Nicht alle Sanktionen, die seit Mai dieses Jahres in Kraft sind, müssen die Vereinigten Staaten zurückziehen. Aber - laut einstweiliger Verfügung des Gerichts - all jene Maßnahmen, die die humanitäre Hilfe im Land und die Sicherheit des Flugverkehrs gefährden. Konkret, so der Vorsitzende Richter Abdulqawi Yusuf, gehe es um:
"Medizin und medizinische Geräte, um Nahrungsmittel und landwirtschaftliche Produkte und um Material und Dienstleistungen, wie Ersatzteile, Inspektion und die Reparatur von Flugzeugen, damit die Sicherheit der Luftfahrt gewährleistet ist."
Geschäfte mit Airbus und Boeing blockiert
Weil die iranischen Passagiermaschinen veraltet sind, hatte das Land zuletzt auch mit europäischen Flugzeugbauern, wie Airbus und Boeing, über den Ankauf neuer und die Wartung älterer Maschinen verhandelt. Mit dem Ausstieg aus dem Atomabkommen und der Wiedereinführung von Sanktionen wollten die USA diese Geschäfte blockieren. Teheran hatte vor dem Internationalen Gerichtshof argumentiert, dass die USA mit ihrem einseitigen Vorstoß, einen amerikanisch-iranischen Freundschaftsvertrag aus dem Jahre 1955 missachteten.
Darin ist geregelt, dass bei Konflikten der IGH eingeschaltet werden darf. Die USA hat die Zuständigkeit des Gerichts jedoch bestritten. Zu Unrecht, erklärte der somalische Vorsitzende Yusuf.
"Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass es durchaus für diesen Fall zuständig ist, weil es so im Freundschaftsabkommen von 1955 festgelegt wurde."
Aufruf zur Klärung auf diplomatischer Ebene
Das Außenministerium in Teheran begrüßte die Entscheidung des obersten UN-Gerichts. Der Richterspruch beweise, dass die Sanktionen grausam und illegal seien, erklärte ein Regierungssprecher. Prozessbeobachter vermuten, dass die USA den Beschluss anfechten werden. Urteile des IGH sind zwar bindend. Das Gericht hat aber keine Möglichkeiten sie auch durchzusetzen. Washington hat sich in der Vergangenheit wiederholt nicht an die Vorgaben aus Den Haag gehalten. Der UN-Sicherheitsrat könnte so ein Verhalten ahnden, was de facto nicht vorkommt, weil die USA dort ein Vetorecht haben.
In seinem Schlusswort rief Richter Yusuf die beiden Seiten dazu auf, den Konflikt auf diplomatischer Ebene zu klären und den Streit nicht weiter eskalieren zu lassen: "Beide Parteien sollten alles unterlassen, was diesen Disput verschärft oder ausweitet und eine Lösung noch schwieriger macht."
Der Iran kann den heutigen Richterspruch allenfalls als Etappensieg feiern. Über die Rechtmäßigkeit aller verhängten Sanktionen und die Gültigkeit des mehr als 60 Jahre alten Freundschaftsvertrags zwischen den beiden Ländern wird das Gericht später im Hauptverfahren entscheiden. Und diese können manchmal Jahre dauern.