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Sportphilosoph Wolfram Eilenberger zum DFB-Team
"Fifa handelt richtig, wenn sie das Feld von politischen Botschaften freihalten will"

Der Publizist und Philosoph Wolfram Eilenberger hat sich im Gespräch mit dem DLF zu den aktuellen Debatten rund um die Fußball-Weltmeisterschaft und insbesondere die Kontroversen um das DFB-Team geäußert. Dabei stellt sich der Philosoph hinter die FIFA und findet die Politisierung des Spielfeldes „höchst problematisch“.

Wolfram Eilenberger im Gespräch mit Dirk Müller |
Die bei der WM in Katar umstrittene One-Love-Armbinde.
Die bei der WM in Katar umstrittene One-Love-Armbinde. (IMAGO / NurPhoto / IMAGO / Alain Pitton)
Wolfram Eilenberger findet die Kritik an der Nationalmannschaft nach der Debatte um die „One Love“-Binde ungerechtfertigt. Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk teilt er seinen Eindruck, dass diese Fußball-Nationalmannschaft, die gerade bei der Weltmeisterschaft in Katar ist, eine der „repräsentativsten und auch intelligentesten ist.“ Daher sei die Kritik, die über die Mannschaft hereingebrochen sei, extrem ungerechtfertigt.
Immerhin haben die Verantwortlichen und vor allem der DFB durch ihr Handeln die Spieler in eine sehr unbequeme Situation gebracht. Diese unbequeme und, laut Wolfram Eilenberger, sogar ungerechte Situation stelle die Spieler vor Anforderungen, die man von ihnen normalmenschlich und auch ethisch nicht verlangen könne.

„Die Politisierung des Feldes ist höchst problematisch“

Der Philosoph stellt den Vergleich mit dem Schweizer Fußballverband an, der seine Spieler politisch entlasten würde. Die Bürde sei für die deutschen Spieler viel zu groß. „Die Politisierung des Feldes ist höchst problematisch“ und bringe Spieler in Situationen, die faktisch unlösbar werden, so Eilenberger, der auch Inhaber einer Trainerlizenz und gleichzeitig aktives Mitglied der Autorennationalmannschaft ist.
Daher glaube er, Politik müsse am rechten Ort und in der rechten Weise stattfinden. „Ich glaube, wenn die FIFA sagt, sie will das Feld als Feld von politischen Botschaften freihalten, dann handelt sie richtig“, sagt Wolfram Eilenberger im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Wir könnten nicht wollen, dass Feld-Auftritte, die unter globaler Beobachtung stehen, vollkommen politisiert werden, so der Philosoph. Der Impuls der FIFA, das Spielfeld frei von politischen Botschaften zu halten sei richtig, so Eilenberger.

Protest der deutschen Mannschaft „gewitzt“

Die Zuschauer würden Eilenberger zufolge auch nicht wollen, dass die nordkoreanische Mannschaft mit einer Binde auflaufe, auf der der Diktator zu sehen sei, oder dass die iranische Mannschaft mit einer Binde, auf dem der Ajatollah zu sehen sei, auflaufen wollen würde.
Wolfram Eilenberger, Schriftsteller und Philosoph
Wolfram Eilenberger, Schriftsteller und Philosoph (picture alliance/dpa | Oliver Berg)
Den Protest der deutschen Mannschaft vor dem ersten Gruppenspiel gegen Japan empfang Eilenberger als „gewitzte“ und „kluge“ Form des Protests. Bei ihrem ersten WM-Auftritt wollte die deutsche Nationalmannschaft (genauso wie sieben weitere europäische Nationalmannschaften) mit einer „One Love“-Kapitänsbinde auflaufen, die stilistisch an eine Regenbogenfahne erinnert, da im WM-Ausrichterland Katar Homosexualität unter Strafe steht. Der Weltfußballverband FIFA verbat diese Binde wenige Tage vor dem ersten Spiel der deutschen Mannschaft, aus Protest hielten sich die Spieler beim obligatorischen Mannschaftsfoto vor der Partie gegen Japan ihre Hände vor den Mund – aus Protest. „Die Mannschaft tritt außerhalb des Feldes sehr bewusst auf, sie markiert ihr Unzufriedenheit. Sie markiert das, was in Katar absolut kritikwürdig ist“, so Eilenberger über das deutsche Team.