Christine Heuer: Heute öffnet die Internationale Automobilmesse IAA in Frankfurt am Main ihre Tore. Zunächst für die Journalisten, ab Donnerstag für die Fachbesucher und am Samstag für alle Interessierten. Klemens Kindermann aus unserer Wirtschaftsredaktion: Was ist dieses Jahr auf der Messe zu erwarten?
Klemens Kindermann: Natürlich wieder viele funkelnde und bestens beleuchtete Autos, aber die IAA glänzt und funkelt nicht mehr so wie früher. Viele wichtige Hersteller kommen nicht mehr: Fiat, Volvo, Renault, Tesla, sogar Toyota kommt nicht - mit Volkswagen immerhin stets im Rennen um den Titel des größten Autobauers der Welt.
Man könnte sagen: die IAA ist auf Schrumpfkurs: Die Zahl der Aussteller sinkt von knapp 1.000 auf nur noch 800. Der Präsident des Verbands der Automobilindustrie, Bernhard Mattes:
"Wir sind nicht nur Ausstellung, sondern wir sind mehr. Wir sind die Plattform für die individuelle Mobilität der Zukunft."
Da ist doch ein Stück weit Wunschdenken im Spiel. Fakt ist: Die vermietete Fläche auf der IAA schrumpft.
Dudenhöffer: In zwei Jahren IAA nicht noch einmal in Frankfurt
Heuer: Warum sinkt das Interesse der Autokonzerne an der IAA?
Kindermann: Weil es heute immer weniger reicht, nur das Tuch von einem neuen Automodell zu ziehen. Die Branche muss auf die immer schnelleren Trends zur Vernetzung und zum Autonomen Fahren reagieren. Und da gewinnen Messen wie die für Konsumelektronik in Las Vegas, aber auch die aufstrebende Automesse in Shanghai an Bedeutung.
Meine Kollegin Silke Hahne hat den Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer gestern Abend in Frankfurt gefragt, ob es die IAA in zwei Jahren noch gibt:
"Ich glaube, in zwei Jahren wird man sie nicht noch einmal in Frankfurt sehen. Das Messegelände ist einfach sehr, sehr groß. Es wird sehr schwer sein, die, die heute nicht da sind bei der IAA, für das nächste Mal zu gewinnen, wenn man in diesem Konzept, einfach Autos hinstellen in Messehallen, weiter verfährt."
"Solche Messeauftritte sind teuer, können in die Millionen gehen"
Heuer: Der Wirtschaftsabschwung trifft die Autoindustrie besonders - kann man das an dieser Messe ablesen?
Kindermann: Ja. Solche Messeauftritte sind teuer, können in die Millionen gehen. Da überlegt sich manche Firma schon, ob sie denn unbedingt ausstellen muss. Die Lage bei vielen Autobauern und besonders auch Zulieferern ist aktuell ziemlich angespannt.
Es gibt Probleme auf den Märkten in Europa, den USA und vor allem auch China, dem weltweit wichtigsten Automarkt. Gestern kam die Hiobsbotschaft aus Peking, dass die Verkaufszahlen im August um fast zehn Prozent gesunken sind.
Heuer: Ist bei der IAA auch mit Protesten zu rechnen?
Kindermann: Das Verbändebündnis "Aussteigen" hat von den deutschen Autobauern die sofortige Abkehr vom Verbrennungsmotor gefordert. Bei einer Demonstration am Samstag wird mit tausenden Teilnehmern gerechnet. Ein weiteres Aktionsbündnis will die Messe tags darauf sogar blockieren.
Dazu kommt jetzt die aktuelle Debatte um Verbote von SUVs auf deutschen Straßen. Dazu sagte VW-Chef Herbert Diess gestern Abend dem Deutschlandfunk:
"Wir bauen Fahrzeuge für die Kunden, die müssen den Kunden gefallen. Die müssen diese Fahrzeuge wollen. Und da ist es einfach so, dass viele Kunden - und das ist in Deutschland eher noch weniger ausgeprägt - höher sitzen wollen, die größeren Fahrzeuge bevorzugen."
Ob dieses Argument, die Kunden wollen höher sitzen, den Klimaschützern reicht - wir werden sehen.