"Was wir in Russland haben ist eigentlich das Vorliegen einer gekränkten Großmacht", erklärte Margareta Mommsen. Die führenden russischen Kräfte würden davon ausgehen, dass ihr Land vom Westen in den letzten zwei Jahrzehnten nicht respektvoll genug behandelt worden sei. Dieser Respekt werde nun eingefordert.
Seit Mitte der 90er-Jahre bemühe sich Russland, so die Politikwissenschaftlerin, den Geltungsanspruch als Weltmacht einzufordern und eine multipolare Welt zu konzipieren, in der Russland mindestens einen der wichtigsten Machtpole bildet. Dabei sei für den Kreml wichtig, dass kein Problem der Welt ohne ihr Zutun gelöst werden könne.
Der Westen habe die Dimension des Geltungsanspruchs zu spät in ihren Auswirkungen wahrgenommen, sagte Mommsen. Man hätte mehr auf die russischen Befindlichkeiten eingehen können. Mommsen vermutet bei Putin noch Raum für Kompromisse, doch müsste der Westen über seinen Schatten springen und Russland " zu erkennen geben 'ohne Euch geht es nicht'". Die Einschätzung der Politikwissenschaftlerin: "Russland muss somit hofiert werden" und es sollte betont werden, dass Russland den Ukraine-Konflikt mit löse.
Die Gespräche über den Ukraine-Konflikt müssten weitergeführt werden, aber nicht nur von deutschen Spitzenpolitikern.Die EU und auch die USA müssten sich ins Spiel bringen, so Mommsen.
Das Interview können Sie mindestens fünf Monate nachhören.
Margareta Mommsen ist eine deutsche Politikwissenschaftlerin. Sie studierte die Fächer Politikwissenschaft und Osteuropäische Geschichte an der Université Libre de Bruxelles und der Universität Heidelberg. 1972 promovierte sie in Heidelberg mit der Arbeit "Die österreichische Proporzdemokratie und der Fall Habsburg". Ihre Habilitation erfolgte 1985 an der Ruhr-Universität Bochum. Im Jahr 1986/87 hatte Mommsen eine Lehrstuhlvertretung an der Universität-Gesamthochschule Duisburg inne. 1988/89 lehrte sie als Professorin für Politikwissenschaft an der Universität der Bundeswehr in Hamburg. Von 1989 bis zu ihrer Emeritierung im Jahr 2003 war sie Lehrstuhlinhaberin für Politikwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Ihre Forschungsschwerpunkte sind das politische System in Russland, die politischen Systeme Osteuropas und der Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie der Systemvergleich und der Systemwandel.
Ihre Forschungsschwerpunkte sind das politische System in Russland, die politischen Systeme Osteuropas und der Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie der Systemvergleich und der Systemwandel.