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Iraner in Serbien
Gestrandet an der Außengrenze zur EU

Täglich landen iranische "Reisende" mit dem Flieger in Serbiens Hauptstadt Belgrad. Die meisten fliehen vor Verfolgung und wollen nicht in ihre Heimat zurück. Doch Serbien, das kein EU-Land ist, macht es ihnen schwer, zu bleiben.

Von Sabine Adler |
    Ebrahim Bagherikaj und seine Cousine Zarah Mohammadirad aus dem Iran sitzen im Erstaufnahmezentrum in Belgrad
    Ebrahim Bagherikaj und seine Cousine Zarah Mohammadirad aus dem Iran im Erstaufnahmezentrum in Belgrad (Deutschlandradio / Sabine Adler)
    Fast jeden Tag landet ein Flugzeug aus Teheran in Serbiens Hauptstadt Belgrad. An Bord größtenteils Touristen - offiziell. Tatsächlich sind sie Flüchtlinge. Jeder fünfte in Serbien registrierte Migrant, kommt derzeit aus dem Iran, Tendenz steigend. Die Regierung in Belgrad will mit der Visafreiheit angeblich den Tourismus und die Investitionen ankurbeln.
    30 Tage ohne Visum
    Der wahre Grund hinter der großzügigen Geste Teherans dürfte politischer Natur sein: Der Iran erkennt die Unabhängigkeit des Kosovo nicht an, das wird belohnt. Wer von den Passagieren den Fehler macht, bereits am Flughafen um Asyl zu bitten, hat ein Problem, aus dem nur Jana Stojanovic und ihre Hilfsorganisation Asylum Protection Center einen Ausweg finden.
    "Die meisten kommen als Touristen, denn Iraner dürfen bis zu 30 Tagen ohne Visum in Serbien bleiben. Wenn jemand schon am Flughafen Asyl beantragt, wird er an der Einreise gehindert und festgehalten. Wir greifen dann ein, um die Freilassung zu erreichen."
    Jana Stojanovic vom Asylum Protection Center Serbien
    Jana Stojanovic vom Asylum Protection Center Serbien (Deutschlandradio / Sabine Adler)
    Die meisten schlagen sich bis zum alten Belgrader Hauptbahnhofs durch. Ganz in der Nähe befindet sich eine Anlaufstelle für Migranten. Ein Flachbau, dessen kunterbunte Fassade aus dem Belgrader Einheitsgrau hervorsticht.
    Bis 100 Neuankömmlinge pro Tag
    "Wir sind der allererste Anlaufpunkt", sagt Uros Bosescic vom Erstaufnahmezentrum. "Wir bieten hier Internet an, man kann Handys aufladen, es gibt hier Toiletten, wir geben juristischen Rat, und unbegleitete Minderjährige dürfen hier in dringenden Fällen auch übernachten. Auch Familien können hier so lange bleiben, bis sie auf die Flüchtlingslager verteilt werden."
    Bis zu 100 Neuankömmlinge melden sich pro Tag. Zwei Teenager spielen Tischtennis. Junge Männer und nur wenige Frauen sitzen in Grüppchen nach Herkunftsländer sortiert - die meisten sind in ihre Handys vertieft. Der 30-jährige Ebrahim Bagherikaj fällt auf, denn er trägt einen lustigen kleinen Hut, unter dem sein raspelkurzes blondiertes Haar hervorlugt.
    Gemeinsam mit seiner zehn Jahre älteren Cousine Zarah Mohammadirad fürchtete er um sein Leben. Gefragt nach dem Grund, zieht er eine Silberkette unter dem Hemdkragen hervor, ein großes Kreuz kommt zum Vorschein. Sie sind Christen, fühlen sich verfolgt im Iran. Drei Wochen sind sie nun schon in Serbien, das zwar Beitrittskandidat ist, aber eben noch nicht Mitglied der EU ist. Sie würden gern Asyl beantragen. Doch das wird Migranten extrem schwer gemacht.
    Kaum Perspektive in Serbien
    Auch deswegen wollen die meisten der 7.000 Flüchtlinge, von denen die Hälfte nicht registriert ist, aber von Serbien geduldeten wird, weiterziehen in die EU. Doch die Grenzen nach Kroatien und Ungarn sind dicht. Nur wenige Meter von der Erstaufnahmestelle entfernt warten schon die Schmuggler, weiß Jana Stojanovic von der Asylhilfsorganisation.
    "Einige Iraner, die illegal weiterreisen wollen, werden in den Häusern der Schmuggler versteckt, andere verschwinden in den Wäldern, in Hausruinen entlang der kroatischen und ungarischen Grenze."
    Klar ist, dass immer mehr iranischen Migranten in Serbien, an der Außengrenze der EU stranden. Und fast täglich bringt ein Flieger neue sogenannte Touristen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann Brüssel mit der Belgrader Regierung über die Neuankömmlinge spricht.