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Is was!?
Der satirische Wochenrückblick

Wie ticken die Deutschen? Die jüngste Allensbach-Studie hat es gezeigt: Ihre Lage ist gut, die Stimmung ist mies. Übersetzt: Woanders geht es den Leuten schlecht – aber uns sieht man das an.

Von Stefan Reusch | 09.09.2016
    Passanten gehen in München durch die Fußgängerzone.
    Viele Deutsche haben Angst vor der Zukunft in ihrem Land. Die Kanzlerin beruhigt: "Deutschland wird Deutschland bleiben". (pa/dpa/Hoppe)
    Uns geht’s gut, uns Deutschen, also wirtschaftlich, haben die Meinungsforscher von Allensbach rausgefunden, sogar gut bis sehr gut, zu 70 Prozent, von denen aber glaubt nur die Hälfte, dass es so bleibt. Tja, was bleibt schon. Nüscht. ’N doch!
    Die Bundeskanzlerin sagte: "Deutschland wird Deutschland bleiben", sie fügte hinzu: "mit allem, was uns lieb und teuer ist". Ist sie uns noch lieb und teuer?
    Mecklenburg-Vorpommern, Sonntag, CDU-Wahlniederlage. Was sie sich danach alles anhören musste! Von der mitregierenden SPD erhielt sie via Parteivize Ralf Stegner das Zertifikat "hat ihren Zenit überschritten". Von dem gleichfalls sehr intrigierenden äh mitregierenden, Horst Seehofer, CSU, gab’s sowieso Saures. Die FAZ orakelte "Merkels Reich zerfällt", andere Kommentatoren schrieben und sprachen von der "Kanzlerinnendämmerung". Einmal mehr. Na ja, Journalisten halt. Muss man aushalten in einer Demokratie. Nicht in jeder.
    Montagabend. Michel Friedman führt für die Deutsche Welle ein Interview, Partner: der türkische Jugend- und Sportminister Kilic. Nach dem Interview wird die Aufnahme beschlagnahmt. Was der Minister bestreitet. Sein Ministerium habe lediglich eine "Verfügungsgewalt" angewendet. Laut Aussage von Friedmann sei der Grund für die angewandte Verfügungsgewalt der Nichtbeschlagnahme möglicherweise seine Frage gewesen, ob sich der türkische Präsident Erdogan noch als weltlicher Herrscher sehe oder als Imam, der religiöse Vorgaben mache. - "Wieso ‚oder’"; wird sich da der Minister gefragt haben, die Friedman-Frage für falsch befunden haben, und darum - auch im Sinne eines sauberen Journalismus - der Interview-Ausstrahlung vorgebeugt haben.Und sagt nicht außerdem ein türkisches Sprichwort "Wer ein gefragter Mann bleiben will, darf nicht auf alles antworten." Nicht? Schade. Weiter. Schnell.
    In einer Woche beginnt das Oktoberfest und jetzt meldete die Süddeutsche, dass bayerische Kabarettisten aufriefen zum Wiesngang. "I geh! Du aa?" ("ich gehe hin! Du auch?") Warum? Nun, man möchte der Terrorangst Lebensfreude entgegensetzen.
    Was für Teufelskerle! Kabarettisten, die mutig Fahne haben, quatsch: Flagge zeigen, sich gesellen zu den Aussaufmodellen: "Vorsicht! Menschen mit Erbrechen. Übergebensgefahr!" Der Kabarettist als Schutzschildbürger.
    Nein, schon okay. Geht dahin! Damit alles bleibt wie’s ist. Die Wiesn. Und Deutschland. Auch. Deutschland bleibt Deutschland, Wiesn bleibt Wiesn, Mainz bleibt Mainz! Deffdä! Schuldigung.
    Äh, wie ticken die Deutschen laut Allensbach noch mal? Ihre Lage ist gut, ihre Stimmung mies. Übersetzt: Woanders geht es den Leuten schlecht – aber uns sieht man das an. Prrrost!