"Ich bin Künstlerin, ich bin wirklich keine Politikerin, ich gehöre keiner politischen Gruppierung an."
Sie sei keine Politikerin, sondern Künstlerin, das betont Marijane Satrapi, sie gehöre keiner politischen Gruppierung an. Aber jetzt fühlt die Regisseurin sich verpflichtet, sich einzumischen in die Debatte um den Ausgang der Präsidentenwahlen. Satrapi, die weltweit bekannt wurde durch ihren Comic und Film "Persepolis", in dem sie ihre eigene Jugend im islamischen Iran schildert, ist nach einem längeren Aufenthalt in Teheran sicher, dass nicht der Amtsinhaber Ahmedinedschad die meisten Stimmen erhalten hat, sondern der gemäßigte Kandidat Mir-Hossein Mussawi.
"Ich bin nicht hier, um ihnen zu beweisen, dass es Wahlbetrug gegeben hat. Ohne Wahlfälschung gäbe es im Iran keine Massendemonstrationen. Glauben Sie wirklich, dass in einem Land, in dem 62 Prozent für den Präsidenten gestimmt haben, dass dort Millionen Menschen in allen Städten auf die Straße gehen? Das ist unmöglich, das wissen Sie genau."
Neben Marijane Satrapi sitzt ein kleiner, zurückhaltender Mann: Mohsen Makhmalbaf ist einer der bekanntesten iranischen Filmemacher, mehrfach international ausgezeichnet, unter anderem für seinen Film "Kandahar". Makhmalbaf zieht ein Papier hervor, ein Fax, in persischer Sprache. Das Fax soll aus dem Teheraner Innenministerium stammen, dies ist das echte Wahlergebnis, sagt der Filmemacher: Hinter den Namen der Kandidaten stehen Zahlen auf dem Papier. Danach hat der moderate Präsidentschaftskandidat Mussawi 19 Millionen Stimmen erhalten, Mahmoud Ahmedineschad, der später zum Sieger erklärt wurde, dagegen nur 5,7 Millionen Stimmen: Das wären nur 12 Prozent und nicht, wie offiziell verkündet, 62 Prozent Zustimmung für den Amtsinhaber. Was nach der Stimmenauszählung passiert sei, sei keine Wahlfälschung, sagt Mohsen Makhmalbaf: Das war ein Putsch:
"Spät nachts am letzten Freitag rief das Wahlkomitee Herrn Mussawi an, um ihm mitzuteilen, dass er mit der Mehrheit der Stimmen zum Präsidenten gewählt worden sei. Herr Mussawi arbeitete bereits an seiner Dankesrede, als hohe Militärs in sein Büro eindrangen und erklärten, dass es keine demokratische Revolution geben werde- ein Staatsstreich. Kurz darauf verkündete das Staatsfernsehen, dass Herr Ahmedineschad die Wahl gewonnen habe und dass jede Ansammlung von mehr als vier Menschen verboten sei."
Die iranische Führung reagiere täglich nervöser auf die Massendemonstrationen, berichtet die Regisseurin Marijane Satrapi. Die Gewalt der Staatsorgane, Verhaftungen, massive Einschränkung der Kommunikations- und Pressefreiheit, das alles lasse Schlimmes befürchten, sagt Satrapi und ihre Stimme verliert die gewohnte Festigkeit:
"Man darf nicht vergessen, dass diese Leute bewaffnet und gewalttätig sind, sie töten. Das kann sehr gefährlich werden, es kann sehr viele Tote geben. Aber die Leute gehen trotzdem auf die Straße, und obwohl die Telefone nicht mehr funktionieren und keiner etwas organisiert, demonstrieren mehrere Millionen Menschen. Es gibt einen ungeheuren Hunger nach Demokratie im iranischen Volk, denn die Leute wissen sehr genau, dass sie bei den Demonstrationen ihr Leben riskieren."
Ausländische Korrespondenten im Iran dürfen seit gestern ihre Büros nicht mehr verlassen, um über die Proteste. In den Städten nutzen immer mehr Iraner Internetseiten wie Facebook oder Twitter, um sich über Demonstrationen und Ereignisse auf dem Laufenden zu halten. Ich fand diese Seiten immer furchtbar, sagt die Marijane Satrapi mit einem bitteren Lächeln, heute bin ich froh, dass es sie gibt. Filmemacher Makhmalbaf ergänzt:
"Ahmedinedschad verfügt über die Armee, er hat das Fernsehen und alle übrigen Medien in der Hand. Das iranische Volk kann nicht mal mehr über Handy, SMS oder Festnetz kommunizieren, das Internet wird zensiert. Das Volk braucht Ihre Hilfe, damit seine Stimme gehört wird, die Leute wollen Frieden und Demokratie, keine Atomwaffen. Sie wollen ihr Votum."
Dass die Europäische Union ihre Sorge über die Situation im Iran gezeigt und Aufklärung gefordert habe, sei eine gute Strategie, meinen die beiden Künstler: Heftige Reaktionen hätten der iranischen Führung nur einen Vorwand geliefert, die Einmischung des Westens zu verurteilen und damit bei Teilen der Bevölkerung zu punkten. Man brauche Zeit im Iran, sagt Marijane Satrapi, und deshalb müsse sich der Rest der Welt Zeit lassen damit, den jetzigen Präsidenten Ahmedineschad als Wahlsieger anzuerkennen.
Denn vergessen Sie nicht, fügt Satrapi noch schnell an, dass mehr als 60 Prozent der iranischen Bevölkerung unter 30 Jahre alt sind.
"Diese jungen Leute sehnen sich nach mehr Freiheit und mehr Öffnung, sie wollen unbedingt ihren Platz finden."
Sie sei keine Politikerin, sondern Künstlerin, das betont Marijane Satrapi, sie gehöre keiner politischen Gruppierung an. Aber jetzt fühlt die Regisseurin sich verpflichtet, sich einzumischen in die Debatte um den Ausgang der Präsidentenwahlen. Satrapi, die weltweit bekannt wurde durch ihren Comic und Film "Persepolis", in dem sie ihre eigene Jugend im islamischen Iran schildert, ist nach einem längeren Aufenthalt in Teheran sicher, dass nicht der Amtsinhaber Ahmedinedschad die meisten Stimmen erhalten hat, sondern der gemäßigte Kandidat Mir-Hossein Mussawi.
"Ich bin nicht hier, um ihnen zu beweisen, dass es Wahlbetrug gegeben hat. Ohne Wahlfälschung gäbe es im Iran keine Massendemonstrationen. Glauben Sie wirklich, dass in einem Land, in dem 62 Prozent für den Präsidenten gestimmt haben, dass dort Millionen Menschen in allen Städten auf die Straße gehen? Das ist unmöglich, das wissen Sie genau."
Neben Marijane Satrapi sitzt ein kleiner, zurückhaltender Mann: Mohsen Makhmalbaf ist einer der bekanntesten iranischen Filmemacher, mehrfach international ausgezeichnet, unter anderem für seinen Film "Kandahar". Makhmalbaf zieht ein Papier hervor, ein Fax, in persischer Sprache. Das Fax soll aus dem Teheraner Innenministerium stammen, dies ist das echte Wahlergebnis, sagt der Filmemacher: Hinter den Namen der Kandidaten stehen Zahlen auf dem Papier. Danach hat der moderate Präsidentschaftskandidat Mussawi 19 Millionen Stimmen erhalten, Mahmoud Ahmedineschad, der später zum Sieger erklärt wurde, dagegen nur 5,7 Millionen Stimmen: Das wären nur 12 Prozent und nicht, wie offiziell verkündet, 62 Prozent Zustimmung für den Amtsinhaber. Was nach der Stimmenauszählung passiert sei, sei keine Wahlfälschung, sagt Mohsen Makhmalbaf: Das war ein Putsch:
"Spät nachts am letzten Freitag rief das Wahlkomitee Herrn Mussawi an, um ihm mitzuteilen, dass er mit der Mehrheit der Stimmen zum Präsidenten gewählt worden sei. Herr Mussawi arbeitete bereits an seiner Dankesrede, als hohe Militärs in sein Büro eindrangen und erklärten, dass es keine demokratische Revolution geben werde- ein Staatsstreich. Kurz darauf verkündete das Staatsfernsehen, dass Herr Ahmedineschad die Wahl gewonnen habe und dass jede Ansammlung von mehr als vier Menschen verboten sei."
Die iranische Führung reagiere täglich nervöser auf die Massendemonstrationen, berichtet die Regisseurin Marijane Satrapi. Die Gewalt der Staatsorgane, Verhaftungen, massive Einschränkung der Kommunikations- und Pressefreiheit, das alles lasse Schlimmes befürchten, sagt Satrapi und ihre Stimme verliert die gewohnte Festigkeit:
"Man darf nicht vergessen, dass diese Leute bewaffnet und gewalttätig sind, sie töten. Das kann sehr gefährlich werden, es kann sehr viele Tote geben. Aber die Leute gehen trotzdem auf die Straße, und obwohl die Telefone nicht mehr funktionieren und keiner etwas organisiert, demonstrieren mehrere Millionen Menschen. Es gibt einen ungeheuren Hunger nach Demokratie im iranischen Volk, denn die Leute wissen sehr genau, dass sie bei den Demonstrationen ihr Leben riskieren."
Ausländische Korrespondenten im Iran dürfen seit gestern ihre Büros nicht mehr verlassen, um über die Proteste. In den Städten nutzen immer mehr Iraner Internetseiten wie Facebook oder Twitter, um sich über Demonstrationen und Ereignisse auf dem Laufenden zu halten. Ich fand diese Seiten immer furchtbar, sagt die Marijane Satrapi mit einem bitteren Lächeln, heute bin ich froh, dass es sie gibt. Filmemacher Makhmalbaf ergänzt:
"Ahmedinedschad verfügt über die Armee, er hat das Fernsehen und alle übrigen Medien in der Hand. Das iranische Volk kann nicht mal mehr über Handy, SMS oder Festnetz kommunizieren, das Internet wird zensiert. Das Volk braucht Ihre Hilfe, damit seine Stimme gehört wird, die Leute wollen Frieden und Demokratie, keine Atomwaffen. Sie wollen ihr Votum."
Dass die Europäische Union ihre Sorge über die Situation im Iran gezeigt und Aufklärung gefordert habe, sei eine gute Strategie, meinen die beiden Künstler: Heftige Reaktionen hätten der iranischen Führung nur einen Vorwand geliefert, die Einmischung des Westens zu verurteilen und damit bei Teilen der Bevölkerung zu punkten. Man brauche Zeit im Iran, sagt Marijane Satrapi, und deshalb müsse sich der Rest der Welt Zeit lassen damit, den jetzigen Präsidenten Ahmedineschad als Wahlsieger anzuerkennen.
Denn vergessen Sie nicht, fügt Satrapi noch schnell an, dass mehr als 60 Prozent der iranischen Bevölkerung unter 30 Jahre alt sind.
"Diese jungen Leute sehnen sich nach mehr Freiheit und mehr Öffnung, sie wollen unbedingt ihren Platz finden."