Angriffe auf Moscheen - auch das gehörte zu den direkten Nachwehen der Attentate von Paris.
"So viele antimuslimische Übergriffe hat es in Frankreich noch nie gegeben," sagt ein gläubiger Moslem in Paris auf dem Weg zum Gebet.
Nach dem Anschlag auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" und die Geiselnahme in einem Supermarkt für koschere Lebensmittel Anfang Januar sah sich die französische Regierung gezwungen, tausende schwerbewaffneter Soldaten zu platzieren - vor jüdischen Einrichtungen und (!) vor muslimischen Gebetshäusern.
"Unser Land erlebt ein Klima der gegenseitigen Verdächtigungen," erklärt Mohamed Zaïdouni, der für die Bretagne im Rat der Muslime sitzt, und der in Rennes Gefängnisgeistlicher ist. Antisemitische und islamophobe Übergriffe das sei genau das, was die Terroristen gewollt hätten: "Das Land destabilisieren und die eine Gruppe gegen die andere aufbringen."
Zaïdouni war nach Paris gereist, um den Parlamentariern Rede und Antwort zu stehen. Am Ende einer Woche, in der die französische Regierung laut die Frage nach der Rolle des Islam in Frankreich gestellt hatte.
Um das klar zu stellen, sagte Premierminister Valls in Straßburg, der Staat werde sich nicht um theologische Fragen kümmern, es sei kein Gesetz geplant, um zu sagen, "was ist der Islam?". Es werde weder Bevormundung noch Bevorzugung geben.
Neue Instanz für den Dialog zwischen Islam und Staat
Damit war gesagt, was die Regel ist: Das Laizitäts-Gesetz von 1905 trennt in Frankreich Staat und Kirche, es gilt freie Religionsausübung, aber sie ist Privatsache und nicht Sache des öffentlichen und des politischen Raums.
Der Laizismus könne aber nicht heißen, zu den Sorgen, auch der muslimischen Gemeinden, zu schweigen, sagte Valls. Und zu diesen Sorgen gehöre der wachsende Einfluss des Auslands. "Nein", angesichts dieser Entwicklung könne auch der laizistische Staat nicht gleichgültig bleiben.
Eine neue Instanz soll künftig den Dialog zwischen Staat und Islam in Frankreich erleichtern und den Muslimen erlauben, mit einer Stimme zu sprechen. Manuel Valls will etwas tun gegen die zersplitterte, muslimische Verbandslandschaft.
Allerdings waren frühere Versuche, den muslimischen Gruppierungen unterschiedlicher Prägung und Herkunft eine einheitliche Struktur zu geben, wenig erfolgreich.
Damit aber der Islam in Frankreich nicht mehr vom Ausland abhängig ist und gesteuert wird, will die Republik nun mehr Mittel zur Verfügung stellen. Die Zahl der Institute, die Imame ausbilden, soll landesweit auf zwölf verdoppelt werden. "Französische Imame, die französische sprechen, die Frankreich lieben und die seine Werte hochhalten". Wünscht sich der Premierminister.
Bessere Statuten und soziale Absicherung
Vor den Abgeordneten, in der Anhörung des Parlaments, begrüßt der bretonische Imam Mohamed Zaïdouni, dass der Staat den Muslimen helfen will.
Moscheen-Bau, das kann der Staat nicht übernehmen, das ist das Gesetz der Laizität davor. Das räumt Zaidouni ein. Aber, wenn man ausländischen Einfluss auf den Islam in Frankreich vermeiden wolle, müsse über Vieles nachgedacht werden - über bessere Statuten und soziale Absicherung der Imame, aber auch über Unterstützung für die Pilgerreisen.
Die wachsende Spannung zwischen muslimischen und jüdischen Gläubigen in Frankreich führt der bretonische Repräsentant der Muslime auf die Ignoranz gegenüber dem Andersgläubigen und die Unkenntnis der eigenen Religion zurück.
Wenn er im Gefängnis an die jungen Leute herankomme, was nicht selbstverständlich sei, dann gebe es für ihn keine Zauberformel, um sie von Radikalisierung und dem Weg in den Terror des Dschihad abzuhalten.
Aber eines führe eben zum Ziel, die Vermittlung der wahren Inhalte des Glaubens - aber man müsse den jungen Leuten auch zuhören, die häufig in die Klauen der Radikalen gerieten, weil sie ihren Platz in der Gesellschaft und in den Familien verloren hätten.