Lehrerin: "Nach Restaurant gibt's nicht. Ins Restaurant. (Gelächter)"
Schüler: "Gestern-sind-wir-ins-Restaurant-gefahren-und-sind wir ins Restaurant gefahren und haben wir Pizza gegessen."
Lehrerin: "Wir haben", nicht "haben wir. Deutsch ist schwer!"
Mit Wortpyramiden bringt Angelika Frank, Lehrerin an der Frankfurter Elisabethenschule, Kindern deutsch bei. 14 Stunden in der Woche erklärt sie jungen ausländischen Schülern in der sogenannten "Intensivklasse für Seiteneinsteiger", wie man im Deutschen zum Beispiel Präpositionen benutzt. In ihrer Intensivklasse war auch Hadi Abduhl-Ahmed. Noch ein Jahr, dann macht der 18-jährige Syrer sein Abitur. Als er vor zwei Jahren nach Deutschland kam, hätte er sich das nicht zu träumen gewagt:
"Wenn man in der Klasse sitzt und man sieht, dass alle deutsch können, sich gut ausdrücken können und man einfach dasitzt und man weiß nicht, was man sagen soll- obwohl man eigentlich diese Sache in seinem Inneren, seinem Gehirn kann und auf seiner Muttersprache, aber dann ist es problematisch das auf deutsch auszudrücken."
Dass Hadi die Hürde überwunden hat, deutsch zu sprechen, hatte vor allem zwei Gründe, sagt er: die Lehrer, die ihn trotz seiner Schüchternheit immer wieder zum Reden aufgefordert haben:
"Zum Beispiel: Da melden sich ein paar Leute und dann sagen sie: Ja, Hadi, was denkst Du dazu?"
Sprache lernen mit Sport
Und seine Eltern, die ihn zum Fußballverein gebracht haben. Dass fremdsprachige Jugendliche Deutsch oft schneller durch Sport als durch Grammatiktests lernen würden, sagt auch der Realschullehrer der Frankfurter Fürstenbergerschule, Cetin Ak:
"Das erste, was ich den Eltern sage: Melden Sie ihr Kind in irgendeinem Verein ein. Die brauchen wirklich den sprachlichen Input. Und für die Integration ist es einfach auch notwendig, wenn sie die Umgebung, Vereine kennenlernen."
Je besser man sich auskennt, desto mehr könne man mitreden, sagt der Deutsch- und Geschichtslehrer. Zu wissen, wo was ist, wann welcher Bus fährt, wie viel zum Beispiel ein Ticket kostet und wie man es kauft- derart alltägliche Dinge begreife man am schnellsten im Kontakt mit anderen. Und: Besonders im Kontakt mit Deutschsprachigen, sagt Farnas Deppert-Mokhtarinejad. Die 40-jährige Mutter war selbst ein Flüchtlingskind. Mitte der 80er-Jahre ist sie vom Iran über Jugoslawien und Österreich bis ins südhessische Darmstadt geflüchtet:
"Wir waren in einem Flüchtlingsheim untergekommen und da waren nur iranische Familien. Ich kam dort gleich auf die Eleonorenschule, ein Gymnasium und meine Mitschüler haben mir sehr geholfen. Aber es war nicht der Versuch in dem Moment mir die Sprache beizubringen, das war der Kontakt, die Nähe, derer, die sich bemüht haben, auch mir außerhalb schulischer Sachen andere Dinge zu erklären- mich aufzuklären."
Dadurch schöpfte sie Selbstvertrauen, sagt sie. Und obwohl ihre Eltern kein Deutsch gesprochen haben, wurde ihr Eifer anerkannt:
"Als ich dann zu Hause immer aus dem Deutschbuch gelesen habe und ich bewundert wurde, wie schön ich die deutsche Sprache aussprechen würde. Die wussten ja nicht, dass ich Tage davor schon immer geübt habe: das Au, das Eu, das Ei, ü und ö. "
Selbstvertrauen schöpfen
Innerhalb der Familie herrscht schon lange ein Mix aus Deutsch und Persisch:
"Die Eltern sitzen dann am Tisch, die zwei Brüder und ich sitzen auch da und dann wird hier auf der Seite: "Ja, was hast Du heute gemacht" - auf deutsch. Auf der anderen Seite meine Mutter (spricht persisch), also was habt ihr heute gemacht und dann antworte ich ihr auf Deutsch und dann mein Bruder mir."
Seit der großen Flüchtlingswelle Anfang des Jahres hat die Iranerin an ihrer ehemaligen Darmstädter Schule das Hilfsprojekt "Deine Hilfe zählt!" gegründet. Ziel ist es, dass deutschsprachige Schüler ausländischen Schülern bei den Hausaufgaben helfen. Um Wörter zu üben, spielen sie oft Galgenmännchen, sagt der 7.-Klässler Paul Weber. Dabei könne man den fremdsprachigen Schülern auch viele neue Wörter beibringen:
"Die sind total schüchtern, die trauen sich auch nie was zu fragen und die haben auch total viel Respekt vor uns, weil wir halt denen helfen, deswegen. Da macht's einem auch Spaß, es beizubringen und dass man sieht, dass er das kann als hätte man selbst einen Erfolg bekommen."
Mangel an Intensivklassen
In Frankfurt ist die Elisabethenschule allein auf weiter Flur. Die Schule ist das einzige allgemeinbildende Gymnasium, das überhaupt Intensivklassen für Seiteneinsteiger anbietet. Durch den Mangel an Intensivklassen an anderen Gymnasien, würde ein akademischer Bildungsweg vielen ausländischen Jugendlichen jetzt schon erschwert, sagt die Deutschlehrerin Angelika Frank:
"Es ist wesentlich leichter den Weg ins Gymnasium zu schaffen, wenn auch schon die Intensivklasse, die besucht wurde, an einem allgemeinbildenden Gymnasium stattfindet, dort die Schüler Kontakte knüpfen, die Lehrwerke des Gymnasium ausleihen, sich an das Niveau der Fachtexte gewöhnen können. Sodass es wirklich wichtig wäre, dass in gymnasialer Hinsicht es mehr Intensivklassen gäbe."
Einig sind sich viele Lehrer, dass die Weichen für die Integration am meisten an der Schule unter Gleichaltrigen gestellt werden, weniger zu Hause. Auch Seinam Aonasia-Akul will seine Herkunftssprache Akan mit seinen Eltern weitersprechen, gibt sich aber die größte Mühe, Deutsch zu lernen:
"Ich bin 11 Jahr alt, ich komme aus Ghana. Mein Lieblingsessen ist Reis. Meine Lieblingsfarbe ist blau."