Ein in Dublin gebrautes Guinness schmeckt natürlich am besten, wenn es im Pub und aus einem Glas getrunken wird. Aber für den heimischen und den internationalen Markt füllt die irische Brauerei ihr dunkles Bier auch in Dosen ab. Das passiert allerdings nicht in Dublin, sondern in Belfast - der Hauptstadt von Nordirland.
May will eine praktikable Lösung
Regelmäßig überqueren also Guinness-Lkw die Grenze: Richtung Norden mit frisch gebrautem Bier, Richtung Süden mit abgefüllten Dosen. Solche Produktionsprozesse sollen auch nach dem Brexit machbar sein, so will es jedenfalls die britische Premierministerin Theresa May:
"Ich verpflichte mich persönlich dazu, dass wir eine praktikable Lösung finden, die den einzigartigen wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Kontext dieser Grenze berücksichtigt, die viele Menschen täglich passieren. Wir wollen weiter eng mit der irischen Regierung zusammenarbeiten - damit an der Grenze alles so reibungslos wie möglich weiterläuft."
Das versprach May im Juni beim ersten Treffen mit ihrem neuen irischen Amtskollegen Leo Varadkar in der Downing Street. Das Handelsvolumen zwischen dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland und der Republik Irland beträgt jährlich etwa 47 Milliarden Euro. Bei seinem Besuch kürzlich in Belfast sagte der irische Premier, er könne sich nach dem Brexit durchaus eine neue Zollunion zwischen Großbritannien und der EU vorstellen.
Kritik an der geplanten Zollunion
Der jüngste britische Vorschlag einer Zollunion auf Zeit könnte Varadkar also durchaus entgegenkommen: Denn zumindest für eine mehrjährige Übergangsphase nach dem EU-Austritt im März 2019 möchte Großbritannien die bisherige Regelung gern - mehr oder minder - beibehalten. Auch langfristig schwebt den Briten ein Freihandelsabkommen mit der EU vor, das bestenfalls einen weiter zollfreien Handel garantiert. Und wenn nicht, dann soll der Warenaustausch trotzdem möglichst ohne Hindernisse vonstattengehen.
Doch Varadkars Parteifreundin Mairead McGuinness, irische Europa-Abgeordnete der konservativen Fine Gael, ist skeptisch: "In dem britischen Papier wird verwiesen auf bislang nicht getestete Technologien, auf nahtlose und reibungslose Prozeduren. Das sind viele schöne Worte. Womit wir - besonders wir auf der irischen Insel - aber noch kämpfen, ist: Wie will man all das konkret in die Realität umsetzen? Da gibt es noch viel zu tun."
Symbol für den Friedensprozess
Jeden Monat überqueren knapp zwei Millionen Autos und fast 400.000 Lkw und Transporter die bislang offene Grenze zwischen dem Norden und dem Süden der grünen Insel. Sie ist damit auch ein Symbol für den Friedensprozess in Nordirland, für die Aussöhnung zwischen den Großbritannien-treuen Protestanten und den republikanisch gesinnten Katholiken.
Kontrollen sind für viele Menschen gerade in der Grenzregion inzwischen unvorstellbar, sagt Sean Kelleher, der früher für die irische Zollbehörde gearbeitet hat. Eine "harte" Grenze mit Checkpoints will niemand: weder die Regierungen in London und Dublin noch die EU noch die nordirischen Parteien beider Seiten im Regionalparlament in Belfast.
Alle wollen vermeiden, den alten Konflikt wieder aufflammen zu lassen. Kreative Lösungen für das Grenzproblem sind gefragt.