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Islamische Revolution 1979
Vom Iran um die Welt

Vor 40 Jahren, am 1. April 1979, wurde die Islamische Republik Iran ausgerufen. Die politisch-religiösen Folgen waren weit über den Iran hinaus spürbar, denn radikal-islamische Gruppen von Westafrika bis Ostasien nahmen sich die Islamische Revolution zum Vorbild – teils bis heute.

Von Christian Röther | 01.04.2019
Frauen und Mädchen stehen am 31. Januar 2019 zusammen. Eine hält eine iranische Flagge hoch, eine andere das Bild von Revolutionsführer Ayatollah Khomeini
Frauen und Mädchen demonstrieren am 31. Januar 2019 anlässlich des 40. Jubiläums der Islamischen Revolution für die Iranische Regierung und den geistigen Führer Ayatollah Khomeini (dpa / NurPhoto / Rouzbeh Fouladi)
"Die Islamische Republik Iran wurde gegründet", singt der persische Chor. Und nach dieser Gründung am 1. April 1979 brauchte der neue Staat natürlich auch schnell eine neue Nationalhymne:
Unser Helfer ist die Hand Gottes / Gott ist unser Führer in der Schlacht / Unter dem Schatten des Koran / Währe ewig, bleibender Iran!
Ob Gott bei der Islamischen Revolution tatsächlich seine Hand im Spiel hatte, das würden viele wohl bezweifeln. Außer Zweifel steht hingegen, dass auch säkulare Kräfte mitwirkten bei der Revolution gegen den Schah Mohammad Reza Pahlavi. Doch ob Kommunisten, Liberale oder Nationalisten: Sie mussten mitansehen, wie die islamistischen Kräfte die Revolution zu einem islamischen Projekt erklärten – mit Folgen für die gesamte islamische Welt.
"Es entsteht eine neue Dynamik ab 1979"
"Es gab eine Aufbruchsstimmung in der islamischen Welt – also viele Muslime, die begeistert waren für dieses Projekt der Islamischen Revolution", sagt Patrick Franke. Er ist Professor für Islamwissenschaft an der Universität Bamberg.
"Es entsteht eine neue Dynamik ab 1979. Die Tatsache, dass es gelungen ist, einen Despoten, den Schah, von der Macht zu verdrängen und eine Republik zu errichten, das war schon etwas, was die Gemüter sehr bewegte."
Patrick Franke
Der Bamberger Islamwissenschaftler Patrick Franke (Privat)
Und die Revolution rief auch Nachahmer auf den Plan.
Franke: "Es entstanden in allerlei islamischen Ländern in der Zeit auch Manifeste. Man hat Manifeste geschrieben für die Durchführung einer islamischen Revolution im jeweils eigenen Land."
"Der Islam ist die Lösung"
"Das galt als Ermutigung für religiöse Aktivisten, mit einer religiösen Agenda einen politischen Kampf zu führen. Weil man gesagt hat: Im Iran hat das doch funktioniert. Und die Parole, die da weltweit dann kursiert ist, war: ‚Der Islam ist die Lösung‘", erklärt Susanne Schröter. Sie leitet das "Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam".
"Das war die iranische Propaganda von Anfang an, dass eben die islamischen Massen mit dem Koran in der Hand und Gott im Rücken den Schah gestürzt haben."
Susanne Schröter
Susanne Schröter, Direktorin des "Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam" (imago stock&people)
Zwar bleiben die Revolutionsversuche in anderen islamisch geprägten Staaten mehr oder weniger erfolglos. Doch einige islamistische Gruppen, die damals entstehen und sich die Islamisten im Iran zum Vorbild nehmen, bestehen bis heute, etwa die schiitische Hisbollah im Libanon oder der sunnitische "Islamische Dschihad in Palästina".
"Im Iran hat etwas geklappt, was wir auch wollen"
Der schiitische Umsturz im Iran hatte also auch Auswirkungen auf sunnitische Islamisten, wie der Islamwissenschaftler Patrick Franke erklärt:
"Im Grunde genommen gab es viele Gelehrte aus Westafrika, die nach Iran pilgerten gewissermaßen, um sich die Islamische Republik anzuschauen, und die dann versuchten, dieses Modell in ihren eigenen Ländern zu verwirklichen. In Nigeria beispielsweise. Auch in Indonesien. Und interessanterweise waren das zum Teil auch sunnitische Gelehrte, die infolgedessen zum schiitischen Islam übergetreten sind."
Demonstranten feiern in Teheran am 17. Januar 1979 die Flucht des Schahs nach Ägypten
Demonstranten feiern in Teheran am 17. Januar 1979 die Flucht des Schahs nach Ägypten (imago stock&people)
Die neue iranische Nationalhymne hatte nach nur zehn Jahren schon wieder ausgedient. Aber die Islamische Republik Iran, sie dient islamistischen Gruppierungen bis zum heutigen Tag als Vorbild, sagt die Ethnologin Susanne Schröter:
"Selbst heute sieht man in vielen islamischen Ländern politische Funktionäre, die immer wieder auch sagen: Ja, im Iran, obwohl das Schiiten sind, da hat etwas geklappt, was wir auch wollen."