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Steigende Energiepreise
Frei (CDU): Spritpreise für viele existenzbedrohend

Die Regierung müsse auf die stark gestiegenen Spritpreise reagieren, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, im Dlf. Er forderte, dass die Bürger über Steuersenkungen an der Tanksäule entlastet werden. Derzeit verdiene der Staat an der Krise mit.

Thorsten Frei im Gespräch mit Dirk Müller |
Symbolfoto Benzinpreis
Im Interview im Deutschlandfunk forderte Thorsten Frei, dass die Bürger über Steuersenkungen an der Tanksäule entlastet werden (picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopres)
Beim tanken, beim einkaufen, beim heizen: Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch in Deutschland auf die Verbraucher aus. Angesichts der steigenden Energiepreise haben Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner Hilfen für die Bürger angekündigt. Bei Strom, Wärme und Mobilität müsse es Erleichterungen geben, kündigte Habeck an.
Bundesregierung will Bürger entlasten
Auch die Union plädiert inzwischen für Entlastungen. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, sagte im Dlf, die Sprit-Preise befänden sich in einem Bereich, der für viele Menschen existenzbedrohend sei. Den Menschen müsse jetzt geholfen werden, dafür könnte Mehrwert- und Energiesteuer eine Mittel sein.
Frei ergänzte, aktuell verdiene der Staat an der Krise mit. "Wenn die Grundpreise bei Sprit und Energie steigen, hat es natürich auch Auswirkungen auf die Mehrwertsteuer. Jedes Prozent Inflation führt zu mehr Einnahmen. Davon profitiert der Staat und wir möchten, dass der Staat etwas zur Abbremsung der Preise tut, an dieser Stelle muss der Staat den Bürgern das Geld wieder zurück geben."

Das Interview in voller Länge:

Dirk Müller: Die Kosten an den Tankstellen klettern immer weiter in die Höhe. Benzin und Diesel haben vielerorts an diesem Wochenende die Marke von 2,30 Euro gerissen. Gerade auch Speditionen warnen nun vor zu hohen Transportkosten, warnen vor Lieferausfällen bei Lebensmittelfuhren zum Beispiel. So steigen die Preise auch in den Supermärkten. Der Discounter Aldi rationiert zum Beispiel den Verkauf von Speiseöl. Auch Gas, Öl und Strom wird insgesamt teurer, Tag für Tag. Die Kritik an der Politik wird zunehmend lauter, denn der Staat kassiert kräftig mit, wenn die Energiepreise steigen. Christian Lindner will nun Rabatte für Auto- und LKW-Fahrer und Robert Habeck will Effizienzmaßnahmen auf den Weg bringen, was immer das auch heißt. Und die Union will Steuersenkungen, Spritpreisbremse ist hier das Stichwort. – Am Telefon ist nun Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Fraktion im Bundestag. Herr Frei, wissen Sie genau, dass der Staat auf einmal so viel Geld in der Kasse hat?
Thorsten Frei: Ja, selbstverständlich! Angesichts der stark gestiegenen Spritpreise wachsen natürlich die Steuereinnahmen auch mit. Das gilt sowohl für die Energie-, die Mineralölsteuer, als auch insbesondere die Mehrwertsteuer, die umso höher wird, je höher der Ausgangspreis ist.

"Wir haben einzigartige Spritpreise"

Müller: Das war nicht im vergangenen Jahr der Fall? Da sind die Spritpreise auch gestiegen und da haben Sie in der Regierungsverantwortung ja auch nichts zurückgegeben.
Frei: Sie haben es ja selber in Ihrer Anmoderation gesagt: Wir haben einzigartige Spritpreise. Wenn man heute zweimal am gleichen Tag an der Tankstelle vorbeifährt, dann kann man mitunter gewaltige Preissprünge sehen. Deswegen sind wir jetzt in einem Bereich, den wir bisher nicht kannten und der für viele Menschen auch tatsächlich existenzbedrohend ist. Das gilt für diejenigen, die damit ihr Geld verdienen. Das gilt aber auch für diejenigen, die mit knappem Geldbeutel jeden Tag zur Arbeit müssen und andere Verpflichtungen haben.

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Müller: Ich will da aber noch einmal nachfragen. Sie kennen ja auch noch die Ein-Euro-Debatte. Ein Euro hat der Sprit noch gekostet, nicht lange her. Viele, viele Monate zurück, aber knapp ein Jahr. Da hat es dieses Niveau gegeben. Dann ist es immer weiter nach oben geklettert, hatten Sie in der Unions-Fraktion kein Problem damit. Warum jetzt?
Frei: Ich sagte es bereits. Wir sind jetzt in einem Bereich, der bisher nie da gewesen ist. Wir haben stark steigende Preise, nicht etwa um einige Cent, sondern wir sind da in größeren Bereichen. Deswegen gilt es zu reagieren. Ich glaube, das ist unbestritten, dass diese Situation singulär ist. Es ist im Übrigen von uns auch nicht gesagt worden, dass dafür die Regierung alleine verantwortlich wäre. Das wäre ja völlig falsch. Das sind die politischen Rahmenumstände. Das ist die Verknappung, das ist die Kappung von Lieferketten und anderem mehr. Aber darauf muss man reagieren und ich glaube, es ist in dieser Situation vor allen Dingen richtig, dass sich der Staat nicht auch noch an Krieg und Krise bereichert. Das tut er eben, wenn er im Bereich der Mehrwertsteuer nichts tut, sondern einfach kräftig mitkassiert.
Müller: Das hat der Finanzminister ja abgelehnt. Sie wollen Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer, Energiesteuer senken und Christian Lindner hat zunächst einmal an diesem Wochenende – wir wissen nicht ganz genau, was er so will – gesagt, das kommt nicht in Frage. Aber Gutscheine, Rabattscheine, wie auch immer das funktionieren soll, beim Einlösen der Rechnung an der Tankstelle. Wenn das zum Tragen kommt, würden Sie da mitmachen?

Menschen im ländlichen Bereich sind auf das Auto angewiesen

Frei: Ganz ehrlich, Herr Müller - auch ich weiß nicht, was Christian Lindner eigentlich will. Vielleicht weiß er es sogar selber nicht, weil er gestern dem Tagesspiegel und auch der FAZ noch gesagt hat, dass er gegen eine Spritpreisbremse ist, wie immer man die auch ausgestaltet, ob das eine Steuersenkung ist oder ob das ein Rabattmodell ist. Am Ende sind es technische Fragen. Er hat gestern noch der Union vorgeworfen, wir würden Vorschläge machen, die im Haushalt nicht gegenfinanziert sind. Gestern Abend rudert er dann zurück und macht selber einen solchen Vorschlag. Die Bundesregierung sollte sich schon mal überlegen, was sie denn eigentlich möchte und wie sie in dieser Situation reagieren möchte. Für uns ist nicht die Technik entscheidend. Für uns ist entscheidend, dass die Bürgerinnen und Bürger, auch die Wirtschaft an der Tanksäule entlastet wird, und deswegen sind wir gerne bereit, über alle möglichen Modelle zu sprechen.
Müller: Schmerzgrenze zwei Euro, oder warum werden Sie jetzt aktiv?
Frei: Ich will das nicht an einer Schmerzgrenze festmachen. Aber klar ist, wir haben jetzt deutlich die zwei Euro überschritten. Und wenn Sie sich vorstellen, dass die allermeisten Menschen im Monat eben so rumkommen, dann bedeutet das insbesondere, wenn sie im ländlichen Raum wohnen, wo sie auf das Auto angewiesen sind, wo sie nicht ohne weiteres auf öffentlichen Personennahverkehr umsteigen können, dass sie immer tiefer in die Tasche greifen müssen, einen immer größeren Anteil des Geldes letztlich für die Mobilität ausgeben müssen. Die Steuer ist deshalb ein guter Ansatzpunkt, weil beispielsweise eine Entschädigung über die Pendlerpauschale erst mit einem Jahr Verzug angerechnet werden könnte. Deshalb gilt: Egal wie man es macht, den Menschen muss jetzt geholfen werden. Dafür könnte die Mehrwertsteuer und auch die Energiesteuer ein probates Mittel sein.
Müller: Ich will jetzt hier nicht permanent mit der Mottenkiste kommen, Herr Frei. Da gehen Sie ja auch konstruktiv mit um. Aber die Energiepreise, die Heizpreise, die Strompreise sind auch eklatant gestiegen im vergangenen Jahr, vor der Ukraine-Krise. Da haben Sie auch nur zugesehen. Stimmt das? Wenn Sie lachen heißt das, es stimmt?
Frei: Nein, die Preise sind gestiegen. Da haben Sie recht. Aber die Frage ist ja, in welchem Bereich sie steigen. Dass die Preise steigen, das wussten alle Beteiligten allein schon durch die politischen Entscheidungen, die wir in Deutschland getroffen haben.
Müller: Eklatant sind sie gestiegen, Sie haben die Entscheidungen mitgetragen.

"Wir versprechen nicht das Blaue vom Himmel herunter"

Frei: Ja, genau. Wir haben sie mitgetragen. – Jetzt haben wir aber eine förmliche Explosion der Preise und darauf muss man reagieren. Das ist unser Ansatz. Der ist im Übrigen höchst konstruktiv. Wir versprechen nicht das Blaue vom Himmel herunter, sondern wir versuchen, ein Problem zu analysieren und dafür Lösungsvorschläge zu machen. Und Sie sehen ja auch, mit einem gewissen Verzug geht die Bundesregierung ja auch darauf ein.
Müller: Jetzt noch mal die Frage: Gegenfinanzierung. Gehört ja mit zur konstruktiven Opposition. Da sagen Sie, ist kein Problem, weil wir haben ja die Einnahmequelle, die Steuern. Aber die hat der Staat ja immer. Die braucht er ja auch und vor allen Dingen setzt er diese Einnahmen ja auch ein. Das heißt, woher kommt das Geld?
Frei: Ich sage natürlich nicht, dass es kein Problem ist. Aber wenn Sie sich das mal anschauen: Wenn die Grundpreise beim Sprit, bei Energie insgesamt permanent steigen, dann hat das natürlich auch Auswirkungen auf die Mehrwertsteuer, die mit 19 Prozent da draufgeschlagen wird. Und wir wissen ja auch, dass beispielsweise jedes Prozent Inflation beim Staat zu Steuermehreinnahmen von etwa zehn Milliarden Euro führt. Das heißt, wir haben insgesamt eine Situation, in der wir mit einem Krieg in Europa konfrontiert sind, mit einer Krise, die sich auch bei uns abspielt, insbesondere im Energiemarkt, aber auch in anderen Bereichen, und davon profitiert derzeit der Staat. Das ist im Grunde unbestritten. Deshalb möchten wir, dass der Staat zumindest dort, wo er Einfluss nehmen kann, auch tatsächlich etwas zur Abbremsung der Preise tut.
Müller: Sie sagen, das sind Überschüsse, die braucht der Staat nicht?
Frei: Der Staat braucht immer Geld. Das ist nicht die Maßgabe. Aber ich bin davon überzeugt, dass er an dieser Stelle den Bürgerinnen und Bürgern das Geld wieder zurückgeben muss.
Müller: Wenn im öffentlichen Nahverkehr die Preise steigen und steigen und steigen, gibt es dann auch demnächst irgendetwas zurück als Kompensation?
Frei: Derzeit steigen im öffentlichen Personennahverkehr die Preise ja nicht. Darüber entscheiden in der Regel die Stadt- und Landkreise, wenn sie ihre Preisfestlegungen machen.
Müller: Bei der Bahn sind sie auch gestiegen.
Frei: Ja, aber sie sind derzeit nicht so gestiegen, wie das in anderen Bereichen der Fall ist. Im Zweifel wird man auch sich das genau anschauen müssen. Da treffen Sie natürlich einen Punkt, Herr Müller. Denn im Grunde genommen muss es unabhängig von der Frage des Fortbewegungsmittels möglich sein, dass man zur Arbeit kommen kann, dass man die Dinge des täglichen Bedarfs auch erledigen kann.
Müller: Noch ein umstrittenes Thema, auch in Ihrer Partei, zumindest noch nicht zu Ende diskutiert: Der Stopp von möglichen russischen Importen, was Öl anbetrifft, was Gas anbetrifft. Haben Sie da eine klare Position?
Frei: Na ja. Zunächst einmal ist es so, dass wir erstens jederzeit damit rechnen müssen, dass Lieferungen auch von russischer Seite gestoppt werden, dass das als Druckmittel auch gegen uns eingesetzt wird. Zum anderen ist es so: Wir haben ein hohes Maß an Abhängigkeit von russischen Rohstoffen. Das gilt bei Öl, das gilt bei Kohle und ganz besonders bei Gas. Ich bin schon davon überzeugt, dass wir in dieser Situation, in der Russland nicht nur sein Nachbarland überfallen hat, in der wir Bilder sehen, wo beispielsweise Kinder- und Entbindungskrankenhäuser bombardiert werden, Krieg gegen die Zivilbevölkerung geführt wird – da, glaube ich schon, müssen wir uns darüber Gedanken machen, wie wir Russland treffen können bei Wirtschaftssanktionen, und da muss man, glaube ich, einfach auch so klar sein zu sagen, das wird auch uns betreffen. Das wird nicht alleine dadurch gehen, dass wir uns schadlos halten können in Deutschland, sondern wir werden dann, wenn wir unsere Werte verteidigen, auch bereit sein müssen, selber einen Preis dafür zu zahlen.
Müller: Jetzt haben wir nur noch wenige Sekunden. Um die Antwort noch einmal auf den Punkt zu bringen: Importstopp ja oder nein?
Frei: Das muss man differenziert angehen. Wir haben den Vorschlag gemacht, dass man Nord Stream 1 nicht mehr nutzt. Ich glaube, dass man mit einer differenzierten Lösung einen entsprechenden Schlag gegen die russische Wirtschaft schaffen kann, ohne die Deutschen zu stark zu schädigen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.