Seit Mitte September 2022 die Iranerin Mahsa Amini von der Sittenpolizei festgenommen wurde und in Polizeigewahrsam gestorben ist, protestieren die Menschen im Iran für mehr Frauenrechte und den Sturz des Regimes.
Doch welche Rolle spielt der Sport in der Protestbewegung im Iran? Zu diesem Thema hat das Deutsche Fußballmuseum in Dortmund zusammen mit der Menschenrechtsorganisation Amnesty International eine Podiumsdiskussion veranstaltet. Im Sportgespräch sendet der Dlf eine gekürzte Fassung dieser Podiumsdiskussion, moderiert von Dlf-Sportredakteurin Marina Schweizer.
"Wissen von Sportlerinnen und Sportlern, die hingerichtet wurden"
Aus Sicht von Katja Müller-Fahlbusch von Amnesty International ist es etwas Besonders, dass Sportlerinnen und Sportler in der Öffentlichkeit gesehen würden und Identifikationsfiguren und Vorbilder seien. „Gleichzeitig ist es aber auch so, dass iranische Sportlerinnen und Sportler genau das erleben und erleiden, was Millionen Menschen im Iran erleben und erleiden. Wir wissen von Sportlerinnen und Sportlern, die sich kritisch gegenüber der Regierung und dem System geäußert haben und dafür hingerichtet wurden.“
Als Beispiel nennt sie etwa den Ringer Navid Afkari, der 2020 exekutiert wurde. Ihm war angelastet worden, bei einer Demonstration einen Sicherheitsbeamten getötet zu haben.
Video-Botschaft von Ali Karimi
Irans Fußball-Ikone Ali Karimi hatte eine Videobotschaft aus dem Exil gesendet, in der er von Morddrohungen berichtete, die er nach seiner öffentlichen Solidarisierung mit der Protestbewegung erhalten habe. Deshalb sei er von seinem Wohnort im Ausland noch weiter weg vom Iran in die USA gezogen.
Karimis Berater saß in Dortmund mit auf dem Podium. Der Deutsch-Iraner Reza Fazeli betreut viele Menschen des öffentlichen Lebens mit iranischen Wurzeln. Er sagt, das öffentliche Engagement dieser prominenten Persönlichkeiten sei kein parteipolitisches: „Es geht jetzt nicht mehr um die Politik, es geht um die Menschlichkeit. Es geht um die Werte. Diese Menschen sehen sich in der Verantwortung, ein Zeichen zu setzen.“
"Wer sich nicht äußert, verhält sich politisch"
Dies werde von Personen des öffentlichen Lebens auch erwartet, so Fazeli. „Wer sich in der aktuellen Situation nicht äußert, der verhält sich politisch.“ Es gehe schlicht darum, den Menschen im Iran ein normales Leben zu ermöglichen „dass die Menschen ein Mal in Ruhe atmen können und das Gefühl haben wir als Iraner weder im Iran, noch außerhalb des Irans leider nicht.“ Für ihn ist die Protestbewegung eine Bewegung der Liebe und Zivilisation, gegen Barbarei „und ich bin sehr sicher, dass am Ende die Liebe gewinnen wird“.
Mariam Claren hat mit anderen Aktivistinnen ein Programm für politische Patenschaften in Deutschland gegründet für Menschen, die im Iran inhaftiert worden sind. Sie glaubt, dass öffentlicher Druck sehr viel bringen kann: „Als meine Mutter (die Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi, Anm. d. Red.) im Oktober 2020 festgenommen worden ist, wurde mir hier und da empfohlen, nicht an die Öffentlichkeit zu gehen und auf stille Diplomatie zu hoffen. Ich bin aber sechs Tage nach der Inhaftierung an die Öffentlichkeit gegangen und habe eine breit angelegte Kampagne gestartet und habe relativ schnell festgestellt, dass diese Öffentlichkeit sie schützen kann. Das heißt nicht, dass eine Person sofort frei kommt, aber dass sie bessere Haftbedingungen bekommt.“
"Eine Verpflichtung, die Sportler haben"
Sie kann sich auch Patenschaften von Sportlerinnen und Sportlern vorstellen: „Es ist auch eine Verpflichtung, die da Sportler haben, zu sagen: Ok, ich nutze meine Reichweite, ich nutze meine Stimme, in dem ich sie einsetze für meine Kollegen im Iran, die ihre Stimme nicht so einsetzen können, wie es vielleicht ein Ali Karimi, der jetzt im Ausland ist, kann.“
Und Amnesty-Expertin Müller-Fahlbusch sagte „Im Fall von Iran ist der Hebel Öffentlichkeit zentral."
Die Runde diskutierte zudem über die Möglichkeit eines Ausschlusses iranischer Mannschaften von Sportveranstaltungen und welche Wirkung dies beim Regime haben könnte.