Ex-Sportministerin Mărăcineanu
Was von den Spielen in Paris bleiben soll

Sportgroßereignisse wie die olympischen und paralympischen Spiele sollen häufig ein Erbe hinterlassen. Die Spiele in Paris hätten das Land ein Stück geeint, sagt Frankreichs frühere Sportministerin Roxana Mărăcineanu. Olympia habe den Athleten in ihrer Diversität eine wichtige Bühne gegeben.

Roxana Mărăcineanu im Gespräch mit Christian von Stülpnagel |
Frankreich frühere Sportministerin Roxana Maracineanu
Diversität statt falschem Nationalismus - Frankreichs frühere Sportministerin Roxana Maracineanu über die gesellschaftliche Bedeutung der Olympischen Spiele für das Land (picture alliance / abaca | Jacovides Dominique / Pool / ABACA)
Eines der wichtigsten Themen der Olympischen Spiele aus gesellschaftspolitischer Sicht sei eine "größere Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau im Sport", sagte Roxana Mărăcineanu im Deutschlandfunk. Die frühere Weltklasseschwimmerin war von 2018 bis 2022 Frankreichs Sportministerin und in dieser Zeit an der Vorbereitung der Spiele in Paris beteiligt.
Noch während ihrer Amtszeit wurde ein Gesetz verabschiedet, das nationalen und regionalen Sportverbänden in ihren Führungsebenen eine Parität zwischen Männern und Frauen vorschreibt. "Das ist wichtig, weil das tägliche Angebot auch die Probleme von Frauen berücksichtigen muss, während einer Schwangerschaft, nach der Geburt, in der Menopause. Wenn nur Männer in den Führungspositionen sitzen, kommt das meistens zu kurz", sagte Mărăcineanu.

"Großes Problem mit Gewalt im Sport"

Der Sport diene hier als Schaufenster für den Rest der Gesellschaft, so die frühere Weltklasseschwimmerin. Er könne animieren, über diese Themen nachzudenken. Und er liefere außerdem "ein ganz anderes, diverseres Frauenbild, abseits der gängigen Stereotypen die man sonst häufig in der Kultur oder im Kino sieht". Die Olympischen Spiele hätten es zudem ermöglicht, den Fokus auf das Thema Gewalt zu setzen. Es gebe "ein großes Problem mit Gewalt, gerade mit sexueller Gewalt im Sport".
Die Olympischen Spiele und die Paralympics fielen in eine Zeit großer politischer Unsicherheit in Frankreich, mit der schwierigen Regierungsbildung nach der Auflösung des Parlaments im Juni und den anschließenden Neuwahlen. Die Bilder der Olympischen Spiele vor der Pariser Kulisse hätten die Franzosen wieder ein Stück weit geeint, meinte die frühere Sportministerin. Auch der freundliche Umgang mit den Gästen aus dem Ausland habe den Franzosen "unglaublich gutgetan". Diesem guten Verhältnis den Besuchern gegenüber habe sich das Land erstmal wieder vergewissern müssen, nachdem es bei den Wahlen ganz knapp an einer Mehrheit für die rechtspopulistische Partei Rassemblement National vorbeigeschrammt sei.

Olympia in Paris: "Alle wieder unter französischer Flagge vereint"

"Ich glaube, diese Spiele haben alle wieder unter der französischen Fahne vereint. Einer Flagge, die leider in der heutigen Zeit von einem falschen Nationalismus vereinnahmt wird. Aber ich glaube, diese Spiele haben diese Flagge ein Stück weit zurückgewonnen. Sie haben gezeigt: Auch Personen, die von außerhalb kommen, haben ihren Platz bei uns, wir können respektvoll und verständnisvoll zusammenleben" sagte die gebürtige Rumänin, die als Neunjährige mit ihren Eltern nach Frankreich übergesiedelt war. "Es war wichtig, dass wir uns dem wieder klarwerden. Da spreche ich nicht nur für Frankreich, ich spreche für Länder in ganz Europa und weltweit."
Von den Spielen sollten nicht nur die schönen Bilder bleiben, sondern vor allem die vielen Sportler, die ihre Werte vertreten hätten, sagte Mărăcineanu. "Ihnen in all ihrer Diversität eine Bühne zu geben, war gut. Und ich hoffe wirklich, dass sie sich weiter in die öffentliche Debatte einbringen."