"Ich glaube, dass die Technologie des Darknets immer wichtiger wird für Journalisten", sagt Daniel Moosbrugger von der Organisation "Reporter ohne Grenzen". Daniel kommt gerade von einem Training mit türkischen Journalisten, denen er gezeigt hat, wie man das Darknet für journalistische Zwecke nutzt.
"Das Darknet ermöglicht es ja, anonym Inhalte auszutauschen jeglicher Art. Und für Journalisten besteht der ganz praktische Nutzen dabei zum Beispiel darin, innerhalb der Redaktion einen E-Mail-Service, einen Chat-Service aufzusetzen. Der große Vorteil ist eben: Wenn mal die Polizei kommt oder wenn man unter Überwachung steht, wird das im Regelfall nicht bekannt. Also wenn ich als Journalist verhaftet werde, ist es relativ naheliegend, dass ich vielleicht ein Gmail-Konto habe, wo dann auch E-Mails sind, die dann beschlagnahmt werden können. Das ist im Darknet-Technologien weitaus schwieriger der Fall."
Mehr als krimineller Marktplatz
Das Darknet ist bekannt als dunkles Gegenstück des Internets, als riesiger Marktplatz, auf dem man anonym von Drogen und Waffen bis hin zu Auftragsmorden und Kinderpornografie alles erstehen kann, was das kriminelle Herz begehrt. Was weniger bekannt ist: Es ist auch Rückzugsort und Operationsbasis für Menschenrechtler, Whistleblower und Journalisten, die in der Anonymität Schutz vor ihren politischen Verfolgern suchen.
Jetzt haben auch ganz normale etablierte Zeitungen und Verlage ihre Dependancen im Darknet eingerichtet. Hidden services, wo Informanten und Whistleblower anonym geheime Informationen hinterlassen können. Der Heise-Verlag aus Hannover betreibt einen solchen Service.
"Das ist ein Postfach, also wenn sie ganz normal auf den Webserver gehen, dann gibt es dort Hinweise, wie sie ins Darknet kommen können. Und dann ist da eine Anleitung, wie Sie mit uns in Kontakt treten können über eine sogenannte Onion-URL, also eine Darknet-Adresse", sagt Holger Bleich, Redakteur des Heise-Verlags. Damit diese Fächer absolut sicher sind, wird eine bestimmte Software eingesetzt, die von der US-amerikanischen "Freedom Of The Press Foundation" programmiert wurde.
Fast täglich relevante Informationen
"Alle zwei, drei Tage sind da schon relevante Informationen, die wir erhalten und wir arbeiten auch mit anderen Redaktionen zusammen. Was wir sehr oft erhalten, sind interne Informationen aus Unternehmen und politisch relevante Informationen auch von Leuten, die in anderen Staaten politisch aktiv sind. Das ist halt für uns direkt nicht so relevant. Das Problem ist: Leute wenden sich ziemlich oft an uns einfach, weil es kein anderes deutschsprachiges Medium gibt, das einen so sicheren Service anbietet wie wir."
Die New York Times machte seit Ende Oktober 2016 ihre kompletten Inhalte in der digitalen Unterwelt verfügbar, ebenso wie die Washington Post und das norwegische Dagbladet. Wichtige zivilgesellschaftliche Organisationen empfehlen den Weg über das Darknet, etwa "Reporter ohne Grenzen" und die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch".
Das Darknet gilt heute als Gegenprojekt zu Regierungen, die jegliche digitale Lebensäußerung sammeln, speichern und auswerten wollen.
Schutz im Darknet
Daniel Moosbrugger von "Reporter ohne Grenzen" nennt das Beispiel Syrien: "Dort war es eben so, dass das syrische Internet 2010/2011 zunehmend zensiert wurde. Und was dort Aktivisten gemacht haben: die haben dort ihr Material hochgeladen – Videos, Fotos – und haben dann diese Links an westliche Redaktionen geschickt. Das Darknet war das Nadelöhr, dann konnten eben westliche Medien über die wahren Zustände in Syrien berichten."
Freiraum Darknet? Holger Bleich ist davon überzeugt. "Weil: das Darknet ist negativ vorbelastet durch die Berichterstattung und es ist eine technisch neutrale Plattform und es ist halt eine Möglichkeit anonym zu kommunizieren und das wird halt genauso von Kriminellen genutzt wie von politischen Dissidenten, die genau auf sowas dann angewiesen sind. Aber genau deshalb kann man das Darknet nicht grundsätzlich verteufeln. Also dagegen verwehre ich mich auch strikt."