"Sie haben eine schreckliche Bürokratie, konnte ich mir nie vorstellen."
Vor knapp einem Jahr hat Achmed in Deutschland um Asyl gebeten. Der 23 Jahre alte Syrer war vor der Terrormiliz IS aus seiner Heimatstadt Rakka geflohen. Dort hatte er acht Semester Bauingenieurwesen studiert, aber noch keinen Abschluss in der Tasche. Den möchte er nun in Berlin an der Technischen Universität gerne nachholen. Rechtlich darf er das, er muss sich vorab jedoch bestimmte Deutschkenntnisse bescheinigen lassen. Die Suche aber nach solch einem Kurs mit entsprechender Prüfung dauerte mehrere Wochen. Schließlich fand Achmed dann einen in Rostock, nicht in Berlin. Die Bewerbungsfrist für das Wintersemester war da leider schon verstrichen.
"Sie haben mir am Anfang gesagt, ok, wir können Deine Bewerbungsfrist verlängern. Nach einem Monat habe ich dann noch mal die TU-Beratung gefragt und die haben gesagt, nein, wir können das nicht machen. Ich werde auf diese Weise das Semester verpassen."
Berliner Hochschulen kooperieren
Um den deutschen Behördendschungel für potenzielle syrische Studierende ein bisschen einfacher zu gestalten, wollen die drei großen Hochschulen in Berlin nun miteinander kooperieren und ab kommenden Semester gemeinsam Sprachkurse anbieten.
"Ich denke, das Ganze ist ein Prozess. Alle haben irgendwie angefangen und dann gemerkt, je besser man zusammenarbeitet, desto besser ist es auch für die Zielgruppe", fasst Jochen Ley, Referatsleiter der HU-Studienberatung, die gemeinsamen Pläne kurz zusammen.
Die drei Hochschulen freuen sich über die Drittmittel, schließlich ist das eigene Budget längst verteilt. Einziger Kritikpunkt: Die Gelder für die Deutschkurse müssen jedes Semester neu vom Bund beantragt werden, so Ley. Die Kurse sind ausschließlich für Studieninteressierte, die einen Fluchthintergrund haben. Sie müssen als solche auch vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge registriert oder anerkannt sein.
"Gehen wir vom Fall aus, es ist ein Studienwunsch, den wir erfüllen können, dann prüfen wir, ist eine direkte Hochschulzugangsberechtigung da oder nicht, wurden schon Sprachkurse besucht, also ist eine gewisse Sprachstufe schon da und schließlich als letztes wird angepeilt mit dem, was bereits da ist."
Spezielle Studienberatung für Flüchtlinge
Das Geld für die vier Sprachkurse, an denen insgesamt 450 Flüchtlinge teilnehmen können, kommt allerdings nicht von den drei Hochschulen, sondern vom Bund. Durch das Förderprogramm "Integration von Flüchtlingen ins Fachstudium", kurz Integra, sollen Geflüchtete an Hochschulen und Studienkollegs die Möglichkeit erhalten, sich besser auf ein Studium vorzubereiten. Die Humboldt Uni Berlin bietet jeden Dienstag den Geflüchteten eine spezielle Studienberatung an. Dort können sie sich auch über die Teilnahme der kostenlosen Sprachkurse informieren. Das größte Hindernis für eine erfolgreiche Immatrikulation seien nach wie vor fehlende Deutschkenntnisse, sagt Jochen Ley. Aber eben nicht nur.
"Es ist gut und wichtig, wenn die Sprachkenntnisse da sind, aber über die Sprachkenntnisse hinaus, differiert das deutsche Hochschulsystem sehr stark von den Hochschulsystemen in den Ländern, wo die Interessierten herkommen. Das heißt, die Einführung in Fachsprache, Literaturrecherche, Fachwissenschaft ist auf jeden Fall erforderlich, damit sie einen guten Start haben und nicht, wenn sie sich beworben haben und einen Studienplatz haben, quasi vor Null stehen. Dann können sie zwar die Sprache haben, haben aber mit dem wissenschaftlichen System in Deutschland noch keine Erfahrung."
Darum wurde der Deutschkurs auch erweitert. Neben Grammatik, Rechtschreibung und sprachlichem Ausdruck sollen die Geflüchteten künftig eine Art Unterricht zur Studienvorbereitung und auch fachsprachlichen Unterricht erhalten. Damit es am Ende auf beiden Seiten keine Enttäuschungen gibt und die Studienabbruchquote so gering wie möglich bleibt.