In Bagdad sind zum ersten Mal die im April gewählten Abgeordneten des neuen irakischen Parlaments zusammengekommen. Nach der Eröffnung der Sitzung leisteten die Parlamentarier einen Eid auf die Verfassung. Im Anschluss daran wurde die konstituierende Sitzung jedoch bereits vertragt. Die Abgeordneten hätten sich nicht auf einen Parlamentspräsidenten einigen können, teilte der kommisarische Vorsitzende der Volksvertretung Mehdi al-Hafidh zur Begründung mit. Für kommende Woche ist eine neue Sitzung angepeilt.
Regierungsbildung nicht möglich
Die Bildung einer neuen Regierung, die Vertreter aller Bevölkerungsgruppen einschließt, lässt damit ebenfalls weiter auf sich warten. Sie gilt als eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine Stabilisierung der Lage im Irak. Das Land droht auseinanderzubrechen, seit die sunnitische Isis-Miliz die Kontrolle über Teile im Norden übernommen und zum Sturm auf Bagdad angesetzt hat.
Den Parlamentspräsidenten stellen traditionell die Sunniten. Seine beiden Stellvertreter sind je ein Schiit und ein Kurde. Zur ersten Sitzung des Parlaments erschienen 255 von 328 Abgeordneten. Nach einer Pause, in der die Verteilung der Posten besprochen werden sollte, kehrten jedoch nur 75 zurück. Eine gültige Abstimmung war damit nicht möglich.
Nuri al-Maliki möchte im Amt bleiben
Die USA fordern vom schiitischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki eine stärkere Einbeziehung der anderen Bevölkerungsgruppen. Sunniten und Kurden fordern seinen Abgang. Maliki ist seit acht Jahren Regierungschef.
Eine dritte Amtszeit schien ihm zunächst sicher, nachdem ein von ihm geführtes Bündnis die Mehrheit der Mandate errang. Allerdings ist seine Position geschwächt, seit Isis vor einigen Wochen ihre Offensive zur Schaffung eines eigenen Staats startete.
2.400 Menschen im Juni im Irak getötet
Nach Daten der Vereinten Nationen wurden im vergangenen Monat 2.400 Menschen getötet - so viele wie noch nie in einem Monat in diesem Jahr. Für Mai hatten die Vereinten Nationen 800 Tote registriert, für April 750. Hintergrund ist der Vormarsch der Terrormiliz Isis seit Anfang Juni, die jüngst in beiden Ländern offenbar einen Gottesstaat ausgerufen haben.
Bundesaußenminister Steinmeier sagte, Deutschland betrachte das Isis-Kalifat als ernsthafte Gefahr für die gesamte Region. Alle müssten ein Interesse daran haben, dass sich die Dschihadisten nicht festsetzten. Andernfalls könnte in der Region eine Brutstätte für Terror und Gewalt entstehen.
(tzi/bor)