Wer einen Brief aus Deutschland in ein beliebiges Land der Welt verschicken will, klebt eine Briefmarke im Wert von 1,10 Euro drauf und wirft ihn in den Postkasten. Möglich macht den meist reibungslosen Versand zum kleinen Preis der Weltpostverein, eine der ältesten multilateralen Institutionen, die es gibt. Aber die steckt nun in der Krise, die USA drohen auszusteigen. Heute startet ein Sonderkongress, eine Lösung soll her.
Die Vereinigten Staaten fühlen sich unfair behandelt. Hintergrund ist der Weltpostvertrag. Dessen erste Fassung trat schon 1875 in Kraft, ein Jahr davor war der Verein gegründet worden. Mittlerweile zählt er zu den Sonderorganisationen der UN, hat demnach also 192 Mitgliedsländer. Diese regeln unter sich Standards, sodass der Postversand für die Kunden relativ einfach ist. Es geht um kleine Sendungen bis zwei Kilogramm.
Das Problem: China zahlt zu wenig
Teil der Abmachungen sind Zahlungen unter den Ländern: Die Post im Absenderland bekommt ein Porto, für den Transport zum Empfänger zahlt sie dann der zustellenden Postgesellschaft im anderen Land Geld.
Dabei sind die Länder in vier Gruppen unterteilt, nach Entwicklungsstand und Wirtschaftskraft. Wie viel Geld fließt, hängt davon ab, in welcher Gruppe Absender- und Empfängerland liegen. China etwa gehört zur zweituntersten Gruppe der Schwellenländer; weshalb die chinesische Post relativ geringe Entgelte an Postunternehmen in anderen Teilen der Welt zahlt.
Die US-Regierung moniert, dass chinesische Versandhändler so geringe Portopreise anbieten können – auf Kosten der amerikanischen Post und letztlich auch Versandhändler.
Deshalb haben die USA vor einem Jahr ihren Austritt aus dem Verein angekündigt und so den Druck erhöht. Tatsächlich sind die geringen Zahlungen aus China aber mittlerweile ein handfestes finanzielles Problem für mehrere Länder. Laut "Süddeutscher Zeitung" wollen die USA schon knapp 40 Verbündete auf ihrer Seite haben, die diese Kritik teilen.
Denn die Zahl der kleinen Warensendungen aus China in die ganze Welt hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Die Deutsche Post hält sich zwar grundsätzlich bedeckt mit Kritik, spricht aber von "zunehmenden Schwierigkeiten", besonders in "Hochlohnländern" sei die Vergütung nicht mehr kostendeckend - vor allem für Sendungen aus Entwicklungsländern.
Letzte Chance auf Einigung
Um wie viel Geld es letztlich geht, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Die US-Regierung spricht im Kontext von chinesischen Warensendungen von 300 Millionen Dollar, die die USA jährlich verlieren würden. Zwar sollen die internationalen Entgelte 2021 weltweit vereinheitlicht werden, aber das geht den Vereinigten Staaten nicht weit genug. Sie wollen durchsetzen, dass die US-Post die Gebühren für Warensendungen aus anderen Ländern selbst bestimmen darf. Sie könnte dann also etwa alle Kosten ans Ausland abwälzen. Ob sie sich bis zum Ende des Sonderkongresses am Donnerstag durchsetzt, ist offen.
Mitte Oktober treten die Vereinigten Staaten sonst aus dem Postverein aus. Das könnte den internationalen Postversand empfindlich stören. Die USA müssten dann bilaterale Verträge mit allen Ländern einzeln schließen. Theoretisch müssten bis dahin die Postunternehmen in den USA und anderswo dann nicht einmal gegenseitig ihre Sendungen annehmen. Für Kunden hieße das: Sie müssten sich auf Verspätungen und gegebenenfalls steigende Kosten einstellen.