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Is was?!
Der satirische Wochenrückblick

Immer diese Entscheidungen: Der türkische Außenminister verlangt, Deutschland müsse sich entscheiden, ob es die Türkei "als Freund oder Feind" sehe. Klingt einfach. Ob das auch Angela Merkel so sieht?

Von Stefan Reusch | 10.03.2017
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und der türkische Präsident Recep Rayyip Erdogan bei einer UNO-Konferenz in Istanbul.
    Freund, Feind, privilegierter Ex-Partner? Wie ist die Beziehung zwischen Merkel und Erdogan, fragt sich Stefan Reusch (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Immer diese Entscheidungen. Der türkische Außenminister verlangt, Deutschland müsse sich entscheiden, ob es die Türkei "als Freund oder Feind" sehe. Klingt einfach. Aber wenn man jemanden als Freund umarmt, dann hat man ihn ja schon auch am Hals und …
    Immer diese Entscheidungen ... Was bitte soll die Kanzlerin machen? Soll sie Präsident Erdogan deutlich ins Stammbuch schreiben: "So nicht. Bleib fort"? Oder soll sie ihm genauso deutlich ins Poesiealbum schreiben: "Hältst den Flüchtling von uns fern / darum haben wir dich gern"? Nee, nee, nee.
    Also was Freund, Feind, privilegierter Ex-Partner?
    Man kann's ja mal auf Beziehungsebene runterbrechen. Die beiden, Merkel und Erdogan, wären dann ein modernes Paar, ganz normal. Sie wohnen getrennt, besuchen einander, mögen sich nicht besonders, eine Fernbeziehung eben, die ganz normal über's Finanzielle funktioniert. Und die Zukunft?
    Werden die zwei noch mal richtig dicke Bretter bohren? Oder nur Dealen? - Ich meine, werden sie nur Deals machen? Und: Wenn die dealen, dealen dann Dilettanten?
    Fahnen schwenken am Strand von Antalya
    Frau Merkel ist omnipräsent zum einen, wirkt aber unsichtbar zum andern. Nicht so wie Feinstaub, der ist ja auch unsichtbar und dennoch überall, nein, das nicht, aber: Viele vermissen bei ihr eine entschiedene Haltung.
    Helfen wir ihr! Wenn Politiker aus der Türkei sich hier bejubeln lassen, dann soll sie sich dort bejubeln lassen. Nicht auf obskuren NATO-Militärflugplätzen, da kommen ja weder unsere Minister hin, noch die angelabegeisterten Wähler, nein: An der Strandpromenade von Antalya, da wollen wir ihr huldigen, Fahnen schwenken, Heimspiel haben, Lieder singen: "Hab keine Angst vorm Wähla / er kennt dich nicht, Angela". Mh. Sehr theoretisch. Zumal die Kanzlerin so recht ja niemanden mitreißen kann, unter anderem auch, weil sie es nicht will.
    Ganz anders als ihr, nun ja, Beziehungspartner Erdogan. Der ist - unter uns - schlicht neidisch. Neidisch auf Merkel. Die soviel erfolgreicher ist. Und das als Frau! Erfolgreicher als er. In unserm Bundestag hat die Regierung nämlich 80 Prozent der Sitze, einfach so, ätsch. Und dann sieht Erdogan auch noch wie wenig die Kanzlerin aus ihrer Macht macht. Was er noch weniger begreift. Er würde da viel mehr …
    Autos sind unschuldig
    Manchmal - zugegeben - ist es auch nervig, wie Angela Merkel Probleme um sich herum lenkt. Da sitzt sie als allerletzte Zeugin im Abgasskandal-Untersuchungsausschuss, es geht um Kriminalität, Betrug, schwere Straftaten. Och nee. Für Merkel sind das "Vorkommnisse", also nicht der Rede wert, nicht ihrer jedenfalls, nö, hat sie aus der Presse erfahren, na und. Merkel warnte vielmehr vor einer Überforderung der deutschen Automobilindustrie durch Umweltauflagen. Die Umwelt ist selbst schuld, genau, sie hat VW doch erst gezwungen zu betrügen, mit ihren irrationalen Grenzwerten! Autos sind unschuldig, unsre gefederten Freunde. Basta.
    Sie kann sich also entscheiden, die Frau Merkel. Wenn sie will. VW und Co gehören zur Familie, die Familie ist das Wichtigste, das wusste schon Don Corleone, und Merkel ist Pate, sie hat sich halt die Freiheit da rausgenommen, rausgepickt, die Freiheit der Autoindustrie nämlich, für andere Freiheiten bleibt da erst mal …ja nun , sie hat sich halt entschieden.