Immer häufiger müssen sich Lehrer und Sozialarbeiter Debatten mit Kindern und Jugendlichen zu den Themen Islam, Islamismus und Terrorismus stellen. Oft sind sie völlig verunsichert, wie sie sich verhalten sollen, wenn ein Schüler zum Beispiel die Terroranschläge von Paris relativiert.
Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) hat jetzt das Projekt "Protest, Provokation und Propaganda" in der Hauptstadt vorgestellt. Im Mittelpunkt stehen Fortbildungen und Fachtagungen für Lehrer und Sozialarbeiter. Sie sollen lernen, sich diesen neuen Herausforderungen mit Selbstbewustsein zu stellen.
Schweigeminute für Terroropfer verweigert
Das Projekt wird vom Verein "Ufuq" getragen. Er engagiert sich gegen die Radikalisierung von jungen Muslimen. "Ufuq" ist das das arabische Wort für "Horizont". Vereinssprecher Jochen Müller sagte bei der Vorstellung, gerade in den vergangenen Wochen nach den Terroranschlägen von Paris habe es eine riesige Zahl von Anfragen aus den Schulen gegeben. Lehrer wüssten nicht, wie sie reagieren sollten, wenn Schüler etwa die Schweigeminute für die Terror-Opfer verweigerten.
Islamistische Sprüche müssen aber nicht immer ein Hinweis auf ein grundsätzlich islamistisches Weltbild der Jugendlichen sein: "Gerade Schüler aus Einwandererfamilien suchen oft nach Anerkennung und drücken das auch über solche Provokationen aus", so Müller. Wenn der Lehrer dann mit Ablehnung oder Druck reagiere, sei das nicht hilfreich: "Jede Provokation ist eigentlich ein Angebot zum Reden."
Förderung bis 2019
Finanziert wird das Projekt von der Stadt Berlin und dem Bund , die zusammen 130.000 Euro jährlich zahlen. Ufuq hofft, etwa 500 Lehrer zu erreichen. Die Förderung soll zunächst bis 2019 laufen.
Die Pädagogen dürften mit dieser Aufgabe aber auch nicht allein gelassen werden, betonte Senatorin Kolat. Sie sieht hier auch die Moscheen gefordert. Diese müssten sich noch viel mehr als bisher gegen Radikalisierung und Gewalt einsetzen.
In Berlin hat nach Angaben der Landesregierung jede dritte der rund 800 Schulen mehr als 40 Prozent Schüler nicht-deutscher Herkunft. An 139 Schulen sind es sogar mehr als 60 Prozent.
(mg)