"Ich finde es immer gut; es gibt viele Journalisten, wenn sie nicht sicher sind, wenn sie etwas über Marokko schreiben oder über den Islam, rufen sie mich an. Sie sagen: Wie schaut's aus eigentlich? Stimmt das überhaupt, dass in Marokko das und jenes ist? Und das finde ich sehr gut und mutig. Bevor ich mit einem Artikel anfange, muss ich Recherchen machen. Dazu gehört, dass ich auch einen Imam frage oder mehrere Imame oder Syrer oder Marokkaner, so dass auch ein Bild für mich entsteht und dass ich nicht nur einen Beitrag aus den Agenturen bastele und dann habe ich meinen Dienst."
Nach Ansicht des Islamwissenschaftlers und freien Journalisten Abderrahmane Ammar sind verantwortungsvolle Recherchen zu den Themen Islam und Migration aber nicht die Regel. In der Islamberichterstattung deutscher Medien kursierten viele Falschbehauptungen, die oft ihre Ursache in einem Mangel an Wissen hätten.
Zugang zu Quellen oft schwierig
Mehr Wissen könnte an dieser Stelle also helfen, auch damit Berichte über Terrorangriffe militant-islamistischer Einzeltäter oder die Zuwanderung von Flüchtlingen aus islamisch geprägten Ländern nicht als Zerrbild daherkommen. Der Migrationsforscher und Mitautor des "Journalisten-Handbuchs zum Thema Islam", Werner Schiffauer, rät zu mehr Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und Journalisten.
"Wir versuchen sowohl von der Wissenschaft wie von den Journalisten her, uns ein Bild von einer Sachlage zu machen und sie einzuschätzen. Und der Vorteil der Wissenschaftler ist, dass sie einfach mehr Zeit haben, mehr Ruhe haben, um das zu machen und weniger dem täglichen Redaktionsdruck ausgesetzt sind. Das nimmt nichts an der Notwendigkeit, dann weiter zu fragen, erleichtert aber den Zugang zu Informationen."
Denn dieser Zugang ist nicht unbedingt einfach, räumt Schiffauer ein. Das Feld der muslimischen Gemeinden sei unübersichtlich und diese seien in den letzten zehn, fünfzehn Jahren gegenüber der Presse vorsichtiger geworden. Zu oft hätten sie sich falsch verstanden gefühlt.
Umgang mit Sprache sollte genauer sein
Die Ausgewogenheit der Islamberichterstattung lässt sich für Abderrahmane Ammar und Werner Schiffauer steigern, indem Journalisten genauer mit Sprache umgehen, genauer hinschauen, also nicht Probleme dem Islam zuweisen, die nichts mit ihm zu tun haben, Klischees vermeiden und vor allem: neugierig sind und bei Recherchen ein echtes Erkenntnisinteresse haben. Schiffauer fallen da vor allem immer wieder Texte des US-amerikanischen Journalismus positiv auf:
"Also ich habe beim amerikanischen Journalismus oft das Gefühl, dass die Berichterstattung fast einem ethnologischen Interesse gelten: Wieso ticken die anderen so wie sie sind? Während die Berichterstattung in Deutschland oft sehr stark eher politikwissenschaftlich bestimmt ist. Also es erfolgt sofort dann immer eine schnelle politische Wertung von bestimmten Ereignissen."
Mehr Themen aus dem Alltag von Muslimen
Abderrahmane Ammar nimmt seine journalistischen Kollegen in die Pflicht. Auch Themen aus dem Alltag von Muslimen gehörten veröffentlicht, nicht nur konfliktorientierte Berichte - denn das steigere das Misstrauen jener, die Muslime nur aus den Medien kennen – Wasser auf die Mühlen von Rechtspopulisten. Auch Muslime, diese Tendenz beobachtet er jetzt schon, zögen sich dann zunehmend aus der deutschen Mehrheitsgesellschaft zurück:
"Es wird in Zukunft, wenn es so weiter geht, mehr Salafisten geben, mehr konservative Muslime geben und auch mehr Rechtspopulisten geben."