Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) setzt ihre Zerstörung einzigartiger altorientalischer Kulturgüter im Nordirak fort. Kämpfer des IS hätten die Jahrtausende alte Stadt Nimrud südlich von Mossul am Donnerstag überrannt, berichtete das irakische Altertumsministerium. Demnach begannen sie damit, die antiken Stätten von Nimrud mit schweren Militärfahrzeugen zu zerstören.
Nimrud ist eine bedeutende assyrische Ruinenstätte knapp 40 Kilometer südlich der vom IS besetzten Stadt Mossul. Nimrud wurde um 1.270 vor Christus gegründet und war zeitweilig die Hauptstadt Assyriens. Der Name der Stadt leitet sich vom biblischen König Nimrud ab. Ausgrabungen brachten im 19. und 20. Jahrhundert Festungsruinen, Tempelanlagen, Obelisken und reich verzierte Reliefs hervor. Das irakische Altertumsministeriums befürchtet nun, die bedeutenden Ruinen für immer zu verlieren.
"Die Statuen haben anderen Völkern der Vielgötterei gedient"
Erst Ende Februar hatten die IS-Dschihadisten ein Video veröffentlicht, das die Zerstörung assyrischer Kulturgüter aus der Provinz Ninive zeigt, darunter eine mehr als 2.600 Jahre alte Figur. Der etwa fünf Minuten lange Film zeigt, wie Islamisten im Museum in der IS-Hochburg Mossul mit großen Hämmern auf die Stücke einschlagen oder sie umstürzen, so dass sie zu Bruch gehen. Auch mit einem Presslufthammer gehen die Dschihadisten auf Statuen los.
In dem Video erklärt ein IS-Anhänger, die Statuen hätten Assyrern und anderen Völkern der Vielgötterei gedient. Auch der Prophet Mohammed habe alle Götzenfiguren zerstört, als er nach Mekka gekommen sei. Der IS beruft sich dabei auf eine Interpretation des Islams, die die bildliche Darstellung von Menschen und Gott verbietet.
UNESCO schaltet Weltsicherheitsrat und Internationalen Strafgerichtshof ein
"Der Schaden ist kaum zu bemessen", sagte Lutz Martin, stellvertretender Leiter des Vorderasiatischen Museums in Berlin, der Nachrichtenagentur AFP. Eine Restauration der bis zu 3000 Jahre alten Skulpturen sei angesichts der gezielten Zerstörung mit Maschinen wie Planierraupen und Presslufthämmer kaum mehr vorstellbar, sagte der Archäologe: "Als ehemalige Hauptstadt des neuassyrischen Reiches zählt Nimrud zu den wichtigsten Kulturstätten des Nahen Ostens." Die Dschihadisten hätten die Artefakte geradezu "pulverisiert".
Die Generaldirektorin der Weltkulturorganisation UNESCO, Irina Bokowa, verurteilte die Zerstörungen als Kriegsverbrechen. Das Vorgehen der IS-Terroristen zeige, dass die vermeintliche "kulturelle Reinigung" im Irak nichts und niemanden verschone. Sie habe sich in dieser Angelegenheit an den Weltsicherheitsrat und an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gewandt, fügte Bokowa hinzu.