Die Resonanz war gewaltig im Jahr 1893 - sowohl was die Zahl der Teilnehmer angeht, aber auch, was man sich von diesem Treffen erwartete. Ein zweites Pfingsten sei das, hieß es damals. Rund 4.000 Menschen unterschiedlicher Religionen kamen in Chicago zusammen. Dann interessierte sich erstmal keiner mehr dafür. Und wirkliche Auswirkungen ebenfalls Fehlanzeige. Hundert Jahre hat es gedauert, bis jemand die Idee vom Weltparlament der Religionen wieder ausgegraben hat - jetzt finden diese Veranstaltungen unregelmäßig alle paar Jahre an unterschiedlichen Orten statt. Derzeit in Kanada, in Toronto. Um gemeinsam an einer gerechteren, friedlicheren, nachhaltigeren Welt zu arbeiten, wie es von den Organisatoren heißt. Die Idee dahinter ist eigentlich ziemlich alt. Es geht um einen mutmaßlichen gemeinsamen Kern, der allen Religionen inne ist.
Den hat man mal Weltethos genannt, mal Philsophia perennis. Und wenn man sich gemeinsam auf diesen gemeinsamen Nenner erst mal verständigt, wird alles besser. Beim Kongress in Toronto vor Ort ist Stefan Weidner, Islamwissenschaftler und Publizist.
Die Vertreter unterschiedlicher Religionen diskutieren über Themen wie Klimawandel, Geschlechtergerechtigkeit, Fremdenfeindlichkeit. Es werde sehr kontrovers diskutiert, berichtet Stefan Weidner, aber man sei sich über das gemeinsame Ziel einig. Man wolle entschieden progressiv sein und Hass-Predigten - seien sie religiös oder politisch - etwas entgegensetzen. Es fielen Sätze wie: "Wenn eine Religion Gewalt, Unterdrückung und Ungerechtigkeit unterstützt, dann ist sie satanisch."