"Irgendwann schickte mir Erik ein Foto via WhatsApp, darauf war eine Karte, auf der hatte er die Route eingezeichnet, die begann in Finnland und ging über Russland in den Süden, Richtung Türkei über den Himalaya, ganz weit in den Osten nach Singapur. Und dann sagte er: Diese Strecke will ich fahren, kommst du mit?"
Die Route für die Tour kam nicht zufällig zustande:
"Der Startpunkt und der Endpunkt haben sehr viel miteinander zu tun, denn Finnland schneidet immer sehr gut ab bei Bildungstests wie PISA. Aber in letzter Zeit sind sie in Singapur fast noch besser. Diese beiden Länder muss man sich ansehen. Und was dann auch noch interessant ist: Diese beiden Länder haben quasi gegensätzliche Unterrichtssysteme. Finnland ist bekannt für viel Freiheit, wenig Hausaufgaben, kurzen Unterricht, lange Sommerferien. In Singapur ist es das Gegenteil, die Kinder beginnen sehr früh und sie bekommen sehr viel Hausaufgaben auf."
Um es gleich vorwegzunehmen: Die Erwartungen an Singapur wurden für die Brüder nicht eingelöst. "In Singapur waren wir in einer der besten Schulen des Landes. Da saßen die Kinder in einem Raum ohne Klimaanlage, die Klasse war sehr groß, die Kinder passten zum Teil auch nicht so richtig auf. Und Erik sagte so zu mir: Ist das jetzt das Beste?"
Andere Parameter im Notensystem
Dafür wurden sie von Schulen im Iran positiv überrascht. Hier, in einem Land, in dem Luuk und Erik durchaus mit Schwierigkeiten gerechnet hätten und wo ihnen ein staatlicher Begleiter nie von der Seite wich, gab es eine gute Idee für den Unterricht.
"Im Iran haben wir ein Konzept entdeckt, dass wir auch für die Niederlande sehr fortschrittlich fanden und wovon wir dachten, das sollten wir vielleicht auch einführen. Da haben sie nämlich schon vor ein paar Jahren beschlossen, dass Kinder in der Grundschule keine Noten bekommen, durch die sie mit den anderen Schülern verglichen werden, sondern Noten, die ausdrücken, wie sie sich selbst im Vergleich zum letzten Test verbessert haben."
Dieses Konzept hat der Iran eingeführt, um dem zunehmenden Konkurrenzdruck in der Schule entgegenzuwirken. Für Luuk und Erik eines der Beispiele, bei denen sie mit ihren eigenen Vorurteilen konfrontiert wurden. Davon gab es noch mehr:
"Von Russland dachten wir, dass es da sicher sehr streng zugehen würde. Aber dann kamen wir an eine Schule, an der es so zuging, wie an der Schule auf die wir selber gegangen waren. Und da wurde auch sehr viel Kritik geäußert, an Putin, an der Regierung, da haben wir sehr viel drüber gesprochen, auch über die Ukraine. Sie waren da sehr offen und sehr gastfreundlich."
In Georgien mussten sie mit ihrem Bus erst über schneebedeckte Berge, bis sie am Ende der Straße an eine Schule kamen. Eine Schule mit ganzen vierzehn Schülern und elf Lehrern, erzählt Erik.
"In dem Dorf gab es überhaupt nur 14 Kinder und die mussten natürlich unterrichtet werden. Nach dem georgischen Gesetz müssen alle Kinder in allen Fächern unterrichtet werden, also mussten auch alle Fächer angeboten werden. Aber was wir am erstaunlichsten fanden: Die Kinder saßen nicht zusammen in einer Klasse, sondern in unterschiedlichen Klassen und da saß dann häufig nur ein Schüler mit einem Lehrer."
Keine Schulbesuche in der Türkei und dem Oman
Alle Kinder an dieser Schule waren übrigens miteinander verwandt – und mit dem Schulleiter. Die Schule in Georgien war zwar schwer zu erreichen, aber so wie in vielen Schulen, die Erik und Luuk besuchten, zeigten die Lehrer gerne ihren Unterricht, waren stolz und interessiert an dem Austausch mit dem jungen niederländischen Lehrer. Das war aber nicht an allen Orten so. In der Türkei und im Oman konnten die beiden Brüder gar keine Schule besuchen.
Die beiden haben auf ihrer Tour eine Menge guten Unterricht mit engagierten Lehrern gesehen. Und auch der Blick auf das eigene Land verändert sich auf einer langen Reise ja oft:
"In den Niederlanden sind wir daran gewöhnt, dass es an den Schulen sehr viel Innovation gibt. Es gibt in vielen Schulen keinen festen Klassenverband mehr, der Unterricht ist stark individualisiert, Schüler bestimmen selbst, wie und was sie lernen. Aber auf der Reise haben wir nicht so viel innovativen Unterricht gesehen. Und was uns auch noch auffiel: In den meisten Ländern bekommen die reichsten Kinder den besten Unterricht. Das war eigentlich überall so. Und da dachte ich: Da müssten eigentlich alle Länder dran arbeiten, dass die besten Lehrer da sind für die Kinder, die es am schwersten haben."