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Iren fürchten den Brexit
Bei den Briten weiß man nie

Kein anderes EU-Land wäre wirtschaftlich derart hart von einem Austritt der Briten aus der EU betroffen wie der Nachbar Irland. Es träfe vor allem die irische Landwirtschaft und die wachsende Nahrungsmittelindustrie. Entsprechend groß sind die Sorgen bei den Bauern.

Von Martin Alioth |
    Schafe grasen im Nordwesten der Grafschaft Donegal auf einer Weide an der Küste.
    Der britische Markt ist wichtig für die irischen Lebensmittelexporte, auch für Rind- und Lammfleisch. (imago/Daniela Schmitter)
    In der Auktionshalle der Firma Kieran and McGee in Ardee warten zwei- bis dreihundert Rinder und Kälber nervös darauf, die Hand zu wechseln.
    "Ah sure, we'll just buy a few for ourselves."
    Don McPartland will ein paar trockene Kühe zur Mast kaufen. Er ist eigens aus dem nahen Nordirland angereist, ist also britischer Untertan. Was wären die Folgen eines britischen Austritts aus der EU?
    "Well, the subsidies would go in Northern Ireland." Die europäischen Subventionen würden aufhören, bemerkt er trocken. Sein Freund Pat McMahon, ein Ire, unterstreicht, die Engländer seien gute Kunden für irisches Rindfleisch. "England being so close to us, that's a big advantage." Und England sei doch so nahe. Das sei günstig. "That’s my thinking."
    Der britische Markt ist für Irland wichtig
    Frank O'Hanlon bezeichnet sich als Unkrautbauer - er ist im Ruhestand. Aber vor Brexit hat auch er Angst: "I think it'll be a desaster.If Britain pulled out of it, that Ireland would fall apart." Es wäre ein Desaster, wenn die Briten gingen. Irland würde zugrundegehen. Tom White, ebenfalls nur hier zum Zuschauen, pflichtet bei: "Yeah, I would say it would be bad news for this country if England pulled out of it. Because when they cough, we sneeze. They are our biggest importer." Es wäre ungut für Irland, denn wenn England huste, kriege Irland den Schnupfen. Und England sei der größte Importeur.
    In der Halle in Ardee sind sich alle einig. Käufer und Verkäufer kommen aus den fruchtbaren Grafschaften Louth und Meath. Achtzig Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Irland ist unter Gras: für Milch und Fleisch. In den letzten Jahren ist die verarbeitende Industrie im Nahrungsmittelsektor sprunghaft gewachsen.
    Padraig Brennan leitet von Dublin aus die weltweiten Operationen von Bord Bia, der Behörde zur Förderung der irischen Lebensmittelexporte: "The sector would account for about 11% of our total exports every year, in terms of (the) indiginous industry, the sector would account for about two thirds of manufacturing output." Die Branche bestreite etwa elf Prozent aller Exporte. Aber unter den einheimischen - im Gegensatz zu den multinationalen - Firmen betrage der Anteil der Nahrungsmittel und Getränke zwei Drittel. Irland exportiert zwar in über 170 Länder, aber: "Ah, the British market is absolutely critical. In 2015, the UK would have accounted for about 41% of our total food and drink exports, so, just about 4,5 billion Euro."
    Folgen wären unabsehbar
    Der britische Markt habe letztes Jahr 41 Prozent der irischen Lebensmittelexporte aufgenommen, beim Rindfleisch die Hälfte, bei Fertigmahlzeiten siebzig Prozent. Die Mengen, um die es hier geht, sind beträchtlich, räumt Brennan ein: "Yeah, we are the largest exporter of beef in the Northern hemisphere, we export about 90% of all the beef we produce." Irland sei der größte Rindfleischexporteur in der nördlichen Halbkugel, es exportiert rund 90 Prozent seiner Gesamtproduktion. Brennan weiß nicht, was nach einem Brexit geschähe, aber eins betont er immer wieder: "What we are looking at, at the moment, is a period of uncertainty."
    Irland mache sich auf eine Periode der Unsicherheit gefasst. Brennan nennt südamerikanische Konkurrenz beim Rindfleisch, neuseeländische bei Lämmern. Innerhalb der EU gelten für diese Importe Quoten - nach einem Austritt könnten sich die Briten anderswo billiger versorgen.
    Zurück in Ardee hat ein hübsches schwarzes Rind gerade den Besitzer gewechselt. Der Auktionator, Tommie Clarke, jammert über Preise und das Wetter, wie zu erwarten. Dann wird er ernst. "I mean if Britain pulled out of the EU, it wouldn't help the situation. I'd rather them stay in it and be a vocal support. - You just don't know with them."
    Ein britischer Alleingang würde die Lage bestimmt nicht verbessern, sagt er vorsichtig. Er hätte lieber, wenn sie konstruktiv dabeiblieben. - Aber bei denen wisse man ja nie. Die Briten sind zu allem fähig; das scheint der Konsens in Ardee. Die Folgen sind nicht auszumalen.