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IOC-Präsident
Der Diplomatenpass des Thomas Bach

Seit mehr als 22 Jahren besitzt der IOC-Präsident Thomas Bach einen Diplomatenpass. Das hat bei vielen Politikern und Staatsrechtlern für Irritationen gesorgt. Das Auswärtige Amt hat nun das besondere Privileg für den Funktionär begründet.

Von Thomas Kistner |
    IOC-Präsident Thomas Bach spricht bei der IOC-Vollversammlung am 1. August 2016 in Rio de Janeiro.
    Warum besitzt der IOC-Präsident Thomas Bach einen Diplomatenpass? (dpa / picture-alliance / How Hwee Young)
    Politiker und Staatsrechtler rügen das Privileg für den Olympia-Funktionär Thomas Bach, das mit den Vergabe-Regularien nicht vereinbar ist. Neben hohen Politikern und Diplomaten steht der Pass zwar in Ausnahmefällen Personen zu, die im "amtlichen Auftrag oder in besonderem deutschen Interesse" unterwegs sind. Beides traf über Dekaden nicht auf den geschäftstüchtigen Wirtschaftsanwalt zu.
    Nun legt das Auswärtige Amt erstmals Begründungen für den Diplomatenpass für Thomas Bach vor - und verschärft die Irritation. Auf Anfrage des Grünen-Abgeordneten Öczan Mutlu teilt die Behörde mit, Bach sei im Juli 1994 "für die Zeit seines Vorsitzes in der IOC-Evaluierungskommission für die Winterspiele 2002" ein Diplomatenpass erteilt worden. Danach habe er den Pass wegen seiner IOC-Funktion "vor dem Hintergrund des besonderen deutschen Interesses an der Förderung der olympischen Bewegung" erhalten.
    Substanzlose Begründungen
    Die Begründungen wirken substanzlos. Insbesondere die Chefs der olympischen Prüfungskommissionen werden in den Bewerberstädten wie höchste Staatsgäste hofiert; den Affront, einem IOC-Chefinspektor das geringste Einreise-Problem zu bereiten, dürfte sich ein Kandidat mit Ambitionen gar nicht leisten. Zum anderen dürfen IOC-Mitglieder laut Charta keinerlei nationale Interessen verfolgen, sie haben im Gegenteil nur die IOC-Interessen in ihren jeweiligen Ländern zu vertreten. Selbst beim Auswärtigen Amt klingt Distanz zu der Causa durch - es teilte mit, aus den noch verfügbaren Akten jener Zeit sei nicht zu entnehmen, "worin damals das besondere deutsche Interesse gesehen wurde".
    Bach selbst äußert sich nicht zu konkreten Fragen. Sportausschuss-Mitglied Mutlu ist "stark verwundert", dass just der IOC-Boss, der ausschließlich im Sinne des IOC handeln müsse, "auf einmal auch die deutschen Interessen im Ausland vertreten" solle. Das sei der Job von Sportminister und Politikern.