Wie viel Geld Teheran in den vergangenen viereinhalb Jahren aufgewendet hat, um Bashar al-Assad an der Macht zu halten, weiß niemand außerhalb des innersten Machtzirkels. Es müssen viele Milliarden Dollar gewesen sein, die in Form von Öl- und Waffenlieferungen sowie Dienstleistungen aller Art geflossen sind. Durch das Atomabkommen mit dem Iran ergeben sich neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit – auch in Sachen Syrien. Doch der starke Mann Irans, Revolutionsführer Ali Khamenei, stellte mehrfach klar: "Unsere Politik gegenüber der US-Arroganz wird sich in keinem Punkt ändern."
Über das Atomabkommen hinaus werde es keine Annäherung mit Washington geben, gelobt der 76-jährige Ayatollah. "Wir werden die Unterstützung für unsere Freunde in der Region nicht aufgeben - die Unterstützung für das palästinensische, das jemenitische Volk und das syrische Volk.
Nichts Neues also im Iran? Präsident Rohani versucht zaghaft einen anderen Ansatz. Er spricht davon, dass das Wiener Abkommen ein wichtiger Schritt einer neuen iranischen Außenpolitik sei. Mit Blick auf die Spannungen in der Region sagte er unlängst:
"Iran wird die Länder der Region nicht unter Druck setzen, so wie es in der Vergangenheit geschehen ist. Unsere Beziehungen zu den Ländern in der Region bekommen einen Neuanfang. Wir wollen mehr Nähe, mehr Brüderlichkeit und eine stärkere Einheit."
Der Iran ist Teil des Problems in Syrien. Der Iran könnte auch Teil der Lösung sein. Doch in Teheran wirken sehr unterschiedliche Kräfte. Das Blutvergießen in Syrien müsse unbedingt gestoppt werden, erklärt Präsident Rohani. Wenn eine gewisse Sicherheit hergestellt sei, dann könnten auch Flüchtlinge wieder in ihre Heimat zurückkehren. Außenminister Mohammad Javad Zarif ist seit der Wiener Vereinbarung Mitte Juli viel in der Region unterwegs gewesen und hat vor allem bei den arabischen Golfstaaten für die iranische Position geworben. Präsident Rohani bringt sie auf den Punkt:
"Die Zukunft Syriens wird von den Stimmen der syrischen Bevölkerung selbst entschieden. Das syrische Volk wird über seine Zukunft und die Staatsform entscheiden. Kein anderes Land, keine ausländische Macht kann und darf über die Zukunft Syriens entscheiden."
Assad soll bleiben, wo er ist
Teheran und Moskau vertreten den gleichen Standpunkt: Assad soll bleiben, wo er ist - im Amt des Präsidenten. Teheran plädiert für freie Wahlen. Das Volk soll entscheiden. Doch freie Wahlen in einem Bürgerkriegsland halten viele außerhalb der iranischen Führung für undurchführbar. Teheran sieht derweil im Kampf gegen die im Iran Daesh genannte Terrormiliz Islamischer Staat die oberste Priorität.
Daesh finanziere sich aus Ölquellen im irakischen Kirkuk und im syrischen Deyr al-Zur, erklärt Qassem Soleimani, Chef der al-Quds-Brigaden – das ist der für Auslandseinsätze zuständige Arm der Revolutionswächter. Das Öl wird exportiert. Aber nicht mit einem (großen) Tanker oder in 20 Liter-Kanistern. Tausende Tanker sind täglich unterwegs. Nicht unterirdisch, sondern auf dem Landweg in Länder, die dieser Koalition gegen Daesh angehören.
Vor allem die Türkei wird im Iran gerne beschuldigt, der IS-Terrormiliz direkt oder indirekt zu helfen. In Syrien, so will die Propaganda der Pasdaran glauben machen, gehe es nicht etwa darum, den Einfluss Irans zu wahren, sondern: Diese Front, an der wir kämpfen, sagt dieser iranische Offizier in Syrien, ist keine Front des syrischen Staates gegen seine Bevölkerung. Sie ist die islamische Front gegen den Unglauben.
Ungläubig, das hat die Geschichte gelehrt, sind in Kriegen mit religiösem Bezug, immer die Anderen. Syrien ist ein Beleg dafür. Die iranischen Pasdaran mischen in diesem blutigen Konflikt seit Jahren mit. Teheran bestreitet, militärisch in den syrischen Bürgerkrieg verwickelt zu sein. Doch diese Tonaufnah-men stammen von den Pasdaran genannten Revolutionsgardisten selbst.
Die syrischen Soldaten, erklärt ein namentlich nicht genannter Offizier, stellten keine großen Ansprüche, aber: Wenn zwei Dinge fehlen, ist der Kampf zu Ende. Zigaretten und eine Frau (für Sex). Stimmt das Hossein? Keine Zigaretten und keine Frau, dann kein Jihad?
Etliche hochrangige Offiziere der Pasdaran sowie viele Kämpfer der al-Quds-Brigaden sind in den vergangenen Jahren in Syrien gefallen. Im Iran werden sie als Märtyrer zu Grabe getragen. Wie lange noch, das hängt in erster Linie davon ab, ob und wie sich die Großmächte USA und Russland über Syrien verständigen. Teheran allein kann das politische Überleben Assads nicht sichern. Und Teheran hat viel zu viel in das Regime Assad investiert, um sich im Alleingang und ohne Gesichtsverlust zurückziehen zu können.