Die religiöse Konfliktlage im Kampf um Mossul ist kompliziert: Der IS beruft sich auf einen sunnitischen Islam, gegen die Terrormiliz kämpfen an der Seite des überwiegend sunnitisch-irakischen Militärs und seiner Elite-Einheiten kurdische Peschmerga, eine von den USA geführte Anti-IS-Koalition, aber auch schiitische Gruppen und Freiwilligenverbände. Eine Ordnung für die Zeit nach der Schlacht gibt es nicht. Vor allem die Kurden fürchten die Zeit danach: "Sie wollen nicht hineingezogen werden in den schiitisch-sunnitischen Konflikt", sagt Martin Gerner. Einige sprechen von einem drohenden Bürgerkrieg und fürchten, dass über die Flüchtlingslager Islamisten eingeschleust werden.
"Die Jesiden haben nach wie vor keine Schutzmacht"
Innerhalb des kurdischen Territoriums im Nordirak schwelt darüber hinaus die Auseinandersetzung zwischen Kurden und Jesiden. Die Jesiden werfen den Kurden vor, sie beim Ansturm des IS im Jahr 2014 nicht vor Tod und Vertreibung geschützt zu haben. Ob diese Vorwürfe berechtigt sind, ließ Gerner offen. Das Problem sei ein anderes: "Die Jesiden haben nach wie vor keine Schutzmacht, das wäre eine Rolle für internationale Gremien", so Gerner.
Vom Krieg in Mossul betroffen sind auch Tausende von Christen in der Region. Ähnlich wie die Jesiden sind sie schwach, zahlenmäßig und politisch. Ob sie in die Provinz Ninive bei Mossul zurückkehren können, ist offen.
Das Gespräch mit Martin Gerner können Sie mindestens sechs Monate in unserer Mediathek nachhören.