Nach der irakischen Verfassung muss nun der Staatspräsident Fuad Massum Ministerpräsident Maliki mit der Bildung einer Regierung beauftragen. Maliki wirft Massum vor, ihn trotz seines Wahlsiegs nicht mit der Regierungsbildung zu beauftragen und will ihn darum verklagen.
Zuletzt hatte Maliki selbst in den eigenen Reihen an Rückhalt verloren. Auch die meisten anderen Parteien und das geistliche Oberhaupt der Schiiten im Irak, Großajatollah Ali al-Sistani, verlangen seinen Rückzug. Sie geben ihm die Schuld am Vormarsch der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS). Malikis Schiiten-Bündnis gewann bei der Parlamentswahl im April die meisten Sitze, benötigt aber die Unterstützung anderer schiitischer Gruppen sowie der Sunniten und der Kurden, um eine Regierungsmehrheit zustande zu bringen. Seit Monaten können sich die politischen Lager nicht auf einen neuen Ministerpräsidenten einigen.
Sicherheitskräfte, die loyal zu Maliki stehen, bezogen nach Polizeiangaben Stellung an wichtigen Kreuzungen in der irakischen Hauptstadt Bagdad. Panzerwagen sperrten die Zugänge zur Grünen Zone, dem stark gesicherten Regierungs- und Parlamentsviertel. In einer Fernsehansprache hatte Maliki Forderungen zurückgewiesen, auf eine dritte Amtszeit zu verzichten. Das hatten westliche Staaten gefordert, darunter die USA. US-Außenminister John Kerry sagte, die Schiiten im Irak hätten "sehr, sehr klar" drei Kandidaten für den Posten als Regierungschef benannt, "und keiner davon ist Herr Maliki". Dem Schiit wird vorgeworfen, wegen seiner Ausgrenzung der Sunniten den Aufstand des Islamischen Staates befördert zu haben und dem Vormarsch der sunnitischen Terrormiliz nun machtlos gegenüberzustehen.
USA statten Kurden mit Waffen aus
Die USA, die seit vergangener Woche Luftangriffe gegen die Terrormiliz fliegen und Hilfsgüter für Flüchtlinge der religiösen Minderheiten abwerfen, statteten die kurdischen Sicherheitskräfte heute direkt mit ersten Waffen aus. Den kurdischen Kräften gelang es gestern, zwei Grenzdörfer im Norden des Iraks zurückzuerobern. US-Außenminister Kerry mahnte die Menschen, trotz der Gräueltaten der Terrormiliz Islamischer Staat Ruhe zu bewahren. "Der Prozess der Regierungsbildung ist absolut wichtig, um Stabilität und Ruhe im Irak zu wahren", sagte Kerry am Rande bilateraler Gespräche in Australien. "Wir hoffen, dass al-Malaki da nichts aufwühlt." Es dürften jetzt keine Truppen oder Milizen ins Spiel gebracht werden.
Die Irak-Politik der US-Regierung stößt bei den Amerikanern zunehmend auf Kritik; die frühere Außenministerin Hillary Clinton warf Präsident Barack Obama vor, am Vormarsch der Terrorgruppe Islamischer Staat nicht unschuldig zu sein. Er habe es abgelehnt, die syrischen Aufständischen im Kampf gegen Machthaber Baschar-al-Assad frühzeitig zu bewaffnen. Das sei ein Fehler gewesen, sagte Clinton im Interview mit der Zeitschrift "The Atlantic".
Keine Waffen aus Deutschland
Auch die Bundesregierung müsse die Kurden mit Waffenlieferungen unterstützen, sagte der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann im Deutschlandfunk. "Wir sind in einer Situation, die für die Deutschland allmählich peinlich wird. Wir liefern ein paar Zelte und legen noch ein paar Millionen drauf." Ähnlich argumentierte der Grünen-Parteichef Cem Özdemir im DLF: "Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die IS oder ISIS gestoppt wird. Das macht man nicht, indem man mit ihnen Diskussionen macht, sondern das macht man so, wie es die Amerikaner machen, indem sie sie aus der Luft bombardieren und dafür sorgen, dass die Kurden auf dem Boden das Land wieder zurückerobern und befreien."
Die Bundesregierung lehnt deutsche Waffenlieferungen an die Kurden im Irak ab. Es gehöre zu den Grundsätzen der Bundesregierung, keine Waffen in Kampfgebiete zu liefern, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Deutschland sei sehr aktiv in der Flüchtlingshilfe im Irak und Syrien und versuche damit, seiner internationalen Verantwortung nachzukommen.
Nach Angaben der UN sind in der vergangenen Woche rund 200.000 Menschen vor der Terrorgruppe geflohen. Die meisten von ihnen sind Jesiden und Christen. Vornehmlich jesidische Familien waren gestern noch immer bei Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius im Sindschar-Gebirge eingeschlossen. IS-Extremisten verfolgen und töten in den von ihnen kontrollierten Gebieten Gegner und Andersgläubige mit rücksichtsloser Gewalt.
(sdö/swe)