Das Internationale Paralympische Komitee unter dem Vorsitz des Briten Sir Philip Craven hatte Russland von den Paralympics in Rio ausgeschlossen. Nun rief ein Lockvogel für das russische Fernsehen bei Craven an und gab sich als der ehemalige US-Hürdenläufer Edwin Moses aus.
Craven: "IOC-Mitglieder haben Angst vor Bach"
Gemeinsam plauderten sie über Russland und den deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach. Und Craven redet in dem mitgeschnittenen Gespräch Klartext.
"Was mich beunruhigt ist, dass einige führende Mitglieder des IOC anscheinend Angst vor Bach haben", sagte Craven. "Die öffentliche Meinung auf der ganzen Welt ist gegen ihn, besonders in Deutschland. Deutschland kann ihn nicht ausstehen. Angela Merkel kann ihn nicht ausstehen, die Kanzlerin."
Craven ging auch auf die unterschiedliche Haltung von IOC und IPC in der Russland-Frage ein: "Ich glaube nicht, dass Bach uns unter Druck setzen wird. Er hat es versucht und er ist gescheitert."
Seppelt: "Craven beschreibt die Stimmung, wie sie viele sehen"
Der ARD-Reporter Hajo Seppelt, der sich mit Doping und der Verbandspolitik beschäftigt, hält den Mitschnitt für authentisch, da das IPC es nicht kommentieren wollte.
"Craven hat Tacheles geredet. Er hat das gesagt, was viele über die Stimmung im IOC nur hinter vorgehaltener Hand sagen", sagte Seppelt. "Craven hat die Stimmungslage tatsächlich beschrieben, wie sie in Teilen vorherrscht. Er ist nichts anderes als ehrlich - trotzdem ist es peinlich für ihn.
"Der Vorgang ist historisch beispiellos"
Er könne sich vorstellen, dass der Vorgang das Verhältnis zu Bach belasten wird. "Das ist keine Radnnotiz, das ist historisch beispiellos. Erstmals redet ein IOC-Mitglied in dieser harschen Form Klartext", sagt Seppelt und verweist auf die sonst so diplomatische Wortwahl in der Sportpolitik. "Es belegt erstmals, was hinter den Kulissen der sogenannten olympischen Familie abgeht und welche Spannungen da herrschen. Und wie massiv Bach offensichtlich wahrgenommen wird von Kollegen."
Dass er Russland noch nicht auf dem richtigen Weg sehe, sei nicht nur Cravens Meinung. "Das was Craven beschreibt, ist eine Wahrnehmung, die viele teilen. Es fehlt die Einsicht in Russland, das wird immer noch als politisch motivierter Angriff des Westens gesehen."
Das gesamte Gespräch können Sie nach der Sendung mindestens sechs Monate in unserer Mediathek nachhören.
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