Besuch bei Putin
Internationale Kritik an Orbans Moskau-Visite

Ungarns Ministerpräsident Orban ist nur kurz nach der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft zu Russlands Staatschef Putin gereist. Nach Abschluss der mehr als zweistündigen Unterredung gab es auch ein gemeinsames Presse-Statement. EU, NATO und die Ukraine kritisierten den Besuch.

06.07.2024
    Viktor Orban und Wladimir Putin stehen an zwei etwas weiter auseinanderstehenden Pulten und geben ein Presse-Statement ab. Im Hintergrund sind vor einer prunkvollen Wand des Kreml die Flaggen Ungarns und Russlands zu sehen.
    Gemeinsames Presse-Statement von Viktor Orban und Wladimir Putin in Moskau (AP / Valeriy Sharifulin)
    Putin wertete Orbans Besuch als Versuch, die Beziehungen zwischen seinem Land und Europa zu verbessern. Er habe mit Orban auch darüber gesprochen, wie die - Zitat - "Krise" in der Ukraine beigelegt werden könnte. Putin forderte erneut den Rückzug ukrainischer Truppen aus Gebieten, die Russland im Zuge des Angriffskriegs annektiert hat.
    Orban forderte Anstrengungen für eine diplomatische Lösung im Krieg gegen die Ukraine. Europa lebe seit mehr als zwei Jahren im Schatten des Krieges und brauche Frieden. Der Frieden werde nicht von selbst kommen, sondern müsse von allen Seiten erarbeitet werden, Die Positionen Moskaus und Kiews seien aber sehr weit auseinander. "Es müssen sehr viele Schritte unternommen werden, um sich einer Beendigung des Krieges anzunähern", sagte er. Ein wichtiger Schritt sei aber mit dem Reisen getan, der Kontakt sei hergestellt. "Ich werde weiter in diese Richtung arbeiten", fügte der ungarische Ministerpräsident hinzu.

    Von der Leyen: "Beschwichtigung wird Putin nicht stoppen"

    Führende Repräsentanten der EU sprachen Orban das Recht ab, in Moskau für die Europäische Union zu sprechen. Der Außenbeauftragte Borrell erklärte, Orban habe für seine Reise nach Moskau kein Mandat erhalten. Kommissionspräsidentin von der Leyen warnte, eine Politik der Beschwichtigung werde Putin nicht stoppen. Auch NATO-Generalsekretär Stoltenberg betonte, Orban vertrete in Moskau nicht das Militärbündnis. Es gebe keine Anzeichen, dass Präsident Putin zu einem Frieden bereit sei, erklärte Stoltenberg.

    US-Regierung "besorgt" über Orban-Reise

    Die US-Regierung zeigt sich "besorgt" über die überraschende Reise des ungarischen Regierungschefs. Das Verhalten des NATO-Partners sei mit Blick auf die Unterstützung der Souveränität der Ukraine "kontraproduktiv" und trage nicht zum Frieden in dem von Russland angegriffenen Land bei, sagte die Sprecherin von US-Präsident Biden, Jean-Pierre. "Russland könnte diesen Krieg noch heute beenden, indem es seinen Angriff gegen die Ukraine, gegen ihre Souveränität und gegen ihre Demokratie aufgibt", sagte sie weiter. 
    Kritik an Orbans Moskau-Visite kam auch vom ukrainischen Außenministerium. Diese sei nicht mit der Ukraine koordiniert gewesen. Andere Staaten sollten keinerlei Gespräche über die Ukraine führen ohne eine Beteiligung des Landes. Kiews betonte, die Friedensformel der Ukraine sei der einzige realistische Pfad zur Wiederherstellung eines Friedens.
    Ungarn hatte am 1. Juli für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Tags drauf besuchte Orban in Kiew den ukrainischen Präsidenten Selenskyj und warb für eine Feuerpause.
    Diese Nachricht wurde am 06.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.