Archiv

IS-Rückkehrer
Zahl der Verfahren steigt

In Deutschland gibt es immer mehr Verfahren gegen Rückkehrer aus Syrien oder dem Irak, die dort für die Terrorgruppe IS gekämpft haben. Für die Justiz ist die Verfolgung von IS-Kämpfern keine leichte Aufgabe. Denn die Beweise - etwa abgehörte Telefonate oder Whatsapp-Nachrichten – sind laut Richtern oft nicht eindeutig.

Von Gigi Deppe | 30.10.2015
    Beamte des SEK fahren zwei mutmaßliche Terrorverdächtige nach deren Vorführung beim Haftrichter des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe (Baden-Württemberg) vom Gerichtsgelände.
    SEK-Beamte fahren zwei Terrorverdächtige vom Gelände des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe. (picture alliance / dpa / Ralf Stockhoff)
    An vielen deutschen Oberlandesgerichten laufen mittlerweile Gerichtsverfahren gegen die Rückkehrer. Und es werden immer mehr, sagte der neue Generalbundesanwalt Peter Frank anlässlich des Europäischen Tags der Justiz in einem Exklusiv-Interview mit der ARD. Rund 750 Personen seien nach Syrien oder in den Irak ausgereist. Ein Drittel, also 250, davon sei mittlerweile zurück. Von diesem Drittel hätten etwa 70 Personen an Kampfhandlungen teilgenommen oder seien zumindest in einem Trainingscamp an Waffen ausgebildet worden. Und die wären durchaus als gefährlich einzuschätzen. "Denn sie haben entweder das Töten gelernt oder an Tötungshandlungen teilgenommen oder an entsprechenden Kampfhandlungen, bei denen Tötungen stattgefunden haben."
    Die Bundesanwaltschaft hat vor allem die Rückkehrer im Blick. Unter den Flüchtlingen, also unter denen, die neu nach Deutschland kommen, hätte seine Behörde aber noch keine Terroristen ausmachen können, sagt der neue Generalbundesanwalt: "Wir haben (..) derzeit keine konkreten, vor allen Dingen belastbaren Hinweise, dass terroristische Vereinigungen im Ausland die Flüchtlingsströme gezielt nutzen, um hier Terroristen nach Deutschland einzuschleusen."
    Verfolgung von IS-Tätern keine leichte Aufgabe
    Wobei der Generalbundesanwalt betont: Das sei nur eine Momentaufnahme. Das könne sich täglich ändern. Für die Gerichte, die mit solchen Verfahren gegen IS-Kämpfer befasst sind, ist die Verfolgung der IS-Täter keine leichte Aufgabe. Das berichtet beim Europäischen Tag der Justiz der pensionierte Stuttgarter Strafrichter Hermann Wieland. Er hatte in Stuttgart zwei Verfahren gegen islamistische Rückkehrer geführt. Und da habe sich gezeigt: Die Beweise - abgehörte Telefonate oder Whatsapp-Nachrichten – seien oft nicht eindeutig. "Es ist häufig in ausländischer Sprache. Das muss übersetzt werden, zusätzlich zum eigenen Anhören. Und es muss eine Zuordnung erfolgen, auf die Sprecher, und das wird häufig bestritten. Insofern hat man dann das Problem: Wer kann der Sprecher gewesen sein, war das Gerät eventuell ausgeliehen oder nicht..."
    Offizielle Rechtshilfe gebe es nicht. Und oft sei nicht nachvollziehbar, wo denn die Information herkäme. Schon weil Geheimdienste wie der Verfassungsschutz ihre Quellen nicht offenlegen würden. "Und da ist dann z.B. das Innenministerium zuständig. Oder das Bundeskanzleramt beim BND. Und da wird früh zugemacht. Und deshalb sind wir da nicht glücklich. Auch weil wir immer nur so Einzelpunkte offen gelegt bekommen." Auch wenn es teilweise schwierig sei, gegen die IS-Rückkehrer rechtsstaatlich korrekte Verfahren zu führen – im Zweifel sei doch immer noch eine Verurteilung wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung möglich.