Archiv

Internat Schloss Salem
Alle unter einem Dach

Im Elite-Internat Schloss Salem wird gestritten: Der Trägerverein will aus finanziellen Gründen externe Standorte der Schule aufgeben, darunter auch die geschichtsträchtige Burg Hohenfels. Bei den "Alt-Salemern" regt sich sich Protest. Sie sehen darin einen Verstoß gegen die pädagogischen Grundprinzipien der Schule.

Von Thomas Wagner | 15.01.2016
    Die Schule Schloss Salem ist am 08.05.2014 (Baden-Württemberg) hinter einem Rapsfeld zu sehen.
    Internat Schloss Salem (picture alliance / dpa / Felix Kästle)
    "Also der Hohenfels ist eine alte Burg, liegt wunderschön in der Nähe von Stockach, auf einem Hügel mitten in der Natur. Es ist eine richtig alte Raubritterburg, kann man sagen."
    Eine "Raubritterburg", in der seit mehr als acht Jahrzehnten die Klassenstufen fünf und sieben, also die Unterstufe der Schule Schloss Salem untergebracht ist. Das Elite-Internat ohne Hohenfels – undenkbar, sagt Michael Steinau aus Oppenheim, selbst einst Salem-Schüler:
    "Eltern schauen das Internat an, für ein Kind so im Alter von zehn, elf Jahren. Da sagen die Kinder von alleine: Da will ich hin. So einen geschützten Raum wie dieser Hohenfels. Dieser herrliche Raum mit der ganzen Natur, wo die Kinder kindgerecht aufwachsen können, gibt's in Deutschland einfach nicht noch einmal."
    Unter- und Oberstufe sollen zurück ins Schloss
    Deshalb hat Michael Steinau die Initiative "Pro Hohenfels" ins Leben gerufen – und das kommt nicht von ungefähr. Denn die Weichenstellung des Trägervereins der Schule Schloss Salem ist "contra Hohenfels."
    "Also ich denke, dass Eltern, die bis zu 35.000 Euro pro Jahr für die Bildung ihrer Kinder investieren, zurecht Wert darauf legen, dass wir kostenbewusst mit diesen Geldern umgehen und dafür sorgen, dass ein Maximum dieser Gelder in der pädagogischen Arbeit Verwendung findet und eher weniger beim Substanzerhalt denkmalgeschützter Häuser", erläutert Bernd Westermeyer, seit 2010 Schulleiter in Salem, den jüngsten Beschluss des Trägervereins. Demnach soll die Burg Hohenfels als Unterstufen-Standort aufgegeben und in den zentralen Gründungsstandort im Schloss Salem integriert werden. Dort ist eine millionenschwere Erweiterung des Schultraktes geplant. Bisher befindet sich in Salem nur die Mittelstufe. Auch die Oberstufe, derzeit auf zwei weitere externe Standorte verteilt, könnte langfristig in Salem unterkommen. Aus vier Standorten mach einen – so sieht Robert Leicht, Ex-Chefredakteur der Wochenzeitung "Die Zeit" und Vorsitzender des Trägervereins, die Zukunft des Elite-Internates:
    "Der große Rahmen ist doch der, dass eine Schule wie wir, mit derzeit vier Standorten ein Unsinn ist."
    Schülerzahlen in Salem gehen zurück
    Denn längst erfülle die alte Raubritterburg nicht einmal ansatzweise die Anforderungen an modernen multimedialen Unterricht. Für die Zentralisierung sprechen auch zunehmende ökonomische Zwänge: Die Schülerzahlen sind zurückgegangen, von 700 noch vor ein paar Jahren auf nunmehr 600. Schulleiter Bernd Westermeyer:
    "Es hat seit dem so genannten ‚Pisa-Schock' eine Bewusstseinsschärfung in ganz Deutschland gegeben. Es sind überall Ganztagesangebote geschaffen worden. Wir als Schule Schloss Salem, die ein besonderes Angebot vorhalten wollen, möchten an unserer Qualität arbeiten, sind auch bereit, erhebliche Gelder zu investieren, sind aber nicht in der Lage, diese Gelder gleichermaßen an allen vier Standorten zu investieren, sondern möchten eben das konzentrieren hier am Gründungsstandort Salem."
    Das sehen die Gegner der Zentralisierung völlig anders. Sie erkennen darin sogar einen Verstoß gegen die pädagogischen Grundprinzipien von Salem und des Schulgründers und Reformpädagogen Kurt Hahn. Niko Becker aus dem saarländischen Homburg ist Ehrenvorsitzender der "Altsalemer Vereinigung".
    "Salem an einem Ort – das widerspricht der Grundidee von Kurt Hahn, der ja ganz bewusst die Kleinen von den Großen getrennt hat."
    Tatsächlich findet sich in den pädagogischen Schriften von Kurt Hahn ein entscheidender Satz:
    "Anfangs nahmen in Salem die jüngeren am Leben der älteren Jungen teil. Wir wurden ihnen damit nicht gerecht."
    Wenn die Altersstufen getrennt voneinander unterrichtet würden, könnten die Schüler am besten lernen, was Verantwortung fürs Gemeinwohl bedeute, so Hahn seinerzeit. Und das ging bei einer Zusammenlegung der Jahrgangsstufen verloren.
    Erbitterter Streit um die Zukunft der Standorte in Salem
    "Bei aller Verehrung von Kurt Hahn: Auch seine Pädagogik ist zeitbedingt", pariert Robert Leicht als Vorsitzender die Kritik der Zentralisierungsgegner – und verweist auf ein hohes Maß an Zustimmung in der Mitgliederversammlung des Trägervereins. Damit kann er die Gegner aber nicht überzeugen – im Gegenteil: Wie erbittert der Grundsatzstreit um die Zukunft der Internatsschule ausgetragen wird, zeigt sich in einem Protestbrief, den unter anderem der frühere BMW-Vorstandschef und Altsalemer Eberhard von Kuenheim sowie die früheren Schulleiter Bernhard Bueb und Eva Haberfellner unterzeichnet haben. Darin heißt es unter anderem:
    "Fast alle, die bislang im Alltag das Salemer Leben maßgeblich getragen haben, lehnen inzwischen Ihre Pläne zur Schließung des Hohenfels ab."
    An der beschlossenen Zentralisierung wird dies kaum mehr etwas ändern. Schulleiter Bernd Westermeyer macht unmissverständlich klar:
    "Wenn wir unser sehr ambitioniertes Ziel erreichen wollen, zum Schuljahr 2017/2018 zu starten mit einer zusammengelegten Unter- und Mittelstufe, dann müssen tatsächlich erste bauliche Maßnahmen im Laufe dieses Jahres hier in Salem beginnen."