Schon Vancouver, London und Rio de Janeiro haben die Host City Verträge öffentlich gemacht, einzige Ausnahme war Sotschi 2014. Rechtsanwalt Mark E. Orth hat als Lehrbeauftragter der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur das Thema mit seinen Studenten intensiv untersucht. Er erläutert: "Es war immer so, dass das IOC mit der Veröffentlichung kein Problem hat. Wenn Sie einen Vertrag mit zwei Partien haben, dann müssen beide Parteien zustimmen, dass der Vertrag zugänglich gemacht wird."
Im vergangen Jahr hatte mit Oslo auch eine Bewerberstadt den Vertragsentwurf mit dem IOC publiziert. Trotz dieser Transparenzoffensive stieg Oslo aber wie andere Bewerber im Rennen um die Winterspiele 2022 aus. Und so blieb nur die Wahl zwischen Almaty und Peking. Die Vergabe der Winterspiele 2022 an Peking hat wegen Chinas Verstößen gegen die Menschenrechte weltweit für Empörung gesorgt. Letzte Hoffnung ist für viele Kritiker die Aufnahme der Olympischen Charta in dem überarbeiteten Vertrag. In dem Grundsatzpapier wird die Verletzung der Menschenrechte strikt untersagt.
Entzug der Spiele nur nach Abmahnung
Für Rechtsanwalt Orth ändert sich nichts: "Dass die IOC-Charta jetzt direkt im Vertrag steht und nicht mehr darauf Bezug genommen wird, ändert meines Erachtens an der Rechtslage nichts. Verschiedene Gerichte, etwa der High Court of Australia hatte schon bei früheren Entscheidungen diese Charta berücksichtigt. Auch wenn nur Bezug darauf genommen wird und nicht direkt erwähnt."
Der Richter erkannte den Vertrag auch in seiner alten Form an. Gleichzeitig stellte er klar: Bei einem Verstoß gegen die Charta von Seiten des Organisationskomitees kann das IOC einem Ausrichter die Spiele nicht direkt entziehen, erst nach einer Abmahnung. Auch andere Gerichte haben ähnlich entschieden: "In der Vergangenheit haben sich kanadische, amerikanische Gerichte ausführlich mit dem Host City Vertrag beschäftigt. Und keines dieser Gerichte hat nur annähernd den Vorwurf der Sittenwidrigkeit oder Unzulässigkeit dieser Verträge geäußert."
Risiken beim OK, Profite beim IOC
Auch die Gutachten von Olympia-Gegnern, die dem IOC unter anderem Knebelverträge vorwerfen, können den Kartellrechtsexperten nicht überzeugen: "Wenn man sich die anschaut, dann steht da ausdrücklich drin, dass sie die zivilrechtliche Wirksamkeit nicht überprüft haben. Die taugen nicht dazu, den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu begründen."
Nur die Beteiligung des Organisationskomitees an einigen Erlösquellen war genau definiert, andere waren nicht explizit geregelt. Insgesamt, so der Vorwurf, seien die Risiken beim Organisationskomitee, die Profite beim IOC. Für Jurist Orth stellt sich die Sachlage anders da. "Das ist in einem Franchisevertrag üblich, dass diese Anteile nicht so bestimmt sind. Am Ende des Tages verfolgen beide Parteien dasselbe wirtschaftliche Ziel. Um es mit dem OLG Düsseldorf zu sagen: Als Franchisegeber ist man auf den wirtschaftlichen Erfolg des Franchisenehmers angewiesen, anderenfalls liegt das eigene Geschäft binnen kurzer Zeit am Boden."
Fazit: Es gibt kaum Veränderungen im reformierten Vertrag. Beispielsweise hat das IOC die Steuerbefreiungen für die olympische Bewegung reduziert. Der er frühere Kontrakt war nach Meinung von Orth aber auch nicht so schlecht, wie er oft geredet wurde.