die Arbeit der Studenten seinen Mitarbeitern hilft und auch in anderen Flüchtlingsheimen verwendet werden könnte, um bestimmte Themen zu kommunizieren. Eine Anleitung dazu wollen die Studierenden als Semesterarbeit zu ihrem Integrationskursprojekt veröffentlichen.