Ponomarev, Ismaik, Kivran – bei diesen Namen zucken Anhänger der 3. Liga zusammen. Denn diese Investoren haben in den vergangenen Jahren versucht, jeweils einen Drittligisten mit finanzieller Gewalt in die Bundesligen zu führen. Alle drei sind gescheitert und haben Scherbenhaufen in Form von Schulden hinterlassen.
Türkgücü München, der Verein von Hasan Kivran, musste sich vor einigen Wochen sogar aus dem Spielbetrieb zurückziehen. Die Zukunft des Migrantenclubs ist ungewiss.
Vabanquespiel in wirtschaftlich volatiler Liga
Der Einfluss unzuverlässiger Geldgeber besorgt einige in der ohnehin wirtschaftlich volatilen 3. Liga, die aufgrund des notwendigen Personalaufwandes in Verbindung mit den geringen Erlösen aus Fernsehgeldern für viele Vereine zu einem Vabanquespiel wird.
Aus diesem Grund gehen einige große Risiken ein, wie Andreas Rettig, der Vorsitzende der Geschäftsführung von Drittligist Viktoria Köln, erklärt: "Das ist leider ein großes Problem, warum die Türkgücüs dieser Welt und die KFC Uerdingens in diese Abhängigkeit kommen. Weil es werden auf Pump und auf Basis von dem Vorgriff auf zukünftige Erlöse Darlehen aufgenommen bei diesen Investoren."
Keine selbstlosen Gönner
Denn die Geldgeber sind in der Regel keine selbstlosen Gönner, die Mittel einfach an ihre Vereine verschenken. Allerdings entsteht so eine Spirale, wenn die Ausgaben etwa für die teuren Spielerkader nicht gesenkt werden.
Rettig weiter: "Um die Lücke zu schließen zwischen dem Gap der selbst erwirtschafteten Einnahmen und der zu hohen Ausgaben, verschulden sich die Vereine quasi bei ihrem Gönner, bei den Ponomarevs dieser Welt oder Kivran oder wie sie alle heißen, und begeben sich dann immer mehr in diese Abhängigkeit, indem sie nämlich diese Verbindlichkeiten vor sich herschieben. Weil wenn sie den Etat jetzt schon nicht decken können, dann werden sie ihn am Ende, wenn sie weitere Schulden aufnehmen, erst recht nicht decken können. Es sei denn, sie haben einen außerordentlichen sportlichen Erfolg durch Aufstieg. Das ist ja genau das Prinzip: Die Wette auf die Zukunft, zu glauben, wenn wir aufsteigen, dann kommen die Millionen vom Himmel geregnet."
Der "Return on Investment" könnte bei 100 Prozent liegen
So ganz falsch ist dieses Bild gar nicht. Denn in der 2. Bundesliga sind gerade die Fernsehtöpfe signifikant größer. Vor der Corona-Pandemie wurde davon gesprochen, dass die Rendite für einen Anteilskäufer eines Clubs bei einem Aufstieg von der 3. Liga in die 2. Bundesliga enorm wäre, der "Return on Investment" könnte bei 100 Prozent oder mehr liegen. Das verlockt zum Zocken.
Geschafft haben den Aufstieg allerdings weder Mikhail Ponomarev mit dem KFC Uerdingen noch Hasan Ismaik mit 1860 München noch der erwähnte Hasan Kivran mit Türkgücü München.
"Krasse Umgehungstatbestände von 50+1"
Für problematisch hält Kicker-Redakteur Benni Hofmann bei den genannten Fällen auch die Einflussnahme dieser Gönner. Denn eigentlich gilt die 50+1-Regel, wonach die Vereine selbst die Entscheidungsgewalt stets innehaben sollten.
Hofmann meint: "Alle drei sind krasse Umgehungstatbestände von 50+1, jeweils abhängig von einem Investor, der alles nach Gutsherrenart machen möchte. Und alle drei Modelle sind krachend gescheitert. 1860 erholt sich jetzt gerade, aber ein Glanzstück war es auch nicht."
Chien Lee investiert bei Kaiserslautern
Doch fernab dieser Negativbeispiele besteht das Interesse von Investorenseite weiterhin an Profivereinen, auch in der 3. Liga. Erst im März gab der 1. FC Kaiserslautern bekannt, dass die Pacific-Media-Group knapp unter zehn Prozent der Anteile an der ausgegliederten GmbH & Co. KGaA, unter deren Dach die Drittligamannschaft spielt, erworben hat.
Einer der involvierten Investoren ist Chien Lee von NewCity Capital, der bereits Anteile an sieben weiteren Vereinen in ganz Europa erworben hat. Er erklärt: "Unsere Vision besteht darin, in den europäischen Fußball langfristig zu investieren. Wir kaufen keine Trophäen. Wir investieren in zweit- und drittklassige Klubs - und manchmal in Erstligaclubs, wenn sich diese in Schwierigkeiten befinden."
Auch der 1. FC Kaiserslautern hatte in der jüngeren Vergangenheit wirtschaftliche Probleme. 2019 standen die Spiellizenz und damit die Zukunft des Traditionsvereins auf dem Spiel. Mittlerweile hält die regionale Investorengruppe Saar-Pfalz-Invest ein Drittel der Anteile.
An der Disziplin hapert es oft bei den Investoren
Und auch für Chien Lee und seine Partner ergab sich eine Möglichkeit einzusteigen und etwas von der 3. Liga aus aufzubauen. Motiviert habe ihn die große Anhängerschaft und regionale Leuchtturmstellung des Vereins.
Lee war letztens beim Derby gegen den 1. FC Saarbrücken zugegen, als der Betzenberg ausverkauft war. Eine Kulisse von 46.895 Zuschauern verfolgte den Sieg von Lautern, dessen neuer Minderheitseigner nun mit seinem Netzwerk die internationale Vermarktung vorantreiben will.
Laut eigener Aussage habe sich Lee vor seinem Einstieg intensiv mit der 3. Liga, besonders mit dem Fall Türkgücü, auseinandergesetzt. Er selbst vertritt nach außen hin die Devise des seriösen Kaufmanns: "Ich bin davon überzeugt, dass du in der Fußballindustrie eine ausgeglichene Bilanz brauchst. Das ist das Wichtigste. Manchmal investiert man sehr viel Geld, aber es ist keine Garantie, dass Erfolg eintritt. Man muss smart und diszipliniert sein."
Disziplin haben allerdings zuletzt nicht alle Investoren an den Tag gelegt.