Archiv

Interaktiver Roman "Gefährliche Menschen"
Emanzipatorisches Lesen

"Polyplot" heißt eine digitale Plattform für interaktive Bücher, in denen Leser den Ablauf der Geschichte selbst gestalten können. "Ich finde es interessant, Geschichten nicht linear zu denken, sondern eher als Raum, der exploriert werden kann", sagte Autorin Christiane Hütter im Deutschlandfunk.

Frank Rieger und Christiane Hütter im Corsogespräch mit Anja Buchmann | 29.01.2020
Cover des Buches "Gefährliche Menschen"
Das interaktive Buch "Gefährliche Menschen" (Christiane Hütter)
Als 'CypherHopePunk'-Buch wird er bezeichnet, der interaktive Roman 'Gefährliche Menschen' von Frank Rieger - Autor und Sprecher des Chaos Computer Clubs - und Christiane Hütter, Künstlerin und Game-Designerin. Erschienen ist er auf ihrer neuen digitalen Plattform polyplot.
'CypherHopePunk' ist eine Zusammensetzung einerseits aus dem Genre 'Cypher-Punk' - eine dystopische Welt, "in der die digitale Sphäre, die Maschinen, künstlische Intelligenzen sehr wichtig ist", so Frank Rieger. Zum anderen fließe die Science-Fiction-Bewegung 'HopePunk' mit ein, die habe sich eher zum Ziel gesetzt zu sagen: "Wir können auch Dinge haben, die hoffnungsvoll sind". Und 'Gefährliche Menschen' sei ein Amalgam aus beidem, erläuterte Rieger.
Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Clubs, aufgenommen beim 35. Chaos Communication Congress (35c3) in Leipzig 
Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Clubs (dpa / Peter Endig)
Ausbruch aus dem System der Unterdrückung und Überwachung?
In dem Roman gehe es um ein fein gesponnenes System aus Überwachung und Unterdrückung durch Staaten und Firmen. Sie versuchen besonders begabte Menschen, die der Staatsmacht gefährlich werden können, zu finden und auszuschalten. Zu diesen 'gefährlichen Menschen' gehört Taktuq - ein Mensch ohne Daten-Schatten, mit stetig wechselnden Identitäten, der in der Lage sei, sich in dieser Welt "irgendwie durchzuschlagen", so Rieger. Dieser Taktuq bekommt einen Auftrag, mit dem er möglicherweise die Menschen befreien könne und es werde sich entscheiden, "ob dieser ganze Komplex, der aus Staaten, aus Megacorps besteht, weiter bestehen kann oder ob er verändert wird", ergänzte Christiane Hütter.
Möglichkeiten und Zukunfstvisionen zum interaktiven Buch
Das interaktive Buch biete zum einen die Möglichkeit für die Leserinnen und Leser, Teile der Geschichte zu verändern, "in einen anderen Plot gehen" – indem am Ende eines Abschnitts alternative Wahlmöglichkeiten aufgezeigt werden. Zum anderen können die Änderungen auch "viel modularer sein", so Hütter, so dass auch schlichtweg Stimmungen in der folgenden Szene durch eine Wegentscheidung der Leserin verändert würden. In Zukunft würden sie auch in Richtung serielle Formate gehen, bei denen Inhalte sehr dynamisch nachgeladen werden könnten, meinte die Entwicklerin: "Man könnte Inhalte machen, wo täglich oder mehrmals täglich eine Aktualisierung kommt". Grundsätzlich bestünde auch die Möglichkeit, Leserinnen und Leser noch mehr gestaltend mit einzubeziehen.
Selfie: Christiane Hütter im Profil und gespiegelt von hinten
Christiane Hütter, Entwicklerin des interaktiven CypherHopePunk-Buchs "Gefährliche Menschen" (Christiane Hütter)
In der Form des interaktiven Buches stecke durchaus auch ein emazipatorischer Ansatz, erzählte Hütter: "Ich finde es auch interessant, Geschichten nicht linear zu denken, sondern eher auch als Raum, der exploriert werden kann". Das habe auch damit zu tun "Welt zu begreifen und Unterschiede von Entscheidungen zu begreifen", so Hütter im Corsogespräch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.