Mascha Drost: Das Theater mache sich zum Affen. So harsch formulierte Norbert Lammert in einem offenen Brief die Kritik an der diesjährigen Verleihung des Theaterpreises der FAUST, und diese Kritik wiederholte er gestern auch in unserer Sendung. Er selbst hatte das Grußwort gesprochen, war dann allerdings und zum ersten Mal, wie er betont, wütend aus dem Theater gelaufen. Das Fass zum Überlaufen gebracht hatte eine Saalwette, bei der standen acht Darsteller mit Kochmützen und einem Tablett in einer Reihe und der Moderator des Abends wettete, die Herkunft der auf dem Tablett befindlichen Würste am Geschmack erkennen zu können. Schon klar: eine Parodie auf das Fernsehen, aber verpuffen solche Parodien nicht vollständig in einem Rahmen, der sich den Fernsehgewohnheiten unterwerfen musste, mit sekundengenauen An- und Absagen, kurzen Einspielern, Laudatoren und Dankesworten, wie wir es von jeder Verleihung von Oscar über Bambi bis hin zum Echo kennen? Hätte sich das Theater nicht etwas anderes ausdenken können? – Frage an Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters Berlin.
Ulrich Khuon: Zunächst mal muss man ja festhalten, dass Herr Lammert ungefähr ein Drittel des Abends mitbekommen hat, und das muss man natürlich auch immer fragen: Wie souverän urteilt man, wenn man den Abend aus welchen Gründen auch immer nach kürzester Zeit verlässt.
Drost: Anscheinend hat es ihm aber schon nach einem Drittel gereicht.
Khuon: Ja. Deswegen muss man ja auch auf die Kritik nach einem Drittel eingehen. Zunächst mal ist die Frage: Wenn das Theater sich selber feiert oder darauf hinweist, dass es herausragende Leistungen gibt, dann kann man die natürlich nicht anders vorstellen als über einen Trailer. Das Zweite ist, dass es Laudatoren braucht; die haben das teilweise wunderbar gemacht. Das Dritte ist, dass so eine Veranstaltung aus meiner Sicht nicht in eine falsche Form von steifer Feierlichkeit abgleiten sollte, sondern eher eine Form von Leichtigkeit, von Selbstironie oder von ironischer Form, dass man schon weiß, was man leistet, und dass man gleichzeitig aber nicht in so eine komische Form von Feierlichkeit verfällt. Das muss aber darüber hinaus natürlich auch trotzdem eine Ernsthaftigkeit haben, und wenn Sie beispielsweise die Rede des Präsidenten für die Landesbühnen, die Leistung der Landesbühnen nehmen, wenn Sie das Lebenswerk nehmen, die Rede von Herrn Oberender, dann gibt es genügend Anlass auch für nachdenkliche, für ernsthafte Segmente, die in diesem Rahmen sind, der als Ganzes zurecht einen leichten Ton anschlägt, dass diese Elemente also alle vorkommen.
Drost: Es soll ja auch nicht übermäßig ernsthaft sein, ganz im Gegenteil. Es soll aber auch nicht so sein, wie man es von allen Verleihungen eben kennt, sondern hat das Theater nicht die Pflicht, etwas anderes zu wagen, sich auch einfach was anderes auszudenken, nicht zuletzt aufgrund des Publikums? Ich meine, da saß die versammelte Theaterlandschaft Deutschlands.
Khuon: Ich würde ja eher sagen, war es zu lang? Es darf nicht zu breit werden. Zur Leichtigkeit gehört natürlich auch, dass es nicht unendlich lang ist. Das war aus meiner Sicht der einzige Einwand, den ich selber machen würde, dass das, wenn das drei Stunden geht, sich im Grunde auch zieht. Die Form, wie man es präsentiert, wie man das pointiert vermittelt, das macht der Nestroy genauso und das macht der Moliere genauso. Das liegt in der Natur der Sache. Wenn immer sie einen Preis vergeben wollen, müssen sie jemand haben, der den kriegt, der sich bedankt, und jemand, der sagt, warum er ihn kriegt. So einfach ist es.
Drost: Ganz kurz zum Schluss. Hat diese Kritik Konsequenzen oder Wirkung für die nächste Preisverleihung? Ich meine, diese Kritik war ja nicht die einzige und sie kam auch nicht aus heiterem Himmel. In den letzten Jahren konnte man immer wieder Kritisches über diese Veranstaltung lesen.
Khuon: Grundsätzlich ist, glaube ich, wichtig, dass man sich mit allem, was man macht, auch selber kritisch auseinandersetzt. Das tut man ja sowieso. Und ich weiß nicht, ob Sie jetzt die fünf Schritte, die da gemacht wurden, selber verfolgt haben. Man versucht immer, auf Dinge, die man selber verbesserungswürdig findet, zu reagieren, dass man solche Veranstaltungen verfeinert, und ich finde, der Charme des Abends liegt auch darin, dass es einen gewissen Freiraum gibt, dass es persönliche Handschriften sind, die in ihm sichtbar werden. Die Frage ist eher eine grundsätzliche, und die würde ich positiv beantworten, dass das Theater in Deutschland genauso wie in anderen Ländern oder genauso wie andere Sparten einmal im Jahr auch so eine Veranstaltung verträgt und brauchen kann, indem es zeigt, worauf es stolz ist.
Drost: Das Theater hat sich also mit dieser Veranstaltung nicht dem Fernsehen unterworfen?
Khuon: Nein, das war überhaupt keine, weder eine Absicht, noch, denke ich, war es sichtbar - wenn es sich dem Fernsehen unterworfen hätte, dann wäre das Format ja eher sehr kompakt geworden vielleicht oder so -, sondern man versucht, eine Form zu finden, in der man das, was man gut findet, und die Menschen, die man gut findet, präsentiert, in der man die auch laudatiert. Da, denke ich, besteht überhaupt kein innerer Zusammenhang zwischen jetzt Fernsehen und Theater.
Drost: Ulrich Khuon, der Intendant des Deutschen Theaters Berlin und Mitglied der Auswahljury des FAUST Theaterpreises.
Ulrich Khuon: Zunächst mal muss man ja festhalten, dass Herr Lammert ungefähr ein Drittel des Abends mitbekommen hat, und das muss man natürlich auch immer fragen: Wie souverän urteilt man, wenn man den Abend aus welchen Gründen auch immer nach kürzester Zeit verlässt.
Drost: Anscheinend hat es ihm aber schon nach einem Drittel gereicht.
Khuon: Ja. Deswegen muss man ja auch auf die Kritik nach einem Drittel eingehen. Zunächst mal ist die Frage: Wenn das Theater sich selber feiert oder darauf hinweist, dass es herausragende Leistungen gibt, dann kann man die natürlich nicht anders vorstellen als über einen Trailer. Das Zweite ist, dass es Laudatoren braucht; die haben das teilweise wunderbar gemacht. Das Dritte ist, dass so eine Veranstaltung aus meiner Sicht nicht in eine falsche Form von steifer Feierlichkeit abgleiten sollte, sondern eher eine Form von Leichtigkeit, von Selbstironie oder von ironischer Form, dass man schon weiß, was man leistet, und dass man gleichzeitig aber nicht in so eine komische Form von Feierlichkeit verfällt. Das muss aber darüber hinaus natürlich auch trotzdem eine Ernsthaftigkeit haben, und wenn Sie beispielsweise die Rede des Präsidenten für die Landesbühnen, die Leistung der Landesbühnen nehmen, wenn Sie das Lebenswerk nehmen, die Rede von Herrn Oberender, dann gibt es genügend Anlass auch für nachdenkliche, für ernsthafte Segmente, die in diesem Rahmen sind, der als Ganzes zurecht einen leichten Ton anschlägt, dass diese Elemente also alle vorkommen.
Drost: Es soll ja auch nicht übermäßig ernsthaft sein, ganz im Gegenteil. Es soll aber auch nicht so sein, wie man es von allen Verleihungen eben kennt, sondern hat das Theater nicht die Pflicht, etwas anderes zu wagen, sich auch einfach was anderes auszudenken, nicht zuletzt aufgrund des Publikums? Ich meine, da saß die versammelte Theaterlandschaft Deutschlands.
Khuon: Ich würde ja eher sagen, war es zu lang? Es darf nicht zu breit werden. Zur Leichtigkeit gehört natürlich auch, dass es nicht unendlich lang ist. Das war aus meiner Sicht der einzige Einwand, den ich selber machen würde, dass das, wenn das drei Stunden geht, sich im Grunde auch zieht. Die Form, wie man es präsentiert, wie man das pointiert vermittelt, das macht der Nestroy genauso und das macht der Moliere genauso. Das liegt in der Natur der Sache. Wenn immer sie einen Preis vergeben wollen, müssen sie jemand haben, der den kriegt, der sich bedankt, und jemand, der sagt, warum er ihn kriegt. So einfach ist es.
Drost: Ganz kurz zum Schluss. Hat diese Kritik Konsequenzen oder Wirkung für die nächste Preisverleihung? Ich meine, diese Kritik war ja nicht die einzige und sie kam auch nicht aus heiterem Himmel. In den letzten Jahren konnte man immer wieder Kritisches über diese Veranstaltung lesen.
Khuon: Grundsätzlich ist, glaube ich, wichtig, dass man sich mit allem, was man macht, auch selber kritisch auseinandersetzt. Das tut man ja sowieso. Und ich weiß nicht, ob Sie jetzt die fünf Schritte, die da gemacht wurden, selber verfolgt haben. Man versucht immer, auf Dinge, die man selber verbesserungswürdig findet, zu reagieren, dass man solche Veranstaltungen verfeinert, und ich finde, der Charme des Abends liegt auch darin, dass es einen gewissen Freiraum gibt, dass es persönliche Handschriften sind, die in ihm sichtbar werden. Die Frage ist eher eine grundsätzliche, und die würde ich positiv beantworten, dass das Theater in Deutschland genauso wie in anderen Ländern oder genauso wie andere Sparten einmal im Jahr auch so eine Veranstaltung verträgt und brauchen kann, indem es zeigt, worauf es stolz ist.
Drost: Das Theater hat sich also mit dieser Veranstaltung nicht dem Fernsehen unterworfen?
Khuon: Nein, das war überhaupt keine, weder eine Absicht, noch, denke ich, war es sichtbar - wenn es sich dem Fernsehen unterworfen hätte, dann wäre das Format ja eher sehr kompakt geworden vielleicht oder so -, sondern man versucht, eine Form zu finden, in der man das, was man gut findet, und die Menschen, die man gut findet, präsentiert, in der man die auch laudatiert. Da, denke ich, besteht überhaupt kein innerer Zusammenhang zwischen jetzt Fernsehen und Theater.
Drost: Ulrich Khuon, der Intendant des Deutschen Theaters Berlin und Mitglied der Auswahljury des FAUST Theaterpreises.