Flughafen Düsseldorf. Eine Linienmaschine hebt ab. Falk Janotta schaut nicht einmal hinterher. Er hat sich längst an dieses Geräusch gewöhnt. Es gehört zu seinem Arbeitsalltag, denn der 61jährige IT-Spezialist arbeitet bei DUS-Cargo. Das ist eine Firma, die Luftfracht am Flughafen Düsseldorf umschlägt.
"Also, es ist absolut richtig, dass mir das vorher nicht bewusst war, dass, wenn ich in den Urlaub nach Mallorca fliege, unter mir nicht nur Koffer transportiert werden, das habe ich hier gelernt. Und, natürlich muss man am Anfang, um die Geschäftsprozesse des Unternehmens zu verstehen, da reingehen, und das tue ich auch."
Rundgang mit Geschäftsführer Gerton Hulsman. Der groß gewachsene, gebürtige Holländer zeigt Falk Janotta, was dessen Arbeitswelt in den kommenden Monaten sein wird:
"Das nennt sich ein Crashnet. So wird es gebaut, und so kann es dann im Flugzeug verladen werden und wird kann ein integrierter Teil des Flugzeuges."
Die 12.000 Quadratmeter große Halle – so groß wie zwei Fußballfelder - ist der zentrale Ort der Frachtfirma. In Regalen, Holzkisten oder auf Paletten findet man hier alles, was per Luftfracht durch die Welt geschickt wird: Blumen und Obst, Elektronik, Autoteile und vor allem Medikamente. Hinter einem Vorhang stehen sogar zwei Särge mit Toten, die zur Bestattung in die Türkei geflogen werden. Der Interim-Manager staunt nicht schlecht.
Zeitarbeiter de luxe
"Wenn man dann so kompetente Führung bekommt und Einblick nimmt in die täglichen Abläufe, dann ist das der eine Baustein. Der andere Baustein, der für mich sehr wichtig ist, sind Gespräche. Ich spreche mit ganz vielen Menschen aus allen Bereichen, um mir ein Bild zu machen. Natürlich lerne ich auch, was entscheidend ist für das Unternehmen, womit es sein Geld verdient. Und die IT soll ja das Unternehmen dabei unterstützen, die Geschäftsprozesse zu optimieren. Und da muss man natürlich wissen, worauf es ankommt."
Und das müssen Interim-Manager sehr schnell lernen. Von ihnen wird ein regelrechter Blitzstart erwartet. Denn mit Tagessätzen von 1.000 Euro aufwärts sind sie aus Sicht ihrer Kunden "Zeitarbeiter de luxe".
Sicherheit und Schnelligkeit
Falk Janotta erfährt beim Rundgang von seinem Chef, dass es im Luftfrachtgeschäft auf zwei Dinge ankommt: auf Sicherheit und auf Schnelligkeit. Denn Luftfracht ist empfindlich, die Ware oft verderblich und vor allem sehr wertvoll. Was nur wenige wissen: Es werden nur etwa ein bis zwei Prozent aller Waren weltweit per Flugzeug verschickt. Doch umgerechnet in Geld macht diese vergleichsweise kleine Menge fast 40 Prozent des Wertes dieser Produkte aus.
DUS Cargo hat keine eigenen Flugzeuge oder Lkw, sondern macht ausschließlich den Warenumschlag, das sogenannte Handling. Aber dabei dürfen keine Fehler passieren, sonst wird es teuer für die Firma. Die alte Software war den immer schnelleren Abläufen nicht mehr gewachsen. Es wurde ein neues Programm gekauft. Doch die Einführung klappt nicht so, wie sich das Gerton Hulsman vorgestellt hat. Deshalb hat er Falk Janotta als Projekt-Manager angeheuert.
"Wir haben mit diesem neuen System, wie man das so schön auf Englisch nennt vor ‚state of the art‘ zu sein, mit einem komplett neuen System, neuen Features usw. usf."
"Das ist ja einer der Gründe, warum ich um Unterstützung gebeten worden bin, dass in der Vergangenheit auch ein paar Sachen in der Zusammenarbeit nicht optimal funktioniert haben, dass bestimmte Anforderungen nicht aufgenommen wurden oder nicht vollständig aufgenommen wurde. Das müssen wir jetzt nachholen. Denn Ziel ist es, die Software so schnell wie möglich fertig zu machen, damit wir die in Betrieb nehmen können und die alte Software abschalten können."
10.000 selbständige Feuerwehrleute
Interim-Manager wie der Informatiker Falk Janotta haben gerade Hochkonjunktur. Sie werden überall gebraucht in der deutschen Wirtschaft. Besonders im Mittelstand, der seine gesamten Prozesse digitalisieren muss, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Das Personal wird so dringend gebraucht, dass keine Zeit da ist, um in einem langwierigen Verfahren per Stellenausschreibung eine Führungskraft für eine Dauerbeschäftigung zu suchen. Das muss auch nicht sein, denn schließlich gibt es bundesweit rund 10.000 selbstständige Manager, die als "Feuerwehr" einspringen können, weiß Marei Strack. Sie ist die Vorsitzende des Dachverbands Deutscher Interim-Manager, kurz: DDIM.
"Insbesondere mittelständische Firmen tun sich immer schwerer, die notwendigen Fach- und Führungskräfte kurzfristig zu generieren. Nehmen wir so ein Beispiel: Automobil-Industrie, kennt jeder. Früher hat man sieben Jahre gebraucht oder sich Zeit gelassen, um ein Auto zu entwickeln. Die Zeiten sind lange vorbei. Heute muss man sehr viel schneller sein. Und wenn ich das Personal nicht habe, kann ich es als mittelständisches Unternehmen auch am Markt nicht schnell bekommen. Und da kommen Interim-Manager ins Spiel. Die kommen eben von heute auf morgen und haben keine lange Vorlaufzeit."
Schnell erkennen, wie der Hase läuft
Das hat auch damit zu tun, dass Interim-Manager etwas ganz Besonderes mitbringen: reichlich Berufs- und Lebenserfahrung. Blutjunge Hochschulabsolventen findet man unter ihnen sehr selten. Vera Sandrock aus Bonn arbeitete 20 Jahre in verschiedenen Unternehmen im In- und Ausland als Führungskraft im Marketing. Vor zehn Jahren machte sie sich selbstständig.
"Ich hatte auch schon zu Zeiten meiner Festanstellung relativ häufig gewechselt, so alle zwei, drei Jahre. Und insofern war ich auch schon in unterschiedlichen Branchen unterwegs und hab‘ so ein Gespür dafür gekriegt, möglichst schnell zu erkennen, was ist das hier für eine Unternehmenskultur? Wie läuft hier der Hase? Worauf kommt es an? Und hatte da schon eine gewisse Übung, mich schnell in neue Unternehmen, Branchen und Positionen einzuarbeiten."
Flexibilität und Neugier sind zwei Eigenschaften, die Interim-Manager auszeichnet. Eine weitere ist ihr Spaß am Führen. Sie stehen nicht gerne in der zweiten oder dritten Reihe. Sie sehen sich mit den Chefs der Firmen, für die sie arbeiten, auf Augenhöhe. Ulvi Aydin ist Interim-Manager in München und seit 20 Jahren in dieser Tätigkeit.
"Du kommst in eine Organisation hinein mit 100 oder 1.000 Leuten. Und dann musst Du sagen, ich tue das, was ich tue, auch für Euch, weil ich möchte, dass es Euch gut geht. D.h., man arbeitet ja nicht nur für die Bank oder Venture Capital oder die Sanierungsabteilung. Sondern man arbeitet auch für die Menschen, für die Kunden."
Falk Janotta hat es eilig. Der Interim-Manager bei DUS Cargo ist mit Stephanie Jelinek verabredet. Sie ist die kaufmännische Geschäftsführerin der Firma und damit quasi seine "Vorgesetzte". Der Interim-Manager braucht jetzt ihre Hilfe. Es hakt bei der Umsetzung des Projekts in der Firma.
Modernes Management, kein Versagen
"Wir haben jetzt unsere Workshop-Reihe konzipiert mit 38 Themen-Workshops und ich habe jetzt Probleme, die richtigen Leute da reinzukriegen, die sind alle verplant."
"Was heißt: die sind alle verplant? Sagen die das selbst, die Mitarbeiter?"
Dass sie auf eine externe Kraft zurückgreifen musste, ist für Stephanie Jelinek kein Ausdruck von Versagen. Im Gegenteil! Sie sagt: Modernes Management zeichne sich dadurch aus, dass es erkenne, wenn eine Situation nicht mehr mit eigenen Kräften und Mitteln zu meistern sei.
"Wir haben gemerkt, dass sich das Projekt viel länger hingezogen hat als gewünscht. Da fehlt es eindeutig an Projektmanagement-Knowhow. Und Zielsetzung war es, unsere IT’ler, unser Projektteam, zu unterstützen. D.h. der Herr Janotta fungiert eindeutig auch als Coach, als Unterstützer und Helfer."
Fingerspitzengefühl in schwierigen Zeiten
Falk Janotta ist bei DUS Cargo seit Juli als Projektleiter in der IT-Abteilung eingestellt. De facto hat er hier für eine begrenzte Zeit das Ruder übernommen. Eine schwierige Situation für die Mitarbeiter der Abteilung. Der Interim-Manager darf nicht großspurig auftreten, sondern braucht Fingerspitzengefühl. Er führe dann viele Gespräche, erklärt Falk Janotta, und versuche klar zu machen, dass er niemandem den Job wegnehmen wolle. Stephanie Jelinek findet, das sei ihm auch gelungen.
"Das hat sehr gut funktioniert. Herr Janotta hat auch eine sehr diplomatische Art und Weise und ist sehr umgänglich. Und insofern haben wir das Gefühl, es hätte nicht besser laufen können."
"Das hat sehr gut funktioniert. Herr Janotta hat auch eine sehr diplomatische Art und Weise und ist sehr umgänglich. Und insofern haben wir das Gefühl, es hätte nicht besser laufen können."
Doch wie findet man unter den vielen Tausend Interim-Managern den richtigen für die jeweilige Aufgabe? Dafür gibt es Vermittler, sogenannte Provider, die - wie eine Künstler-Agentur - eine Kartei von Kandidatinnen und Kandidaten haben. Zwei Telefonate und zwei Gespräche reichten, erzählt Stephanie Jelinek, schon hatte sie sich für Falk Janotta entschieden.
Dann ist alles nur noch eine Frage der Verfügbarkeit. Vera Sandrock, die Marketing-Expertin aus Bonn, war zuletzt bei einer internationalen IT-Firma im Einsatz. Dort wurde eine Leiterin der Abteilung für internationale Kommunikation gesucht.
"In diesem Fall war der Anlass ganz offensichtlich, weil die eigentliche Stellen-Inhaberin dieser Führungsposition im Mutterschaftsurlaub gegangen ist. Und insofern ist da eine Lücke aufgerissen. Und ich wiederum war mit dem Provider in Kontakt. Und der fragte: Sind Sie verfügbar? Würden Sie nach Süddeutschland gehen dafür? Yes, yes, yes, war die Antwort! Und dann waren wir ganz schnell im Gespräch, und die Entscheidung war auch innerhalb von ein paar Tagen gefällt. Also, der erste Kontakt war kurz vor Weihnachten. Und ich glaube am 6. oder 7. Januar habe ich da schon angefangen."
Wer so flexibel ist, wer als – wenn auch gut bezahlter – "Retter in der Not" alles stehen und liegen lässt, dem wird in den Unternehmen geradezu der "rote Teppich" ausgerollt. Das war aber nicht immer so.
Die Idee des Interim-Managements stammt aus dem angelsächsischen Raum. Auch in den Niederlanden ist es seit Jahrzehnten bekannt. In Deutschland tauchten die ersten Interim-Manager Anfang der 90er-Jahre auf – nach dem Mauerfall. Doch in der ehemaligen DDR waren sie – anders als heute – nicht sehr gern gesehen, sagt DDIM-Vorsitzende Marei Strack.
"Nach der Wende hat Interim-Management in Deutschland Fahrt aufgenommen. Damals war es vor allem das Überführen von Betrieben der ehemaligen DDR in den privatwirtschaftlichen Sektor. Danach waren es überwiegend Sanierungsthemen; Unternehmen, die in Schwierigkeiten waren."
Der Ruf, knallharte Sanierer zu sein, "eiserne Besen", die bei einem Unternehmen mal so richtig "aufräumen", ging Interim-Managern lange Zeit voraus. Vera Sandrock empfindet sich nicht so. Allerdings geht es im Marketing – ihrem Fachgebiet – selten um Stellenabbau, sondern um Anregungen und gute Ideen, die man sich von ihr erhofft. Anders sehe es für Interim-Manager im Personalbereich aus. Die hätten auch schon mal unangenehme Jobs.
Ein schmerzhafter Spaß
"Was aber auch verständlich ist, weil, wenn die Personalkollegen schlechte Botschaften an die Mitarbeiter verkünden müssen", sagt Ulvi Aydin. "Da besteht eine Beziehung, die über Jahre gewachsen ist, dann ist das natürlich verdammt schwierig. Und das ist dann einfacher – sowohl für die Mitarbeiter, als auch für Interim-Manager, die von außen kommen, solche Entscheidungen zu kommunizieren und durchzusetzen."
Ulvi Aydin ist schon in solchen Situationen gewesen, als verantwortlicher Geschäftsführer "auf Zeit". Es scheint ihn aber nicht zu belasten. Er hat sogar den Eindruck, stets mit einem guten Gefühl von seinen Einsatzorten und -firmen verabschiedet worden zu sein.
"Es macht ungemein viel Spaß zu sehen – wenn man so einen schmerzhaften Prozess hat und aus 1.000 Leuten vielleicht 700 macht. Das macht ja auch nicht viel Freude, aber die 700 sagen dann: Wow, wir sind auf einem so guten Weg. Das ist klasse! Was wir getan haben, war schmerzhaft, hat weh getan. Haben wir nicht gedacht, dass wir da durchmüssen; aber es macht Spaß."
Zurück zur Düsseldorfer Flugfrachtfirma DUS Cargo. Das Software-Problem ist noch immer nicht gelöst. Falk Janotta erzählt seinem Chef Gerton Hulsman von einem kleinen Experiment, dass sein Team vor ein paar Tagen gemacht hat. Zwei Flugzeuge wurden von den Disponenten, einmal, mit der bisherigen Software und parallel – testweise – auch mit dem neuen Programm abgefertigt.
"Siehst Du, da sind die Messages einfach nicht komplett. Wir haben nicht alle Angaben von dem Flug, von der Sendung. Und das führt dazu, dass wir diesen Flieger zolltechnisch nicht abwickeln können. Und das ist einfach ein No-go. Wir können damit nicht live gehen und müssen da Nachbesserungen einfordern."
"Wie viel können wir eigentlich: ist das 70:30 oder 50:50? Wie ist es?"
"Das lässt sich in Prozenten schlecht ausdrücken in der Software."
"Und – wie wir das besprochen haben – der Softwarehersteller ist auf dem Laufenden, dass das eine ganz wahnsinnig wichtige Sache ist, weil ohne Zoll läuft nix."
"Und – wie wir das besprochen haben – der Softwarehersteller ist auf dem Laufenden, dass das eine ganz wahnsinnig wichtige Sache ist, weil ohne Zoll läuft nix."
Kein Mangel an Selbstbewusstsein
Die beiden sind sich einig: Falk Janotta muss noch einmal eindringlich mit dem Entwickler der Software reden. Da ist dann ein bestimmendes Auftreten wichtig. Aber an Selbstbewusstsein mangelt es den wenigsten Interim-Managern. Die meisten von ihnen sind Alpha-Tiere, die gerne in die Chef-Rolle schlüpfen und das Heft in die Hand nehmen.
Genauso wichtig ist es, sich selbst gut zu vermarkten, um möglichst wenig Leerlauf zu haben. Denn die Zeit ohne Mandat ist nicht nur finanziell eine Durststrecke; sie nagt auch am Selbstbewusstsein, geben die Interim-Manager zu. Ulvi Aydin macht auf seiner Internet-Seite ziemlich vollmundig Werbung für sich.
"Wenn Sie Herausragendes erreichen wollen, müssen Sie Herausragendes tun. Rufen Sie Ulvi Aydin. Man nennt ihn: den People mover. Legendärer Erfolg als Interim-Manager in den unterschiedlichsten Branchen. In Sekundenschnelle deckt Ulvi Aydin Schwachstellen von Unternehmen auf und kennt Lösungen..."
"Man muss einfach Lust haben, zu gewinnen. Man muss Lust haben, zu performen. Man darf keine Angst haben, irgendetwas würde nicht funktionieren.
Forderung nach mehr Rechtssicherheit
Die Interim-Manager – auch dann, wenn sie über einen Provider vermittelt werden – sind selbstständige Unternehmer. Zumindest empfinden sie sich so. Sie müssen sich selbst versichern und um ihre Altersvorsorge kümmern. Trotzdem schwebt über der Branche ständig das "Damokles-Schwert" der Schein-Selbstständigkeit.
Der Verband der Interim-Manager sieht darin ein ungelöstes Problem. Erst kürzlich hat sich die Vorsitzende, Marei Strack, mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier über dieses Thema unterhalten. Nicht zum ersten Mal, wie sie sagt.
"Wir erwarten hier von der Politik, dass sich die Rechtssicherheit verändert und wir das vorhandene Statusfeststellungsverfahren deutlich verändern, um klar zu machen: Wir sind bewusst Selbstständige! Wir sind nicht schutzbedürftig. Wir sind freiwillig selbstständig und unterscheiden uns von zurecht ins Auge gefassten Gruppen wie dem polnischen Fleischzerleger im Schlachthof und dem Hermes-Boten und anderen Berufsgruppen, die in die Selbstständigkeit gedrängt werden."
Es sei offenkundig, dass die ungeklärte rechtliche Lage gerade Groß-Unternehmen verunsichere und sie deshalb lieber auf Interim-Manager verzichteten, sagt Marei Strack. Zu groß sei bei den Konzernen die Angst, später von der Rentenversicherung verklagt zu werden - wegen nicht gezahlter Sozialabgaben.
Sie arbeiten viel und lange
Falk Janotta inspiziert den kleinen Tagungsraum, in dem er morgen einen der Workshops für die Mitarbeiter von DUS Cargo durchführen wird. Flipchart, Papier, Stift alles da. Interim-Manager wie er haben viele Freiheiten. Aber sie zahlen auch einen hohen Preis dafür: sie arbeiten viel und lange. Und ihr Privatleben muss häufig hinten anstehen. Falk Janotta lebt eigentlich in der Nähe von Würzburg. Bei Einsätzen wie diesem in Düsseldorf wird aus der Familie eine Wochenend-Beziehung.
"Ich habe keine Kinder. Das macht wahrscheinlich vieles einfacher. Ich kenne eine Menge Kollegen, die haben da ein viel größeres Problem mit; die dann ihre Kinder und ihre Familie vernachlässigen müssen, aber das auf der anderen Seite auch nicht wollen. Es gibt Kollegen, die vereinbaren mit dem Auftraggeber nur montags bis donnerstags zu arbeiten, um dann ein längeres Wochenende zu haben."
Vera Sandrock lebt als Single. Sie treibt viel Sport. Körperliche Fitness sei wichtig und eine schlanke, sportliche Erscheinung. Eine Interim-Managerin müsse durch ihr Auftreten dem Auftraggeber ihre Leistungsfähigkeit signalisieren. Die häufigen Reisen bzw. wechselnden Standorte stören die 62jährige nicht.
"Insofern finde ich das sogar gut, wenn ich dann mal für sechs Monate oder ein Jahr in einer anderen Stadt unterwegs bin. Und ich fahr dann auch nicht jedes Wochenende an meinen privaten Wohnsitz zurück, sondern guck mir die Gegend vor Ort an. Ich finde das abwechslungsreich."
"Man muss hart im Nehmen sein!"
Ulvi Aydin hat gerade zwei Mandate gleichzeitig. Das lässt sich gut einrichten, weil beide Jobs in seiner Heimatstadt München sind. Er ist Vater von drei erwachsenen Kindern. Irgendwie hat der Mann mit den türkischen Wurzeln, der schon an unterschiedlichen Orten gelebt, studiert und gearbeitet hat, immer alles unter einen Hut bekommen. Dass der Job nichts für Weicheier sei, - wie er sagt - glaubt man ihm.
"A work-life-balance: das sind so Sachen, Begriffe, mit denen ich wenig anfangen kann, weil: Du bist natürlich allein. Du sitzt dann abends in einem Restaurant und isst einen Salat ganz allein. Man muss schon ein bisschen hart im Nehmen sein."
Wie lange kann ein Mensch das mitmachen, fragt sich der Außenstehende. Keiner der Interim-Manager macht den Eindruck, als wolle er mit 65 oder 67 Jahren in den Ruhestand gehen. Auch finanzielle Sorgen müssen sie sich nicht machen, selbst dann nicht, wenn sie mal ein paar Wochen ohne Auftrag sind.
Falk Janotta sollte ursprünglich nur sechs Monate bei DUS Cargo bleiben. Es hat sich herausgestellt, dass die Zeit nicht reicht. Erst wenn die neue Software störungsfrei läuft, kann er gehen. Vielleicht bleibt er bis ins Frühjahr oder gar bis zum Sommer. Was danach kommt, weiß er noch nicht. Aber das beunruhigt ihn nicht. Mit seiner modischen, roten Brille, mit seinem drahtigen Auftreten wirkt er überhaupt nicht wie 62. Und er denkt auch gar nicht ans Aufhören:
"Ich hab‘ mir kein Alter gesetzt. Mir macht die Arbeit viel zu viel Spaß. Ich fühl mich gut, ich fühl mich fit. Und wenn ich meine Erfahrungen irgendwo hilfreich einbringen kann, ist das für mich auch sehr schön."