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IS-Terror
"Sehr wachsam sein"

Die Terrorgefahr in Deutschland ist nach Ansicht von CDU-Bundesvize Thomas Strobl vergleichbar mit der Lage nach dem 11. September 2001. Wegen des Terrors der Gruppe IS gebe es "allen Grund, sehr wachsam zu sein", sagte Strobl im Deutschlandfunk. Kriminelle Ausländer müssten wissen, dass sie auch abgeschoben werden können.

Thomas Strobl im Gespräch mit Jasper Barenberg |
    Thomas Strobl, der Landesvorsitzende der CDU Baden-Württemberg, spricht am 27.05.2014 in Stuttgart (Baden-Württemberg) bei einer Pressekonferenz zu Journalisten.
    Der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Thomas Strobl (dpa / Bernd Weissbrod)
    Gefragt nach den Krawallen der sogenannten "Hooligans gegen Salafisten" in Köln sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende, dass die Gewalt, die von der Terrorgruppe IS ausgeht, "nicht unser Land erfassen" dürfe. "Das Demonstrationsrecht beinhaltet nicht das Recht, gegen andere Personen Gewalt auszuüben", sagte Strobl. Er forderte "wegen der generalpräventiven Wirkung" eine schnelle Verurteilung der Gewalttäter.
    "Nicht-Deutsche, die hier Gastrecht genießen, die müssen im Übrigen auch wissen, dass, wenn sie sich nicht an die Spielregeln halten, das Gastrecht in Deutschland sehr schnell beendet sein kann", sagte Strobl. Die Folge wäre ihre Abschiebung.

    Lesen Sie hier das vollständige Interview mit Thomas Strobl; oder hören es jetzt im Audio-on-Demand-Player.
    Jasper Barenberg: Weit mehr als 6000 Anhänger eines radikalen, eines auch gewaltbereiten Islam hier in Deutschland - drastisch korrigiert der Verfassungsschutz seine Einschätzung nach oben und in Sicherheitskreisen glaubt so mancher, dass viel mehr als die bisher angenommenen 450 Salafisten in den Krieg nach Syrien gezogen sind, vielleicht viermal so viele. Wo sie möglicherweise auf PKK-Kämpfer treffen, die von der verbotenen Kurdenpartei hier in Deutschland rekrutiert wurden. 50 sollen es schon sein, berichtet heute der "Spiegel".
    Am Telefon begrüße ich den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU. Guten Morgen, Thomas Strobl!
    Thomas Strobl: Guten Morgen.
    Barenberg: Herr Strobl, wir haben gerade gehört von diesem Bericht im "Spiegel". Demnach sollen mindestens 50 Kämpfer aus Deutschland für die PKK in den Kampf nach Syrien gezogen sein, gegen die Dschihadisten. Haben Sie von dieser Information vorher schon mal etwas gehört?
    Strobl: Nein, diese Information ist für mich auch neu. Sie macht mich aber noch stutziger und aufmerksamer, dass wir einfach aufpassen müssen, dass wir Auseinandersetzungen, die im Ausland stattfinden, nicht zunehmend in unser Land nach Deutschland sozusagen importiert bekommen.
    Barenberg: Haben wir diese Gefahr unterschätzt, wenn wir beispielsweise heute erst erfahren, dass sich in Sicherheitskreisen die Beamten, die Verantwortlichen mehr und mehr Sorgen machen über die Rekrutierung von PKK-Kämpfern und dass ja die Rekrutierung von Salafisten noch hinzukommt und noch viel größere Ausmaße hat?
    Geistigen Nährboden entziehen
    Strobl: Na ja. Ich weiß nicht, ob wir die Gefahr unterschätzt haben. Wissen Sie, wer hat vor einem Jahr gewusst, dass es eine Terrororganisation namens Islamischer Staat geben wird, die ein weltweites Kalifat errichten will und dass das natürlich dann auch Auswirkungen auf uns hat. Wir müssen die Dinge sehr wachsam so nehmen, wie sie sind. Wir müssen unsere Sicherheitsbehörden entsprechend ausstatten. Wir können nur gegen das vorgehen, was wir wissen.
    Und ich finde vor allem, es ist außerordentlich wichtig, dass wir den geistigen Nährboden entziehen. Deswegen ist es dringend notwendig, dass wir die Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen in Deutschland wieder unter Strafe stellen. Die Dinge verbreiten sich rasend schnell im Internet. Hier werden junge Leute rekrutiert, angeworben, und das darf nicht möglich sein und deswegen müssen wir hier einen entsprechenden Straftatbestand schaffen.
    Barenberg: Sie wissen, dass der Justizminister, der der SPD angehört, Heiko Maas, das als Symbolpolitik ablehnt und sagt, es sind genug Schritte, wir gehen gerade genug Schritte in dem Bereich repressive Maßnahmen, was wir dringend brauchen sind mehr Maßnahmen der Prävention. Geschieht da nicht viel zu wenig?
    Strobl: Es ist gar nichts dagegen einzuwenden, dass wir in der Prävention mehr machen, dass wir junge Leute auch entsprechend aufklären. Es ist auch richtig, dass wir gemeinsam mit dem Koalitionspartner und dem Bundesjustizminister ja doch einige Strafrechtsschärfungen jetzt verabredet haben. Das alles wird aber nicht ausreichen. Wir brauchen auch das Strafrecht, das Strafprozessrecht als unser schärfstes Schwert, um gegen diese terroristischen Vereinigungen vorzugehen, und ich sage es noch einmal, insbesondere ihnen auch den geistigen Nährboden zu entziehen, es ihnen nicht ...
    Barenberg: Jetzt sind Sie uns, glaube ich, verloren gegangen. Hören Sie mich noch, Herr Strobl? - Wir versuchen, noch mal anzuwählen.
    Jetzt ist er wieder am Telefon. Noch einmal hallo, Thomas Strobl. - Herr Strobl, Sie hatten ja gerade ein bisschen erklärt, welche Balance Sie für richtig halten zwischen präventiven und zwischen repressiven Maßnahmen. Jetzt wollte ich Sie noch fragen nach dieser grundsätzlichen Entscheidung der Innenminister von Bund und Ländern, gewaltbereite Islamisten an der Ausreise zu hindern, gerade mit blick auch möglicherweise auf das Beispiel Kanada, wo ja der Attentäter, weil er keinen Pass mehr hatte, weil er nicht nach Syrien ausreisen durfte, offenbar zuhause zugeschlagen hat. Steigt damit, mit diesem Ausreisestopp, mit dem Versuch, das zu unterbinden, auch die Anschlagsgefahr in Deutschland?
    Salafisten an Ausreise hindern
    Strobl: Ich glaube, das muss man wirklich in jedem Einzelfall sorgfältig abwägen. Im Grunde genommen halte ich es aber für richtig, dass wir Personen, die gefährlich sind, die radikalisiert sind, auch an der Ausreise hindern. Wir können ja nicht tatenlos zuschauen, wenn gefährliche Menschen in den nördlichen Irak, nach Syrien ausreisen, sich dort am Sprengstoff ausbilden lassen, sich dort zum Töten ausbilden lassen und dann natürlich die Gefahr besteht, dass sie wieder nach Europa und nach Deutschland zurückkehren. Deswegen sind diese Ausreiseverbote. Deswegen ist auch der Einzug von Pässen, der Einzug von Personalausweisen, das entsprechende Ausstellen von Ersatzpapieren, die die Ausreise nicht mehr möglich machen, das sind richtige Maßnahmen. Aber sie müssen in jedem Einzelfall natürlich sorgfältig geprüft werden.
    Barenberg: Sind Sie eigentlich auch der Meinung, dass die Gefahr, dass es hierzulande einen Anschlag in Deutschland gibt, noch nie so hoch gewesen ist wie heute?
    Strobl: Ich glaube, wir haben eine Situation, die vergleichbar ist mit der nach dem 11. September 2001, eine Lage, in der wir allen, allen Grund haben, außerordentlich wachsam zu sein. Deswegen muss niemand in Panik ausbrechen. Mir ist nicht bekannt, dass es Informationen über konkrete Anschlagsplanungen gibt. Aber es gibt allen Grund zu allergrößter Wachsamkeit.
    Barenberg: Dazu gehört ja auch - dies als letzten Punkt; sehr viel Zeit haben wir nicht mehr, Herr Strobl -, die Gewalt, die Ausschreitungen, die gestern in Köln stattgefunden haben, am Rande einer, man mag gar nicht sagen, Demonstration, weil es sich um Hooligans gehandelt hat mit Kontakten in die rechtsextreme Szene, die sich gegen den Salafismus in Deutschland wenden. Was braut sich da zusammen?
    Strobl: Hier müssen wir aufpassen, dass diese Auseinandersetzungen nicht unser Land erfassen, und Jedermann muss eines klar wissen: Wir sind ein tolerantes Land, wir sind ein liberales Land, wir sind ein sehr freiheitliches Land. Bei uns darf man seine Meinung sagen und bei uns darf man selbstverständlich auch demonstrieren. Das Demonstrationsrecht beinhaltet nicht das Recht, gegen andere Personen Gewalt auszuüben, beinhaltet nicht das Recht, gegen Polizisten Gewalt auszuüben. Wer das tut, muss wissen, dass er sich strafbar macht, und ich hoffe, dass in Nordrhein-Westfalen hier die Bestrafung auch auf dem Fuße folgt. Das ist wichtig wegen der generalpräventiven Wirkung. Und Nichtdeutsche, die hier Gastrecht genießen, die müssen im Übrigen auch wissen, wenn sie sich an die Spielregeln nicht halten, dass das Gastrecht in Deutschland sehr schnell beendet sein kann.
    Barenberg: Und sie abgeschoben werden?
    Strobl: Ja!
    Barenberg: ..., sagt der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Thomas Strobl, heute Morgen hier live im Deutschlandfunk. Danke für das Gespräch.
    Strobl: Ich danke Ihnen und eine gute Woche noch.
    Barenberg: Danke, Ihnen auch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.