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Interessenkonflikte
John Coates mit schwieriger Rolle bei Olympiavergabe 2032

Brisbane wird aller Voraussicht nach die Olympischen Spiele 2032 austragen, die Rhein-Ruhr-Region geht leer aus. Daran hat IOC-Vizepräsident John Coates maßgeblichen Anteil, sagt der Journalist Andreas Stummer. Coates habe jahrzehntelang auf diese Vergabe hingearbeitet - auch mit fragwürdigen Mitteln.

Andreas Stummer im Gespräch mit Astrid Rawohl |
IOC-Vizepräsident John Coates
IOC-Vizepräsident John Coates (www.imago-images.de)
"Sein Anteil wäre so groß, dass man bei einer Vergabe nach Brisbane von den John-Coates-Spielen sprechen könnte", sagte Stummer im Deutschlandfunk. Schon Anfang der 90er-Jahre habe Coates versucht, Olympia nach Brisbane zu holen, aber Barcelona erhielt 1992 den Vorzug. Coates sei bestens vernetzt, sitze im australischen und im Internationalen Olympischen Komitee (IOC). "Er weiß, was vor den Kameras gesagt und was im Hinterzimmer beschlossen wird", sagte Stummer.
"Und er hat sich wirklich geschickt alle Änderungen bei der Vergabe von Spielen zugunsten Australiens zunutze gemacht, weil er selbst daran federführend mitgearbeitet hat", sagte Stummer. Das sei legitim. "Aber Kritiker sagen, man hätte auch genauso gut den Fuchs damit beauftragen können, den Hühnerstall zu überwachen."

"Putin könnte neidisch werden"

Coates war Leiter der Arbeitsgruppe, die ein neues Vergabeverfahren für Olympische Spiele entwickelte. Eine Kommission für künftige Austragungsorte gibt nun seit 2019 Empfehlungen an das IOC-Exekutivkomitee, mit welchem Bewerber Verhandlungen vertieft werden sollten.* Und Brisbane ist jetzt nach einer solchen Empfehlung klarer Favorit. "Dann wird dieser eine Bewerber den IOC-Mitgliedern zur Wahl gestellt und die Mitbewerber sind außen vor. Coates hat diese Richtlinien mit ausgearbeitet und jetzt zum Vorteil Brisbanes umgesetzt", sagte Stummer.
Weitere Posten von Coates: Er sitzt im Beratungsgremium für Tokio 2021. Der 70-jährige Sportfunktionär stehe IOC-Präsident Thomas Bach sehr nah, sagte Stummer. Coates ist zudem auch noch Chef des Internationalen Sportgerichtshofs CAS. "Wladimir Putin könnte neidisch werden", sagte Stummer. "Das heißt, Coates ist Teil des Reformprozesses innerhalb des IOC, hat aber im Fall von Brisbane wohl nicht die nötige Neutralität und den einen oder anderen Interessenkonflikt. Auch wenn der Vergleich ein wenig hinkt, in Börsendeutsch hieße das wohl 'Insider-Trading'."

Coates wirkte auf Bach ein

"Coates ist schon die treibende Kraft im Hintergrund gewesen, als Queensland die Commonwealth Games im Jahr 2008 bekommen und dann auch sehr erfolgreich ausgerichtet hat", sagte Stummer. "Das war wie eine Aufwärm-Veranstaltung für eine spätere Olympia-Bewerbung von Brisbane in der gleichen Gegend."
Außerdem habe Coates zudem die Staatsregierung von Queensland und IOC-Präsident Thomas Bach an Australiens "lupenreine Olympia-Vergangenheit" erinnert. "Melbourne 1956, Sydney 2000 - das waren Olympische Spiele, die für erstklassige Anlagen standen, die nach den Spielen weiter genutzt und nicht zu Olympia-Ruinen werden." Die Spiele in Australien seien von sportbegeisterten Gastgebern und zufriedenen Athleten geprägt gewesen.
"Und dann ist er zu den Politikern gegangen und hat gesagt: 'Wir bekommen so viel PR, wir bekommen Aufschwung im Tourismus.' Dann hat er den Rückhalt durch die Politik bekommen", berichtete Stummer. "Dazu noch gutes Wetter, sichere Spiele - das gefällt dem IOC." Coates habe Bach die Region bei einem Besuch vorgestellt. Die australische Bevölkerung stehe zudem jetzt schon hinter dem Vorhaben. "Australien ist das wohl sportverrückteste Land der Welt", sagte Stummer.
*In einer früheren Version dieses Artikels stand, dass John Coates in der IOC-Komission für künftige Olympia-Gastgeber sitze. Das ist nicht richtig, als IOC-Vizepräsident darf er das gemäß der Statuten nicht. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.