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Internationale Presseschau
"Ein solcher Krieg ist vollkommen unangemessen"

Der Gaza-Krieg beschäftigt weiterhin die Zeitungskommentatoren im Ausland. Aus moralischen Gründen müsse Israel dem Gazastreifen jetzt so viel Hilfe wie möglich anbieten, fordert die Zeitung "Haaretz" aus Tel Aviv. Für eine spanische Zeitung ist "ein solcher Krieg gegen die Zivilbevölkerung vollkommen unangemessen". Ein weiteres Thema: Die Gedenkveranstaltungen zum Ersten Weltkrieg.

    Ein israelisches Artillerie-Geschütz nahe der Grenze zum Gaza-Streifen.
    Ein israelisches Artillerie-Geschütz nahe der Grenze zum Gaza-Streifen. (AFP PHOTO/DAVID BUIMOVITCH)
    Die französische Zeitung LA CROIX geht auf die Gedankveranstaltungen zum Ersten Weltkrieg ein: "An diesem 3. August haben sich der deutsche Bundespräsident Gauck und der französische Präsident Hollande an einem besonders symbolischen Ort umarmt, der für die mörderischen Konsequenzen des Ersten Weltkriegs steht: am Hartmannsweilerkopf im Elsass. Ihre lange Umarmung erinnert daran, dass für den Menschen nichts unmöglich ist: weder Glück noch Unglück. Weder die Fähigkeit, endlose blutige Konflikte zu entfachen, noch die Möglichkeit, einen Waffenstillstand zu unterzeichnen und an der Versöhnung der Völker zu arbeiten, die sich einmal bekämpft und gehasst haben",
    formuliert LA CROIX aus Paris.
    Der TAGES-ANZEIGER aus der Schweiz kritisiert die französische Haltung zur Gedenkfeier:
    "Man erinnert sich in Frankreich nun daran, wie ungleich stärker man war beim Zurückdrängen des Aggressors im Ersten Weltkrieg als einige Jahrzehnte später, als die deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg einen beträchtlichen Teil des Landes recht widerstandslos überrannten. Und obschon Vergleiche natürlich fehl am Platz sind, so scheint aus der Begehung des Kriegsauftakts von 1914 doch wieder diese Beschwörung der Kampfmoral von damals durch: der Mythos, der letzte Triumph Frankreichs über den ewigen Rivalen jenseits des Rheins",
    beanstandet der TAGES-ANZEIGER aus Zürich.
    TAKUNGPAO aus Hongkong sieht das anders:
    "Es war in jüngster Zeit häufiger zu beobachten, dass Frankreich und Deutschland gemeinsam an den Ersten und Zweiten Weltkrieg erinnern. Die Ukrainekrise, die Anspannung zwischen europäischen Staaten und Russland, der Gaza-Krieg und auch die immer lauter werdenden Stimmen der 'Europa-Skeptiker' zeigen jedoch, dass Europa heute wieder in einer schwierigen Situation steckt. Vor diesem Hintergrund sehen wohl die zwei Lokomotiven der EU, Deutschland und Frankreich, die Notwendigkeit, sich noch mehr für Versöhnung und die europäische Integration einzusetzen",
    meint die in Hongkong erscheinende Zeitung TAKUNGPAO.
    Die belgische Zeitung DE MORGEN macht deutlich:
    "Niemand aus den Nachkriegsgenerationen, die in immer mehr Wohlstand und Sicherheit aufwuchsen, versteht wirklich, welch großes Los wir gezogen haben, hier und heute zu leben. Man braucht nur mal nach Gaza oder in die Ukraine zu schauen, um zu erkennen, wie zerbrechlich der Frieden ist. Das Gedenken an den Ersten Weltkrieg sollte deshalb vor allem eine Gelegenheit sein zu begreifen, dass Frieden nicht von allein kommt. Er muss vielmehr erarbeitet werden. Das sollte auch ein Ansporn sein, die heutigen Konfliktgegner zur Abkehr von der Gewalt zu bewegen",
    fordert DE MORGEN aus Brüssel.
    Und damit kommen wir zum zweiten Thema dieser Presseschau: dem Krieg in Gaza.
    Dazu schreibt die GAZETA WYBORCZA aus Polen:
    "Seit Samstag ziehen sich die Israelis schrittweise aus Gaza zurück und hinterlassen über 1.700 Todesopfer. Es gibt keine Klarheit darüber, wer diese Opfer waren. Lokale medizinische Dienste und die UNO behaupten, drei Viertel von ihnen seien palästinensische Zivilisten gewesen, darunter über 300 Kinder. Israel hingegen erklärt, mehr als 800 Hamas-Kämpfer getötet zu haben. Das Hauptziel der israelischen Regierung wurde jedenfalls nahezu erreicht: die Zerstörung jener Tunnel, die die Hamas seit Jahren unter der Grenze grub, um nach Israel einzudringen und israelische Zivilisten zu entführen",
    stellt die GAZETA WYBORCZA aus Warschau fest.
    DER STANDARD aus Österreich führt aus:
    "Die radikalen Gruppen sind militärisch geschwächt, doch trotzdem zögert Israel, in Verhandlungen über eine Waffenruhe zu gehen. Aber langsam setzt sich die Meinung durch, dass auch die politischen Realitäten im Gazastreifen geändert werden müssen. Für seine neuen Ziele in Gaza hat Israel zwei Möglichkeiten: Entweder es besetzt den Gazastreifen – oder es stützt sich auf die Palästinenserbehörde und Mahmud Abbas. Mit internationalem Konsens und starker Unterstützung aller Art könnte diese Lösung sogar gelingen – aber nur dann halten, wenn Israel selbst zu politischen Konsequenzen bereit ist. Diese haben einen Namen: der Staat Palästina",
    unterstreicht DER STANDARD aus Wien.
    HAARETZ aus Tel Aviv fordert eine grundsätzliche Abkehr vom Gaza-Krieg:
    "Nach all der Zerstörung sollte Israel dem Gaza-Streifen jetzt so viel Hilfe wie möglich anbieten, um die Ruinen und das normale Leben wieder aufzubauen - nicht als Propaganda-Akt sondern aus moralischen Gründen. Die Unterstützung sollte auch eine Lockerung der Blockade umfassen, insbesondere für Mediziner und Hilfsorganisationen. Die Palästinenser brauchen außerdem Baumaterialien; sie brauchen Hilfe bei der Wiederherstellung der Infrastruktur - von Wasserleitungen bis hin zur Elektrizität. Israel benötigt eine realistische Strategie: Diese muss auf der Erkenntnis beruhen, dass zwei Dinge klar zu unterscheiden sind: der Kampf gegen den Terror im Gaza-Streifen und das Wohlergehen der Palästinenser",
    analysiert HAARETZ aus Israel.
    Die spanische Zeitung EL PERIODICO DE ARAGON kritisiert:
    "Die erneute Bombardierung einer UNO-Schule im Gazastreifen trägt nicht dazu bei, das Bild von Israel in der Welt zu verbessern, und ebenso wenig steigen dadurch die Chancen für eine dauerhafte Lösung des Konflikts. Aus dem Ausland hagelt es denn auch Kritik gegen das harte Vorgehen Israels, und Regierungschef Netanjahu ist dabei, den Kampf um die öffentliche Meinung zu verlieren: Die Bilder aus dem Gaza-Streifen sprechen für sich. Die Offensive Israels ist besonders gewaltsam, ein solcher Krieg gegen die Zivilbevölkerung ist vollkommen unangemessen. In den Jahren nach seiner Gründung identifizierte sich Israel mit dem kleinen David, der sich einem riesigen arabischen Goliath gegenübersieht - inzwischen aber ist Israel der neue brutale Goliath",
    findet EL PERIODICO DE ARAGON aus Zaragoza.
    Zum letzten Thema, der Ausbreitung des Ebola-Virus in Westafrika.
    "Die Epidemie ist außer Kontrolle." Mit diesem Zitat leitet die kolumbianische Zeitung EL ESPECTADOR ihren Kommentar ein.
    "Diese furchterregende Äußerung stammt nicht aus einem Horror-Roman, sondern vom Leiter der Organisation 'Ärzte ohne Grenzen' angesichts der Ausbreitung von Ebola. Es ist das erste Mal seit der Entdeckung der Krankheit im Jahr 1976, dass die Alarmglocken so heftig schrillen. Die WHO hat Hilfspersonal in die betroffenen Länder entsandt, wo sie von hunderten Freiwilligen unterstützt werden. Damit soll vor allem verhindert werden, dass weitere Länder von der Seuche erfasst werden. Aber angesichts der hygienischen Bedingungen und der Armut in der Region sind die Voraussetzungen nicht allzu günstig. Wer kann also garantieren, dass es nicht zu einer weltweiten Pandemie kommt?",
    fragt EL ESPECTADOR aus Bogotá.
    AFTENPOSTEN aus Norwegen wendet sich direkt an die betroffenen Ländern Liberia, Guinea und Sierra Leone:
    "Sie müssen sich die Kritik gefallen lassen, die Warnungen internationaler Hilfsorganisationen zu lange ignoriert zu haben. Trotz allem muss vor hysterischen und vorurteilsgeladenen Reaktionen in unserem Teil der Welt gewarnt werden. Die Ansteckung mit Ebola passiert nicht einfach so, und unser Gesundheitswesen ist vorbereitet - die Gefahr einer Ausbreitung ist bei uns also äußerst gering. Trotzdem dürfen wir die Augen vor der Epidemie nicht verschließen",
    unterstreicht AFTENPOSTEN aus Oslo.
    LE FIGARO aus Frankreich vergleicht die Ebola-Epidemie mit der Ausbreitung von HIV in Afrika:
    "Zur Überraschung mancher hat sich der frühere US-Präsident George W. Bush als 'afrikanischer' erwiesen als all seine Vorgänger, indem er einen wirksamen Plan im Kampf gegen Aids unterstützte. Der jetzige Präsident Barack Obama, Sohn von Kenianern, hat heute die Möglichkeit, den Kampf gegen Ebola anzuführen. Die Wissenschaft untersucht Möglichkeiten, um das Virus zu besiegen, doch den Pharma-Laboren fehlt es an wirtschaftlichem Anreiz. Es ist an den politischen Führern, daraus eine Priorität für Gesundheit und Sicherheit zu machen",
    mahnt LE FIGARO aus Frankreich.