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Internet der Dinge
Digitalisierung und die Auswirkung auf den Arbeitsmarkt

Das Internet der Dinge gibt es bereits an vielen Stellen, etwa im vernetzten intelligenten Heim. Und auch die Industrie wird immer vernetzter - Stichwort Industrie 4.0. - und sorgt gleichzeitig womöglich auch für Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt.

Von Jan Rähm |
    Je weiter Automatisierung, Digitalisierung und Vernetzung voranschreiten, um so mehr Aufgaben werden Maschinen für den Menschen übernehmen. Constanze Kurz, Informatikerin und eine der Sprecherinnen des Chaos Computer Clubs:
    "Wenn man der Forschung glaubt, dann sind so zwischen 40 und 60 Prozent der heute geleisteten Arbeitsplätze so nicht mehr vorhanden in sehr naher Zukunft."
    Geht es um Automatisierung, Digitalisierung und Vernetzung, geht es um das Internet der Dinge. Darunter versteht man ein Konzept, nach dem viele Dinge miteinander vernetzt sind und miteinander kommunizieren und interagieren. Die kleinsten Dinge im Internet der Dinge sind kaum größer als ein Fingernagel und doch fast vollständige Mikrocomputer. Meist sind es Sensoren, die allerhand messen: Temperatur, Helligkeit, Feuchte, Geschwindigkeit, Position und mehr. Auch der heimische Herd mit WLAN-Anschluss gehört zum Internet der Dinge, ebenso der Roboter in der Fertigungsstraße bei VW.
    "Mit dem Internet der Dinge, mit Industrie 4.0, sind enorme Produktivitätsfortschritte von bis zu 30 Prozent zu erwarten."
    Matthias Machnig, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium:
    "Es können Kostenreduktionen vorgenommen werden, es können individualisierte Produkte auf den Markt gebracht werden. Es können neue Services entstehen."
    Nur: Mit dem Einzug des Internets der Dinge in die Wirtschaft zieht auch die Angst vor Arbeitsplatzabbau in die Gesellschaft ein. Bedroht sind vor allem Jobs, die technisch gut umgesetzt werden können. Darunter gemäß einer Untersuchung aus dem Jahr 2013: LKW-Fahrer, Lokführer, Kassierer und Finanzbeamte. Die Angst vor dem Arbeitsplatzabbau durch Digitalisierung und Automatisierung betrifft viele Branchen gleichermaßen.
    Schon gibt es Angst vor einem Maschinensturm 4.0. Die Politik gibt Entwarnung. Optimistisch zeigt sich beispielsweise Arbeitsministerin Andrea Nahles. Sie nennt das Arbeiten in der vernetzten Welt Arbeit 4.0:
    "Arbeiten 4.0 heißt, technische Innovationen und soziale Innovationen vorausschauend zusammen zu denken. Arbeiten 4.0 ist Arbeit der Zukunft in ihrer ganzen Vielfalt und Individualität, Arbeit, die die Menschen und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt. Arbeit mit Perspektiven für Junge und Ältere."
    Staatssekretär Matthias Machnig ist zwar auch optimistisch, aber nicht so euphorisch. Er räumt ein, ein paar Arbeitsplätze werden schon wegfallen.
    "In der Tat, Produktivitätssteigerungen können auch damit verbunden sein, dass wir weniger Beschäftigung haben. Gleichzeitig entstehen natürlich neue Businessmodelle. Die Digitalisierung wird zu Berufsbildern führen, für die wir heute noch nicht mal einen Namen haben."
    Damit würden auch neue Jobs entstehen. Die bekommt aber nur, wer mit der digitalen Entwicklung mithalten kann. Das ist ein wunder Punkt: Die Bildung, meint Axel Sikora, Professor für Eingebettete Systeme und Kommunikationselektronik an der Hochschule Offenburg:
    "Ich sehe weniger das Problem darin, dass wir weniger Menschen in der Beschäftigung haben werden, sondern es ist hier viel mehr das Problem in der Schere der Qualifikationen. Das macht sich ja jetzt schon in vielen Bereichen bemerkbar, dass die Anforderung an die gut ausgebildeten Fachkräfte immens steigen, auf der anderen Seite wir einen Niedriglohnbereich haben, der stark wächst und eigentlich die Mitte zunehmend fehlt. Von daher ist es, glaube ich, weniger die Frage der Quantität der Arbeit, sondern der Qualifikation."
    Und die, die intellektuell nicht mitkommen? Die, die abgehängt werden auf dem Arbeitsmarkt?
    "Da will ich nicht drum rumreden, das ist ein Problem."
    Ein Problem, für das Constanze Kurz nur eine Lösung sieht: Die Gesellschaft muss sich radikal ändern.
    "Ich denke, da wird man anders drüber nachdenken müssen, wo die Dividende aus der Automatisierung bleibt und ob sie nicht in zu hohem Maße bei denen bleibt, die die Digitalisierung, Roboterisierung, Automatisierung initiieren."
    Einkommen und Ausgaben des Staates müssten in Teilen radikal umgestellt werden. Zum Beispiel die Besteuerung von Wertschöpfung und Arbeit. Braucht es eine Maschinensteuer? Auch die Versorgung der Menschen müsse neu gedacht werden.
    "Man könnte natürlich im Rahmen dieser Debatte um die Digitalisierung und Automatisierung den ganzen Bereich versuchen, fairer zu regeln. Und dazu ist das Grundeinkommen natürlich sexy."
    Dass das Grundeinkommen in Deutschland umgesetzt wird, glauben selbst viele Befürworter nicht. Und die Idee einer Maschinensteuer? Die wurde schon in den 1970ern-Jahren verlacht. Doch wie mit der Dividende aus der Automatisierung umgehen? Diese Frage bleibt weiter offen.