Die ersten vier Transall-Maschinen der Luftwaffe sind am Morgen vom Militärflugplatz Hohn in Schleswig-Holstein aus nach Erbil gestartet, 36 Tonnen Medikamente, Lebensmittel und Decken sollen in den Irak transportiert werden. Dort werden sie nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums von Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen in Empfang genommen. In Erbil leben zahlreiche Kurden, die von der Terrorgruppe "Islamischer Staat" bedroht sind.
Bundesregierung bereitet weitere Lieferungen vor
Ministerin Ursula von der Leyen (CDU), die zu dem Flugplatz gereist war, sagte, Deutschland habe "schnell und mit großer Entschlossenheit" seine Verantwortung wahrgenommen. Die Lage in Erbil sei verhältnismäßig sicher. "Zur Zeit ist alles so, dass wir anfliegen können und auch liefern können", sagte von der Leyen.
Die Bundesregierung arbeite mit Hochdruck daran, weitere Hilfslieferungen vorzubereiten. "Natürlich ist dies nur der Anfang", so die Ministerin. Auch die Lieferung von Ausrüstung wie Schutzhelme, Schutzwesten oder Unimogs könne sich "in den nächsten Tagen konkretisieren". Deutsche Waffenlieferungen im Kampf gegen die IS-Terrorgruppe sind laut von der Leyen aber nicht realistisch.
Steinmeier: "Bis ans politisch und rechtlich Machbare gehen"
Die Außenminister der Europäischen Union sprachen sich dagegen für Waffenlieferungen einzelner EU-Mitglieder in den Irak aus. Das sagte der deutsche Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Freitag am Rande eines Außenministertreffens in Brüssel. Die Bereitschaft zu solchen Lieferungen sei aber von Land zu Land unterschiedlich. Die Europäer dürften sich nicht darauf beschränken, die US-Luftangriffe gegen die Dschihadisten zu begrüßen und den "mutigen Kampf der kurdischen Sicherheitskräfte" zu loben, sagte Steinmeier: "Wir werden auch sehen müssen, was wir zum Schutz der Sicherheitskräfte in Kurdistan tun können." Dabei sei er dafür, "dass wir bis an die Grenze des rechtlich und politisch Machbaren gehen". Steinmeier will am Wochenende in den Irak reisen.
Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der bei Rüstungsexporten sonst eher zurückhaltend auftritt, zeigte sich offen für Waffenlieferungen in den Nordirak. "Bei der Verhinderung eines möglichen Genozids darf man nicht am Anfang gleich alles, was möglich ist, ausschließen", sagte der Vizekanzler der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".
Kontroverse über mögliche Waffenlieferungen Deutschlands
Der Schriftsteller Navid Kermani forderte im DLF-Interview, im Kampf gegen das "Monster" Islamischer Staat müssten die Kurden mit Waffen ausgestattet werden. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), sagte im Deutschlandfunk, er vermisse eine klare Linie der Bundesregierung. Er nannte Waffenlieferungen "hochproblematisch".
Unterdessen haben die UNO und die USA erleichtert auf den Abtritt des ehemaligen irakischen Regierungschefs Nuri al-Maliki reagiert. Die Nationale Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, Susan Rice, sagte, der Sinneswandel sei ein "großer Schritt nach vorne". Die US-Regierung hoffe, dass es Al-Malikis designiertem Nachfolger Haidar al-Abadi gelinge, den Irak zu einen. Nach Einschätzung von ARD-Korrespondent Tim Aßmann steht al-Abadi nun vor der "sehr schwer lösbaren Aufgabe", eine Regierung zu bilden.
UNO-Sondergesandter spricht von "historischem Meilenstein"
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, der Weg für eine schnelle Regierungsbildung sei nun frei. Der UNO-Sondergesandte für den Irak, Nickolay Mladenov, sprach von einem "historischen Meilenstein". Der Rückzug al-Malikis ermögliche nun den friedlichen Regierungswechsel in einem Land, das "zu viel Blutvergießen und Gewalt erleiden musste".
Der Irak-Konflikt ist heute zentrales Thema bei einem Treffen der Außenminister der Europäischen Union in Brüssel. Der UNO-Sicherheitsrat befasst sich ebenfalls mit dem Vormarsch der islamischen Terroristen und will über eine Resolution abstimmen, die Sanktionen gegen Hintermänner der Gruppe Islamischer Staat vorsieht.
(tj/nch/bor)