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Internationaler Tag für Toleranz
"Toleranz schützt Selbstbestimmung"

Die Unesco hat den Internationalen Tag der Toleranz vor 19 Jahren ins Leben gerufen und will damit an eine tragende Säule des friedlichen Zusammenlebens erinnern. Der Philosoph Claus Dierksmeier verrät im Deutschlandfunk, welche Mechanismen dazu führen, dass der gesellschaftliche Friede immer wieder von Intoleranten gebrochen wird.

Claus Dierksmeier im Gespräch mit Michael Köhler |
    Menschen sitzen am 30.08.2014 auf dem Augustinerplatz in Freiburg (Baden-Württemberg) vor der Säule der Toleranz, die mit Farbenspielen den Lärmpegel visualisiert.
    Der Direktor des Tübinger Weltethos-Instituts sagte, Ursache von Intoleranz sei die Omnipräsenz des Fremden in Medien. Früher, als Immanuel Kant den Freiheitsbegriff prägte, mussten die Menschen Reiseberichte lesen oder ins Museum gehen, um sich das Fremde vor Augen zu führen. In den vergangenen 200 Jahren hat sich das Miteinander in der Gesellschaft aber radikal gewandelt. Heute werde die Information über das Fremde "medial nahezu überall und jederzeit aufgedrängt und in einer viel dichteren Weise vorgeführt", sagt der Philosoph Dierksmeier.
    "Das führt bei vielen Menschen dazu", sagte Dierksmeier, "dass sie sehen: Vertrautes veraltert, Bewahrtes bewährt sich weniger, festgeglaubte Gewissheiten zerbröseln. Und dass das Unsicherheit auslöst und Unbehagen, das muss man verstehen. Das heißt aber nicht, das man Handlungen, die aus dieser Unsicherheit und diesem Unbehagen heraus entstehen, damit auch immer gleich rechtfertigen und entschuldigen muss genau dann, wenn sie in die Autonomie anderer Menschen vor allem gewalttätig eingreifen."
    "Was Du nicht willst, dass man Dir tut ..."
    Heute bestimme das "Miteinander frei sein" die Gesellschaften, sagte Dierksmeier. Menschen hätten "das gleiche Recht ungleich sein zu dürfen". Auf dem Grund des Toleranzbegriffes liege die menschliche Selbstbestimmung. Es gehe um die Freiheit, diese zu unterstützen.
    Zudem dürfe das Recht niemals dem Unrecht weichen, sagte der Philosoph, als aktuelles Beispiel nannte er die jüngsten Hooligan-Demonstrationen: Hierzulande werde der Frieden von den Intoleranten gebrochen, aber von den Toleranten, also den Gegendemonstranten, wieder hergestellt. Entscheidend für gelebte Toleranz sei, "dass Toleranz und Versöhnung nur da gemacht werden können, wo sie vorher gedacht wurden". Die Regel "Was Du nicht willst, dass man Dir tut, das füg auch keinem anderen zu" sei in allen heiligen Texten der Menschheit zu finden.
    Sie können das Gespräch bis zum 16. April 2015 nachhören.