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Internationale Open-Access-Week

Frei durchs Internet surfen, Informationen suchen und finden - so leicht ist das nicht, wenn die Suche sich um wissenschaftliche Informationen dreht. Weil Open Access, also der freie Zugang, der könnte noch ausgebaut werden.

Klaus Knopper im Gespräch mit Elif Senel |
    Elif Senel: Der freie Zugang zu öffentlich geförderter Forschung. Und deswegen ist diese Woche die Internationale Open Access Week. An 60 deutschen Hochschulen, Bibliotheken und Forschungseinrichtungen wird in dieser Woche über die Idee Open Access informiert. Nach der Devise: Wissen ist nützlich, wenn es genutzt werden kann. Das sagt auch Klaus Knopper, Softwareingenieur und Experte für Open Source und offenes Wissen. Guten Tag, Herr Knopper!

    Klaus Knopper: Schönen guten Tag!

    Senel: Sie gelten ja als die deutsche Galionsfigur für Linux, einem freien Betriebssystem für Computer, da ist wahrscheinlich für Sie der Schritt zum freien Wissen nicht so weit. Was steckt da hinter dieser Idee?

    Knopper: Es hängt beides zusammen. Software ist eigentlich auch nichts anderes als in Algorithmen gegossenes Wissen, was frei genutzt und nach dem Baukastenprinzip in verschiedene Produkte überführt wird. Insofern liegt der Schritt hin in Richtung Open Access und Publikationen, auch andere Immaterialgüter wie Musik, Literatur und eben auch Forschungsergebnisse recht nahe.

    Senel: Wie verbreitet ist es denn in Deutschland, wissenschaftliche Informationen Open Access zu veröffentlichen, zu publizieren?

    Knopper: Ich hab versucht, das zu recherchieren, es ist genau wie bei Linux fast unmöglich herauszufinden, da es keine Verkaufszahlen gibt, an denen man sich festmachen könnte. In dem Moment, wo der Zugang zu dem Wissen frei ist und auch kopiert und weitergegeben werden darf, ist es leider nicht mehr möglich, eine Statistik zu ermitteln. Im Hochschul- und wissenschaftlichen Schulbereich sieht es eher so aus, dass viele Lehrer und Unterrichtende gar nicht wissen, dass es die Möglichkeit gibt, sich über Open-Access-Journale den Zugang ohne hohen Kostenaufwand zu ermöglichen, und dort wird auf die traditionelle Art und Weise bei Bibliotheken angefragt. So kommt man teilweise automatisch zu den Open-Access-Magazinen. Die Lizenzfrage oder die Zugangsfrage ist aber vielen Lehrern einfach nicht bewusst. Ich denke, da fehlt einfach das Bewusstsein für das Urheberrecht und die lizenzrechtlichen Grundlagen. Wie mache ich das eigentlich richtig, wenn ich selber ein Werk geschrieben habe, das so zu publizieren, dass genau die Kundschaft oder die Zuhörerschaft angesprochen wird, die ich erreichen will. Und wenn ich das möchte, kann ich's nach außen abschotten, wenn ich's nicht möchte, dann kann ich's auch so lassen.

    Senel: Welche Möglichkeiten habe ich dann, meine Arbeiten zu publizieren, sodass alle sie frei zugänglich lesen können?

    Knopper: Eine sehr schöne Webseite - die kann ich gerade mal sagen: www.creative-commons.org - ist eine Webseite, da kann man sich nach dem Baukastenprinzip Lizenzen selber zusammenbauen und die Nutzungsrechte festlegen für die bestimmte Zielgruppen. Der Grundtenor ist freie Verbreitung, das heißt, der Zugang zu den Werken wird generell erlaubt, das Kopieren, das Weitergeben wird erlaubt, ob man's modifizieren, Veränderungen anbringen darf oder ob man's nur unverändert weitergeben darf, das kann man an dieser Stelle in der Lizenz festlegen dürfen.

    Senel: Das heißt, ich kann also nicht irgendeinen Text, der publiziert ist, frei kopieren und weiterverarbeiten?

    Knopper: Ja, das ist richtig. Einen Text, den Sie einfach so im Internet finden, wo keine Lizenz beiliegt, der darf nach dem deutschen Urheberrecht nicht verwendet und nicht kopiert werden. Es muss also bei jedem Werk, auch bei Immaterialgütern, eine Lizenz, also ein rechtlich bindender Vertrag zwischen Anbieter und Empfänger beigelegt werden, der erlaubt, dass die Software oder das literarische Werk genutzt werden darf.

    Senel: Wie komm ich denn da drauf, dass jemand tatsächlich meine Arbeit genutzt hat, ohne mich zu fragen oder ohne das tatsächlich kenntlich zu machen, weil das kriege ich ja im Prinzip nicht mit möglicherweise?

    Knopper: Hm, das stimmt. Alles, was nur über Printmedien läuft, ist sehr schwer rückverfolgbar, obwohl es auch dort Verlage und Recherchemöglichkeiten gibt, die gegen Honorar versuchen, Plagiate und Cut-and-Paste-Passagen eben Printmedien zu finden. Ein schneller Check wäre eine Suchmaschine anzuwerfen und nach Stichworten zu suchen, die so in dieser Kombination nur in dem eigenen Werk auftauchen müssten. Wenn man dort etwas findet, was im Netz unerlaubt publiziert wird, kann man auf die Lizenz hinweisen, und wenn man eine Lizenz beigelegt hat, die diese Nutzung verbietet, den jeweiligen Nutzer auch tatsächlich verklagen.

    Senel: Der klassische Weg eigentlich für Wissenschaftler zu publizieren, ist aber noch, ja, sind immer noch Aufsätze, sind Bücher. Wenn ich wirklich möchte, dass viele Leute meine Texte lesen und zitieren, ist dann Open Access für mich sinnvoll?

    Knopper: Ich denke, daran kommt man gar nicht vorbei. Open Access ist eigentlich das traditionelle Wissensmodell - denken Sie Pythagoras, "a Quadrat plus b Quadrat gleich c Quadrat", wäre das patentiert und nur in Schriften an Gilden herausgegeben worden, die diese Formel nutzen dürften, dann wären wir heute nicht da, wo wir in der Mathematik sind. Der Urheber hat durch das Urheberrecht garantiert das Recht, sich die Nutzungslizenz seiner Werke frei zu wählen. Es kann aber sein, dass das eingeschränkt wird durch Verträge mit seinem Arbeitgeber, da muss man sehr aufpassen. Arbeitet man eine Doktorarbeit oder eine wissenschaftliche Publikation aus für einen bestimmten Forschungsbereich und hat mit diesem Verträge, dann kann dort in den Verträgen bereits drin stehen, dass das Verwertungsrecht eingeschränkt wird, das heißt, die kommerzielle Nutzung wird vom Urheber von vornherein abgegeben auf seinen Arbeitsbereich. Und das kann dann etwas gefährlich sein und widerspricht einer Open-Access-Nutzung.

    Senel: Wenn ich selber gerade an einem Aufsatz schreibe und ich möchte ihn gerne Open Access publizieren, was muss ich ganz praktisch machen, wo finde ich denn einen Herausgeber?

    Knopper: Sie können im Eigenverlag publizieren - eine Webseite bekommen Sie bei verschiedenen Providern für 50 Cent im Monat -, können dort Ihre eigenen Werke unter Ihrer eigenen Lizenz publizieren, oder Sie suchen sich einen der Publizierer, die unter www.open-access.net aufgelistet sind. Die Webseite gehört der Georg-August-Universität Göttingen und hat sehr viele nützliche Informationen, auch für Publizierer, wie man an Verlage, an Journale herankommt, um Informationen zu erhalten und selber Werke veröffentlichen zu können, auch über Nutzungsbedingungen, Kosten und natürlich auch Einnahmen, die man durchaus damit erzielen kann.

    Senel: Open Access, freier Zugang zu wissenschaftlichen Informationen. Über die Idee war das Klaus Knopper, Softwareexperte. Vielen herzlichen Dank!