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Intendant des Festspielhauses Baden-Baden
"Klarheit und Wahrheit an Kommunikation erspart Irritation"

Benedikt Stampa, Intendant des Festspielhauses Baden-Baden, hat bis Ende des Jahres alle Veranstaltungen abgesagt - also vier Wochen länger als die Bundesregierung verfügt. Er wirft der Politik vor, zu spät erkannt zu haben, wie kompliziert das Geflecht der Klassik-Branche ist.

Benedikt Stampa im Gespräch mit Raoul Mörchen |
    Ein Mann im Halbporträt mit Dreitagebart steht in einem Konzertsaal vor leeren, holzfarbenen Publikumsitzreihen.
    Der Intendant des Festspielhaus Baden-Baden: Benedikt Stampa. (picture alliance/dpa - Uli Deck)
    Die Bundesregierung hat aufgrund der steigenden Corona-Infektionszahlen beschlossen, dass Institutionen und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind, ab dem 2. November bis Ende November schließen müssen. Dazu zählen auch Theater- und Konzerteinrichtungen. Das Festspielhaus Baden-Baden hat darüber hinaus bis Ende des Jahres alle Veranstaltungen abgesagt. Begründet wird dies auf der Website des Festspielhauses mit der benötigten Vorlaufzeit zur Wiedervorbereitung auf das Programm und Publikum, die durch eine vierwöchige Schließung erforderlich werde.
    Coronavirus
    Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
    "Kaufmännisch macht das eigentlich keinen Sinn"
    Bereits zum Beginn der Saison habe zur Debatte gestanden, bis Silvester zu schließen und nicht in die neue Saison zu starten, sagte Benedikt Stampa, der Intendant des Festspielhauses Baden-Baden, im Dlf-Interview. "In der Rückschau wäre das sicherlich nicht schlecht gewesen." Andererseits konnte noch, so Stampa, die "fantastische Produktion von John Neumeiers ‚Ghost Light‘" umgesetzt werden. Auch wenn er hinter der Entscheidung steht, in die neue Saison gestartet zu sein, sei es finanziell eine mittlere Katastrophe gewesen. Aus kaufmännischer Sicht habe der Betrieb des Hauses mit dem reduzierten Programmangebot eigentlich keinen Sinn gemacht, sagte der Intendant im Dlf. Zum Glück habe sein Haus finanzielle Hilfe vom Land Baden-Württemberg bekommen, sodass gespielt werden konnte und auch musste.
    Grundsatz-Fehler der Politik
    "Für 2021 sehe ich große Probleme, nicht nur für uns, sondern für die gesamte Kulturszene", so Stampa. "Das ganze System, klassische Musik, Konzertwesen ist tief, tief, tief getroffen." Er wirft der Politik vor, zu spät erkannt zu haben, wie kompliziert das Geflecht der Branche ist. "Das ist ein Grundsatz-Fehler, weil es ist nicht nur Freizeit im Sinne von ,Wir machen auf und machen zu.‘" Das System in dieser Weise zu zerschlagen sei viel schlimmer als eine kurzfristige Schließung.
    Herzstück der deutschen Kultur
    Intendant Stampa betonte, dass kommunale Kulturpolitik und Kulturarbeit das Herzstück der deutschen Kultur seien. Von Berlin würden die Kommunen allerdings nicht erst jetzt in der Krise allein gelassen. "Es ist im Prinzip eine strukturelle Diskussion, die wir führen müssen, inwieweit Kulturpolitik der nächsten Jahrzehnte aufgestellt werden muss", forderte Intentand Stampa im Dlf.
    "Die Kultur darf nicht zum Opfer der Krise werden"
    Kulturstaatsministerin Monika Grütters sorgt sich, dass in der Krise die Künstler und Kreativen verloren gehen könnten. Sie seien das kritische Korrektiv der Gesellschaft, das dringend gebraucht werde.