Diepensee ist ein junger Ort. Zumindest an dieser Stelle. Noch vor etwas mehr als einen Jahrzehnt lag das Dorf nur knapp 15 Kilometer weiter nordwestlich, am Flughafen Schönefeld. Dann fiel die Entscheidung, den Airport Berlin Brandenburg - kurz BBI - auszubauen. Aus dem Dorf am Flughafen wäre ein Dorf im Flughafen geworden.
"Als dann 96 der Konsensbeschluss gefasst wurde zwischen Brandenburg, Berlin und dem Bund, haben wir gleich eine Einwohnerversammlung gemacht und haben gesagt, wenn dann der Flughafen kommt, dann möchten wir hier nicht länger wohnen bleiben, nicht mehr wohnen zwischen Start- und Landebahn!","
erinnert sich Helmut Mayer, der Ortsvorsteher von Diepensee. Und so bekamen die rund 300 Einwohner die Gelegenheit, zu entscheiden, wo ihr Dorf künftig stehen sollte. Jetzt ist es ein Ortsteil von Königs Wusterhausen. Im Flur des Dorfgemeinschaftshauses hängen an der Wand noch ein paar Straßenschilder aus dem alten Ort.
Die Spuren der Vergangenheit lassen sich im neuen Diepensee ansonsten an einer Hand abzählen: ein Granitstein vor dem Gemeinschaftshaus, die alten Klinker an dem neuen Feuerwehrgebäude und der Friedhof, jedenfalls ein Teil davon:
""Die Friedhofsmauer, das ist eine alte Mauer von drüben. Das Tor im Friedhof, das ist ein altes Tor auch um 1900 rum, da sind damals schon, vorm ersten Weltkrieg und nach dem ersten Weltkrieg, wenn Soldaten hier stationiert waren, sind durchmarschiert, wenn sie in Übung waren und so und dat war der Eingang zu dem damaligen Gutshof."
Siegfried Gattke ist 70 Jahre alt, er wohnt seit 2003 mit seiner Frau Dorith hier, im neuen Diepensee. Sie waren mit die ersten, die hierher umgezogen sind, sagt er. Letztes Jahr war das Ehepaar noch einmal dort. Fuhr die knapp 15 Kilometer nach Nordwesten, dorthin wo einst ihr altes Dorf Diepensee stand. Wiederzuerkennen sei da nichts mehr gewesen, sagt der Rentner:
"Das war ja da, wo jetzt der Tower und det steht, dit war ja dit Dorf jewesen, und dis Abfertjungsgebäude und allet."
Ein Jahr noch, im Juni 2012 soll der Flughafen eröffnet werden. Doch die Proteste reißen nicht ab. Einmal im Monat gehen die verschiedenen Bürgerinitiativen in Schönefeld auf die Straße. Mehrere Tausend Menschen demonstrieren immer wieder gegen geplante Nachtflüge und das Vorhaben, BBI zum internationalen Drehkreuz auszubauen. Sie fürchten: alle vier Minuten könnte ein Flugzeug starten oder landen, direkt über ihren Köpfen, wenn die Flugrouten so gelegt werden, wie die Deutsche Flugsicherung das im Herbst vorgeschlagen hat: damit sich Flugzeuge, die auf den künftigen Rollbahnen starten, nicht in die Quere kommen, sollen die Piloten bald nach dem Abheben westlich oder östlich abknicken. Die Fluglärmkommission, in der die betroffenen Kommunen vertreten sind, hat stattdessen empfohlen: Potsdam soll westlich umflogen werden. Das brächte Entlastung für den Berliner Südwesten sowie die Speckgürtel-Gemeinden Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf. Darauf hofft auch ein Anwohner aus Teltow*:
"Die Fluglärmkommission hat sich ja dafür ausgesprochen: außen rum statt oben drüber, wir hoffen natürlich schon, dass da auch noch mal positive Signale kommen, auch wenn man sich zunächst erstmal negativ geäußert hatte, dass wir in Teltow ein bisschen mehr verschont sein werden, als das, was sich hier und da abgezeichnet hat."
Ein Knackpunkt: Um die Anwohner zu schonen, will die Fluglärmkommission, dass den Piloten erst ab 10.000 Fuß freigegeben wird, welche Route sie dann einschlagen, üblich ist bislang die Hälfte. Die Fluglärmkommission aber kann die Flugsicherung lediglich beraten. Die wiederum will bis Ende Juni dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung Vorschläge für die künftigen Routen machen. Die Betreiber des Flughafens fürchten nun, bei ungünstigen Flugbedingungen könnte die Wirtschaftlichkeit des BBI gefährdet sein. Axel Raab, Sprecher der deutschen Flugsicherung, nimmt das zur Kenntnis, verweist aber auf den gesetzlichen Auftrag seiner Behörde:
"Wir haben den Flugverkehr sicher, geordnet und flüssig abzuwickeln. Und dabei die Belange des Schutzes der Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm zu berücksichtigen. Das heißt Sicherheit steht an erster Stelle, flüssig heißt auch wirtschaftlich, aber dann ist eben eine Abwägung zwischen Wirtschaftlichkeit und Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm zu beachten, und das müssen wir ganz genau abwägen."
Auch über die Köpfe der Diepenseer könnten, je nachdem wie die Routenplanung ausfällt, demnächst wieder Flugzeuge hinwegdonnern. Die aber nehmen das eher gelassen. Auch die Gattkes lassen sich nicht stören:
"Irgendwo müssen sie ja rüber fliegen, wa? Die klagen hier rüber sollnse nicht, Schulzendorf, darüber sollnse nicht, über Schönefeld, wo sollnse überhaupt landen? Wir haben früher in dem Krach in Diepensee gelebt, da wurden die Flugzeuge nachts gewartet, Probe geloofen, da war Krach!"
Und so sucht man in Diepensee im Gegensatz zum unmittelbaren Berliner Umland, wo viele Bürger ihrem Unmut mit Plakaten am Gartenzaun Luft machen, vergeblich nach Transparenten gegen den neuen Flughafen.
"Als dann 96 der Konsensbeschluss gefasst wurde zwischen Brandenburg, Berlin und dem Bund, haben wir gleich eine Einwohnerversammlung gemacht und haben gesagt, wenn dann der Flughafen kommt, dann möchten wir hier nicht länger wohnen bleiben, nicht mehr wohnen zwischen Start- und Landebahn!","
erinnert sich Helmut Mayer, der Ortsvorsteher von Diepensee. Und so bekamen die rund 300 Einwohner die Gelegenheit, zu entscheiden, wo ihr Dorf künftig stehen sollte. Jetzt ist es ein Ortsteil von Königs Wusterhausen. Im Flur des Dorfgemeinschaftshauses hängen an der Wand noch ein paar Straßenschilder aus dem alten Ort.
Die Spuren der Vergangenheit lassen sich im neuen Diepensee ansonsten an einer Hand abzählen: ein Granitstein vor dem Gemeinschaftshaus, die alten Klinker an dem neuen Feuerwehrgebäude und der Friedhof, jedenfalls ein Teil davon:
""Die Friedhofsmauer, das ist eine alte Mauer von drüben. Das Tor im Friedhof, das ist ein altes Tor auch um 1900 rum, da sind damals schon, vorm ersten Weltkrieg und nach dem ersten Weltkrieg, wenn Soldaten hier stationiert waren, sind durchmarschiert, wenn sie in Übung waren und so und dat war der Eingang zu dem damaligen Gutshof."
Siegfried Gattke ist 70 Jahre alt, er wohnt seit 2003 mit seiner Frau Dorith hier, im neuen Diepensee. Sie waren mit die ersten, die hierher umgezogen sind, sagt er. Letztes Jahr war das Ehepaar noch einmal dort. Fuhr die knapp 15 Kilometer nach Nordwesten, dorthin wo einst ihr altes Dorf Diepensee stand. Wiederzuerkennen sei da nichts mehr gewesen, sagt der Rentner:
"Das war ja da, wo jetzt der Tower und det steht, dit war ja dit Dorf jewesen, und dis Abfertjungsgebäude und allet."
Ein Jahr noch, im Juni 2012 soll der Flughafen eröffnet werden. Doch die Proteste reißen nicht ab. Einmal im Monat gehen die verschiedenen Bürgerinitiativen in Schönefeld auf die Straße. Mehrere Tausend Menschen demonstrieren immer wieder gegen geplante Nachtflüge und das Vorhaben, BBI zum internationalen Drehkreuz auszubauen. Sie fürchten: alle vier Minuten könnte ein Flugzeug starten oder landen, direkt über ihren Köpfen, wenn die Flugrouten so gelegt werden, wie die Deutsche Flugsicherung das im Herbst vorgeschlagen hat: damit sich Flugzeuge, die auf den künftigen Rollbahnen starten, nicht in die Quere kommen, sollen die Piloten bald nach dem Abheben westlich oder östlich abknicken. Die Fluglärmkommission, in der die betroffenen Kommunen vertreten sind, hat stattdessen empfohlen: Potsdam soll westlich umflogen werden. Das brächte Entlastung für den Berliner Südwesten sowie die Speckgürtel-Gemeinden Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf. Darauf hofft auch ein Anwohner aus Teltow*:
"Die Fluglärmkommission hat sich ja dafür ausgesprochen: außen rum statt oben drüber, wir hoffen natürlich schon, dass da auch noch mal positive Signale kommen, auch wenn man sich zunächst erstmal negativ geäußert hatte, dass wir in Teltow ein bisschen mehr verschont sein werden, als das, was sich hier und da abgezeichnet hat."
Ein Knackpunkt: Um die Anwohner zu schonen, will die Fluglärmkommission, dass den Piloten erst ab 10.000 Fuß freigegeben wird, welche Route sie dann einschlagen, üblich ist bislang die Hälfte. Die Fluglärmkommission aber kann die Flugsicherung lediglich beraten. Die wiederum will bis Ende Juni dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung Vorschläge für die künftigen Routen machen. Die Betreiber des Flughafens fürchten nun, bei ungünstigen Flugbedingungen könnte die Wirtschaftlichkeit des BBI gefährdet sein. Axel Raab, Sprecher der deutschen Flugsicherung, nimmt das zur Kenntnis, verweist aber auf den gesetzlichen Auftrag seiner Behörde:
"Wir haben den Flugverkehr sicher, geordnet und flüssig abzuwickeln. Und dabei die Belange des Schutzes der Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm zu berücksichtigen. Das heißt Sicherheit steht an erster Stelle, flüssig heißt auch wirtschaftlich, aber dann ist eben eine Abwägung zwischen Wirtschaftlichkeit und Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm zu beachten, und das müssen wir ganz genau abwägen."
Auch über die Köpfe der Diepenseer könnten, je nachdem wie die Routenplanung ausfällt, demnächst wieder Flugzeuge hinwegdonnern. Die aber nehmen das eher gelassen. Auch die Gattkes lassen sich nicht stören:
"Irgendwo müssen sie ja rüber fliegen, wa? Die klagen hier rüber sollnse nicht, Schulzendorf, darüber sollnse nicht, über Schönefeld, wo sollnse überhaupt landen? Wir haben früher in dem Krach in Diepensee gelebt, da wurden die Flugzeuge nachts gewartet, Probe geloofen, da war Krach!"
Und so sucht man in Diepensee im Gegensatz zum unmittelbaren Berliner Umland, wo viele Bürger ihrem Unmut mit Plakaten am Gartenzaun Luft machen, vergeblich nach Transparenten gegen den neuen Flughafen.
*Anmerkung der Redaktion: Den Namen eines Anwohners haben wir auf dessen Wunsch hin anonymisiert.