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Internationale Hochschul-Kooperationen
Auch in schwierigen Zeiten die Türen für Dialog offen halten

Internationale Hochschulkooperationen haben Vorteile für beide Teilnehmer: Die eine Seite profitiert von der Professionalisierung ihres Hochschulsystems, die andere nicht nur akademisch, sondern auch wirtschaftlich. Das solle auch in politisch schwierigen Zeiten gelten, hieß es auf einer Tagung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD).

Von Susanne Arlt | 30.11.2016
    Arbeiter tragen Topfpflanzen am Auditorium der Deutschen Universität in Kairo am vorbei.
    Die deutsche Universität in Kairo war die erste deutsche Hochschule im Ausland. (dpa/picture alliance/epa Nelson)
    Autos, Trecker und Maschinen - das sind Deutschlands erfolgreichsten Exportschlager. Geht es nach Dorothea Rüland, dann gehört längst auch die Wissenschaft dazu. Fast wöchentlich erreichen die Generalsekretärin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes Anfragen aus dem Ausland, ob und wie sich binationale Bildungsprojekte mit deutschen Hochschulen realisieren lassen.
    "Wir merken, dass es weltweit eine riesige Nachfrage gibt, vor allem nach einer Ausbildung, die sehr stark angewandt ist. Da sind jetzt auch neue Hochschulen in der Pipeline, wir arbeiten an einer deutsch-tunesischen Universität oder Hochschule und wir finde es auch sehr gut, dass es eine deutsch-ostafrikanische Hochschule geben wird, die sich auch sehr stark am Fachhochschulmodell orientiert."
    Hochschulen im Ausland fallen unter dortiges Recht
    Internationale Hochschulkooperationen - eine echte Win-win-Situation. Auf der einen Seite helfen sie Staaten, ihr Hochschulsystem zu öffnen und zu professionalisieren, auf der anderen Seite profitieren nicht nur deutsche Hochschulpartner, sondern auch die deutschen Wirtschaft davon. Binational heißt aber auch, dass die Hochschulen im Ausland unter das dortige Recht fallen. Was das bedeutet, wurde dem DAAD jüngst durch die politischen Entwicklungen in der Türkei deutlich. Die Erdogan-Regierung hatte nach dem Putschversuch im Juli auch fünf wissenschaftliche Mitarbeiter der Deutsch-Türkischen-Universität entlassen. Den Kollegen aus Deutschland waren die Hände gebunden:
    "Zunächst ist es eine Hochschule türkischen Rechts, wo wir nur begrenzt Interventionsmöglichkeiten haben. Aber gerade auch da ist es wieder wichtig, dass man überhaupt miteinander reden kann. Gerade in Krisenzeiten brauchen unserer Partner uns. Weil sie genau wissen, wenn irgendetwas etwas passiert, dann landet das hier in den Medien."
    "Unser Rezept in der ganzen Zeit seit der Eröffnung ist Neutralität"
    So sieht es auch ihr ägyptischer Kollege Ashraf Mansour, der vor 13 Jahren die German University in Kairo gegründet hat. Die Wissenschaft sollte solange es irgendwie geht miteinander im Dialog stehen, betont der Physiker:
    "Weil, wenn wir immer irgendwie sagen, das ist gefährlich und das müssen wir stoppen, dann gibt es keinen Dialog. Und gerade den Dialog braucht man nicht in den guten Zeiten, sondern in den harten Zeiten."
    Er hat eine klare Vorstellung davon, was die Universität in Kairo nach deutschem Vorbild leisten soll. Forschung und Lehre gingen Hand in Hand. Die Studierenden sollen lernen, analytisch zu denken und Probleme zu lösen. Solche Leute brauche sein Land, um voranzukommen.
    "Unser Rezept in der ganzen Zeit seit der Eröffnung ist Neutralität. Universitäten müssen kein Mandat haben - politisch, religiös, ideologisch. Diesen internationalen Standard müssten alle haben, nicht nur die German University Kairo, sondern alle Universitäten der Welt."
    In schwierigen Zeiten einen langen Atem behalten
    Dass dieses Rezept bei den jungen Ägyptern ankommt, zeigt die hohe Nachfrage. Auf einen Platz kämen zehn Bewerberinnen und Bewerber, erzählt Mansour. Die private Hochschule mit inzwischen 12.500 Studierenden sei aber keine reine Eliteuni. Mehr als 50 Prozent der Studierenden erhielten finanzielle Unterstützung. Der deutsch-ägyptischen Hochschule gehe es um die besten Köpfe, nicht um die meisten Gelder, betont Mansour. DAAD-Generalsekretärin Rüland lobt die Fortschritte an den binationalen Unis in der arabischen Welt. Trotz der politischen Krisen und Umbrüche hätten sie sich auf der wissenschaftlichen Ebene stetig weiterentwickelt:
    "Sie haben mit Lehre angefangen, Bachelor, Master aufbauen, aber gerade an der GJC kann man sehr gut sehen, wie es sukzessive in gemeinsame Forschung übergeht. Und damit erschließen sich auch deutschen Hochschulen ganz andere Möglichkeiten."
    Ihr Fazit für die Wissenschaft: Gerade in schwierigen politischen Zeiten lohne es sich, einen langen Atem zu haben und die Türen für Kooperationen und Dialog offen zu halten.