Schulz sagte weiter: "Europa braucht endlich wieder Mut und Weitsicht, wir brauchen eine auf Langfristigkeit angelegte Politik." Probleme müssten endlich konkret benannt werden, statt sich von Krisengipfel zu Krisengipfel zu hangeln. Es sei nötig, dass die EU verständlicher und leistungsfähiger werde.
Er appellierte an die Staats- und Regierungschefs der EU: "Hört damit auf, alle Misserfolge und ungelösten Probleme Brüssel in die Schuhe zu schieben, die Erfolge aber an die nationale Fahne zu schreiben." Genau das trage zu der Entfremdung der Menschen von der EU bei. Er wisse, dass ein Bekenntnis zu Brüssel "kein Programm zur Popularitätssteigerung" sei. In seiner Rede im Krönungssaal des Aachener Rathauses sagte Schulz weiter, er sei sich sicher: "Wenn wir uns in unsere Einzelteile zerlegen, versinkt Europa in der Bedeutungslosigkeit." Der Parlamentspräsident bezeichnete die Staatengemeinschaft als die größte zivilisatorische Errungenschaft des Kontinents seit der Aufklärung.
Gauck warnte vor Rückkehr zum Nationalismus
Schulz wurde mit dem Karlspreis für seine Verdienste um ein demokratisches Europa geehrt. In der Begründung hieß es, der SPD-Politiker sei ein herausragender Vordenker der Europäischen Union, der maßgeblich zur Belebung der europäischen Demokratie und zur Stärkung des Parlaments beigetragen habe.
Bundespräsident Joachim Gauck hatte zuvor in seiner Festrede die Europäer angesichts neuer Gefahren zu mehr Geschlossenheit aufgerufen. Europa müsse vor dem Hintergrund von terroristischen Bedrohungen und Kriegen seine Werte verteidigen. "Immer, wenn es um Fundamentales geht, ist es unerlässlich, dass wir als Europäer zusammenrücken." Er warnte in seiner Ansprache auch vor populistischen Tendenzen und einer Rückkehr des Nationalismus in der EU. Gauck sprach von einer "Krise des Vertrauens, des Vertrauens in das politische Projekt Europa, so wie es bisher existiert." An dem Festakt nahmen unter anderem Frankreichs Präsident François Hollande, der jordanische König Abdullah II. sowie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und weitere europäische Staats- und Regierungschefs teil.
Preis benannt nach dem Vordenker des geeinten Europas
Der Internationale Karlspreis wird seit 1950 an Menschen und Institutionen verliehen, die sich um die Einigung Europas verdient gemacht haben. Den Preis haben bisher unter anderem Angela Merkel (2008), Bill Clinton (2000) und Konrad Adenauer (1954) erhalten. Die Auszeichnung ist nach Karl dem Großen benannt, der als Vordenker eines geeinten Europas betrachtet wird. Der Karlspreis wird traditionell an Christi Himmelfahrt übergeben.
(fro/hba/tk)